Institute Public La Persagotière in Nantes
Gründächer verbessern das Kleinklima, Tageslichtführung erzeugt Spannung im Raum
Wer nicht oder nicht gut sehen kann, hört oftmals besser als andere. Bei gehörlosen Menschen hingegen ist der Sehsinn besonders stark ausgeprägt. Licht und Farbe spielten insofern eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Institutes Public La Persagotière in Nantes, geplant von den ortsansässigen Architekten Forma6. Die Bildungseinrichtung für taube und schwerhörige junge Menschen mit komplexen Sprachstörungen hat bereits eine lange Tradition. Gegründet wurde sie 1824 von René Dunan, einem gehörlosen Pädagogen. Er lehrte zunächst in seinen Privaträumen und später in einem alten Schloss südlich der Loire, am Ufer des Nebenflusses Sèvre. Auf dem parkähnlichen Areal rund um das Château de la Persagotière befindet sich außer einer Kapelle seit 2016 das dreiteilige, farbenfrohe Gebäudeensemble. Im Rahmen der Stadterneuerung sollen dort künftig auch Wohngebäude entstehen, die teilweise als Sozialwohnungen ausgewiesen sind.
Gallerie
Die beiden zwei- bis dreigeschossigen Gebäudeflügel sind verknüpft durch eine gläserne Passage, die auch als Eingang dient. Weil die Baukörper nicht parallel, sondern trichterförmig angeordnet sind, öffnet sich der Vorplatz zur Straße im Nordosten. Einladend wie die Formation sind die zum Platz gewandten Fassaden: Mit Glaspaneelen in Blau, Grün und Gelb ziehen sie Aufmerksamkeit an; der Name des Instituts steht in weißen Lettern darauf. Im Gegensatz zu den kräftigen Farben am Eingang bestehen die nach außen gerichteten Längsseiten aus großen dunklen Betonelementen. Sie haben eine lebhafte Struktur und sollen eine Verbindung zu den mineralischen Fassaden des Bestands herstellen.
Die Eingangshalle ist mit strukturierten, lasierten Betonfertigteilen und farbigen Glasplatten im Wechsel gestaltet. Die Einzel- und Gruppenarbeitsbereiche, Klassenzimmer und Räume für die medizinische und psychologische Betreuung verteilen sich auf alle Ebenen der Gebäudetrakte. Jeder Raum erhält reichlich Tageslicht – insbesondere ein nach Südwesten ausgerichteter Konferenzsaal im zweiten Obergeschoss ist davon durchdrungen. Vorgelagert ist eine Loggia mit transparenter Glasbrüstung. Die Fassade dahinter öffnet sich über Verglasungen und Glastüren in einem strengen Raster. Darüber sind wiederum farbige Glaspaneele angebracht, die als Vordach in der Schräge bis an die schmale Dachkante herangeführt werden.
Flachdach
Um den Gebäudekomplex in die Parklandschaft einzubinden, wurden die Flachdächer begrünt. Sie dienen als Retentionsfläche für Regenwasser, bieten Lebensraum für Pflanzen und Tiere und verbessern das Kleinklima. Durch die Speicherung von Wasser und dessen Verdunstung wird die Umgebungstemperatur gesenkt; die bepflanzten Dächer wirken zusätzlich dämmend und schützen die Räume darunter vor sommerlicher Überhitzung. Die Gründächer tragen also zu angenehmen Lern- und Arbeitsbedingungen im Institut bei.
Die tragende Konstruktion besteht aus Stahlbeton. An einigen
Stellen führen Oberlichter Tageslicht in die Räume. Im
Konferenzsaal formt eine abgehängte weiße Decke eine skulpturale,
mehrfach geknickte Untersicht, belichtet durch eine Shed-artige
Auffaltung der Betondecke (Abb. 10). Hier gelangt Tageslicht wie
durch einen Lichtkamin indirekt in die Tiefe des Raums, und dieser
erhält besondere Aufenthaltsqualität mit spannenden Sichtbezügen.
Die umlaufend hohe Attika ist äußerlich nicht wahrnehmbar, denn die
Fassadenbekleidung, sei es Glas oder Beton, wird hochgeführt bis zu
einer schmalen Metallkante. So wird die massive Wirkung des
Baukörpers unterstrichen, er erscheint mehr „wie aus einem
Guss“.
Bautafel
Architekt: Forma6, Nantes
Projektbeteiligte: Arest, Nantes (Tragwerksplanung); Acoustibel, Chavagne (Technische Gebäudeausrüstung); Inddigo, Nantes (Energieplanung)
Bauherr: Institute La Persagotière, Nantes, Frankreich
Fertigstellung: 2016
Standort: 2 rue René Dunan, 44262 Nantes, Frankreich
Bildnachweis: Patrick Miara, Nantes
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