Farming Kindergarten in Dong Nai
Schlaufenförmiges Gründach zum Spielen und Gärtnern
In der vietnamesischen Provinz Dong Nai herrscht ein tropisches Klima. Für 500 Kinder, deren Eltern in einer benachbarten Schuhfabrik beschäftigt sind, planten Vo Trong Nghia Architects aus Ho-Chi-Minh-Stadt den Farming Kindergarten mit einem flachen, begehbaren Gründach, das sich wie eine riesige, etwas aus der Form geratene Brezel in drei etwa gleich großen Schlaufen windet. Die mittlere ist ein- bis zweigeschossig und gen Südwesten gerichtet. In diesem Mittelbau, der an den Seiten brückenartig konzipiert ist, liegen die Zugänge. Direkt daneben und in entgegengesetzter Richtung erheben sich die bepflanzten Dächer der seitlichen Schlaufen rampenartig aus dem Boden. Die nördliche bleibt eingeschossig, die südöstliche steigt auf zwei Geschosse an, bis beide sich überlappen und im Mittelbau zusammenlaufen.
Gallerie
Der Baukörper umschließt also als schmales und gewundenes Band drei Höfe, zu denen sich die Aufenthaltsräume orientieren. Über offene Laubengänge entlang der Höfe werden sie erschlossen. Eine breite Treppe im zentralen Knotenpunkt des Kindergartens führt ins Obergeschoss, fungiert aber auch als Sitzplatz und Tribüne. Aufgrund der geringen Gebäudetiefe lassen sich alle Innenräume natürlich belichten. Die Querlüftung ermöglicht angenehme Temperaturen auch ohne künstliche Klimatisierung. Das auskragende Stahlbetondach schützt die Aufenthaltsräume auf beiden Geschossen vor direkter Sonneneinstrahlung im Sommer. Der nach außen gerichteten Fassade ist eine zweite Haut aus vertikalen Holzlamellen vorgestellt; Kletterpflanzen bemächtigen sich bereits dieser Wand und haben wie das Gründach einen Sonnenschutzeffekt. Die laufenden Energiekosten des Kindergartens können allein durch die beschriebenen Maßnahmen gegenüber einem klimatisierten Vergleichsgebäude um 25% gesenkt werden. Das wiederaufbereitete Abwasser aus der Schuhfabrik wird zur Bewässerung des Gründachs und für die Toilettenspülung genutzt; eine Solaranlage auf dem Dach erwärmt das Brauchwasser.
Flachdach
Analog zur Erschließung der Aufenthaltsräume werden die Dachflächen
über einen an der Hofseite umlaufenden Fußweg mit Holzbelag
erschlossen. Die Kinder spielen auf den ansteigenden und
abfallenden Dachflächen, aber auch Nutzpflanzen wachsen hier, um
dem Nachwuchs die Herkunft der Lebensmittel zu veranschaulichen.
Die unterschiedlichen Grünflächen sind ein prägendes
Entwurfselement: Spielbereiche sind als Rasenflächen ausgeführt und
erweitern die ebenerdigen Außenanlagen. In Teilabschnitten werden
Obst und Gemüse im Sinne einer landwirtschaftlichen Lehrfläche
(Urban Farming) angebaut: Hier pflanzen, pflegen und ernten die
Kinder gemeinsam. Der Nutzgarten erweist auch dem Gebäude gute
Dienste, da die Bepflanzung im Sommer und Winter vor Wärmeeintrag
bzw. Wärmeverlust schützt – das Gebäudeklima somit positiv
beeinflusst.
Ein Dachaufbau, auf dem solche Nutzgärten möglich
sind, benötigt über das entsprechende Dränageelement hinaus eine
ausreichend hohe Substrat- bzw. Erdschicht. So reicht für Gemüse
und Früchte wie z.B. Salat, Zwiebeln, Kräuter, Zucchini,
Auberginen, Kürbis, Kohl, Melonen und Erdbeeren eine Substratdicke
von 20 cm. Etwas mehr (28 bis 40 cm) benötigen Tomaten, grüne
Bohnen, Himbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren und dergleichen.
Wichtig bei der Planung eines solchen Daches ist die
Berücksichtigung besonderer Anforderungen wie z.B. Wind, Statik und
Wasserabfluss.
Bautafel
Architekten: Vo Trong Nghia Architects, Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi, Vietnam
Projektbeteiligte: Vo Trong Nghia, Takashi Niwa, Masaaki Iwamoto, Tran Thi Hang, Kuniko Onishi (Mitarbeiter Architekturbüro); Wind and Water House JSC, Ho-Chi-Minh-Stadt (Bauunternehmer); Melissa Merryweather (Beratung Umwelt- und Energiekonzept); Environment Simulation, Reinholds (CFD-Analyse)
Bauherr: Pou Chen Vietnam
Fertigstellung: 2013
Standort: Dong Nai, Vietnam
Bildnachweis: Hiroyuki Oki, Ho-Chi-Minh-Stadt
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