Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag
Sprengwirkungshemmende Fassadenverglasung
Freudige Ereignisse verbindet man mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gewiss nicht, werden hier doch Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verhandelt. Dazu mussten die Mitarbeiter bislang auch noch schlechte Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen. Zumindest Letzteres hat sich jetzt geändert: Nach 13 Jahren provisorischer Unterbringung in einem Hochhausensemble hat der International Crime Court, kurz ICC, einen Neubau bezogen. Er entstand nach Plänen von Schmidt Hammer Lassen Architekten auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne im Stadtteil Scheveningen. Eingebettet in die Dünenlandschaft eines Naturschutzgebietes schufen die Architekten einen großflächig verglasten Gebäudekomplex, der auf über 54.000 Quadratmetern ausreichend Platz für 1.200 Mitarbeiter bietet.
Gallerie
Auf einem gemeinsamen Sockelbau erheben sich sechs unterschiedlich große Baukörper. Der höchste von ihnen ist das Zentrum der Anlage und beherbergt drei Sitzungssäle. Als Einziger ist er mit Pflanzen aus den über 120 Mitgliedsstaaten bestückt, die dem Strafgerichtshof bislang beigetreten sind. Sie sollen Zusammengehörigkeit symbolisieren und zukünftig den Innenhof, das Dach und die Außenwände bedecken. Alle anderen Bauteile sind mit einer vorgehängten Fassade ausgestattet, in der sich opake und transparente Glasausfachungen in einem unregelmäßigen Muster abwechseln. Außerdem sind die Glasfelder unterschiedlich leicht nach außen, bzw. leicht nach innen geneigt. Was auf einer kleinen Fläche unruhig und überladen wirken würde, verleiht dem Großkomplex eine spielerische Leichtigkeit. Dass trotz der extrem hohen Sicherheitsanforderungen auf Zäune verzichtet werden konnte, unterstützt diesen Eindruck zusätzlich.
Glas
Als integraler Bestandteil des Sicherheitskonzeptes ist die Fassade
angriffshemmend ausgeführt. Neben dem Lastabtrag der üblichen
statischen Einwirkungen wie Windbeanspruchung oder Eigengewicht
widersteht sie sogar Explosionen. Die Sprengwirkungshemmung der verwendeten
Spezialverglasungen entsprechen den in DIN EN 13541 Glas im
Bauwesen – Sicherheitssonderverglasung – Prüfverfahren und
Klasseneinteilung des Widerstandes gegen Sprengwirkung
definierten Anforderungen. Sie bestehen aus mehrschichtigen
Verbundgläsern und schützen Personen und Objekte vor den
Auswirkungen beispielsweise einer Bombe.
Die typischen Glasabmessungen der Verbundsicherheitsverglasungen
sind in etwa quadratisch und weisen Kantenlängen von rund 1,20
Meter auf. Durch die Neigung und die jeweils oben und unten
unterschiedlich tiefen Aluminiumlaibungen hingegen erscheinen sie
trapezförmig. Abweichend sind die Verglasungen in den Erdgeschossen
und im zentralen Baukörper mit Scheibengrößen von bis zu 1,80 x
4,80 Meter bestückt. Die opaken Glasausfachungen sind vollflächig
weiß siebbedruckt.
Bautafel
Architekten: Schmidt Hammer Lassen Architects, Kopenhagen
Projektbeteiligte: Royal Haskoning DHV, Amersfoort (Tragwerksplanung); Bosch & Fjord, Århus (Innengestaltung); SLA, Kopenhagen (Landschaftsplanung); Oskomera Group, Deurne (Fassadenkonstruktion); Saint-Gobain Glass, Courbevoie (Glaslieferant); ibdrm, München (Beratung hinsichtlich Explosionsbeanspruchung)
Bauherr: The International Criminal Court ICC, Den Haag
Fertigstellung: 2015
Standort: Oude Waalsdorperweg, 2597 Den Haag, Niederlande
Bildnachweis: Hufton + Crow, Hertford
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