Landwirtschaftliche Fachschule in Güssing
Begrünte Dächer als verbindende Elemente eines Holzbaus
Tierhaltung, Pflanzenbau, Landtechnik und Baukunde – praktischer Unterricht nimmt an der Landwirtschaftlichen Fachschule Güssing im Burgenland einen hohen Stellenwert ein. Und so gehören neben Lehr- und Wirtschaftsräumen, einer Maschinenhalle und einem Futterlager auch drei Stallgebäude für Rinder, Schweine, Pferde, Schafe und Ziegen sowie eine Reithalle zur Schule. Sie ist als Hofanlage konzipiert, deren Baukörper wie Finger in die Landschaft weisen. Geplant von Pichler & Traupmann Architekten aus Wien, ersetzt sie mehrere sanierungsbedürftige Altbauten.
Gallerie
Die Erschließung erfolgt über einen südlichen Stich von der Landesstraße B 56 geradewegs ins Herz der Fachschule, den zentralen Platz. Das Haupthaus mit den Lehr- und Wirtschaftsräumen erstreckt sich links der Zufahrt und ist etwas erhöht auf einem Hügel gelegen. Die Maschinenhalle und das Futterlager schließen nördlich daran an, sodass ein langer Gebäuderiegel entsteht, der die Anlage gen Westen begrenzt. Die Ställe und die Reithalle sind strahlenförmig um den Hof gruppiert, nach Norden, Osten und Südosten. Ein verbindendes Vordach mit gerundeten Ecken fasst den nach oben offenen Hof. Der flache, ausgedehnte Gebäudekomplex ist in erster Linie von Holz geprägt – an Dächern, Stützen und Fassaden. Die erdberührten Bauteile jedoch sind Betonelemente, die einen hellen, klaren Kontrast zu dem natürlichen Baumaterial herstellen.
Vorteile der Hoferschließung sind kurze Wege und die Übersichtlichkeit von jedem Punkt der Anlage. Der Lehrtrakt und die Reithalle als am ehesten öffentlich zugängliche Gebäude, flankieren den Eingang. Das umlaufende Vordach kragt situationsbedingt zwischen zwei und zehn Metern weit aus, sodass alle Bereiche witterungsgeschützt zu erreichen sind. Durch das fingerartige Ausgreifen sind die Ställe umspielt von Licht, Luft und Grün, sodass die Tiere ausreichend Bezug zum Außenraum erhalten. Der Wirtschaftstrakt bildet einen witterungsschützenden Abschluss. Die Böden der Maschinenhalle und der Ställe sind aus wasserundurchlässigem Beton hergestellt, damit das Grundwasser nicht kontaminiert wird. Die tragende Stützenkonstruktion aus Holz steht auf Sockeln aus hochvergütetem Beton. Die v-förmig angeordneten Stützen lassen an Arkaden denken und ermöglichen Blickbeziehungen in alle Richtungen.
Flachdach
Die begrünten Dächer liegen als
verbindende Elemente über den verschiedenen Gebäudeteilen; drei
davon – oberhalb der Reithalle, des Pferde- und Schweinestalls –
senken sich am Ende als Schräge in die Landschaft und gehen fast
nahtlos ins Gelände über. Die Gründächer puffern im Sommer die
Hitze ab und speichern viel Regenwasser, das in einer Riesenmulde
gesammelt und ins öffentliche Kanalsystem geleitet wird.
Die Dächer sind als Holzleimbaukonstruktion mit extensivem Gründachaufbau ausgeführt. Unterhalb des Wachstumssubstrats der Dachbegrünung ist ein Schutzvlies über der wurzelfesten Dachabdichtung angeordnet, die auf OSB-Platten verlegt wurde. Bei den offenen, unbeheizten und somit auch nicht gedämmten Gebäudeteilen liegt unterhalb der OSB-Platten das sichtbare Holztragwerk bestehend aus Sparrenpfetten und quer dazu verlaufenden Hauptträgern als Holzleimbinder. Bei den beheizten Gebäudeteilen, wie zum Beispiel einer Abferkelbucht im Bereich des Schweinestalls, befindet sich unterhalb der Sparrenpfetten, die zum Vordach auskragen, noch eine Trägerlage mit 20 cm Zwischensparrendämmung.
Bautafel
Architekten: Pichler & Traupmann, Wien
Projektbeteiligte: RWT Plus, Wien (Tragwerksplanung); Bauunternehmung Granit, Graz (Generalunternehmer)
Bauherr: BELIG Beteiligungs- und Liegenschaftsgesellschaft, Eisenstadt
Fertigstellung: 2015
Standort: Stremtalstraße 19, 7540 Güssing, Österreich
Bildnachweis: Paul Ott, Graz
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