Agrarzentrum in Maishofen
Vernakuläres Bauen mit modernen Mitteln
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Agrarwirtschaft der Region Salzburg unter dem Druck der zunehmenden industriellen Produktion landwirtschaftlicher Güter zur Spezialisierung gezwungen. Kleine bäuerliche Betriebe wurden aufgelöst und haben ihre Flächen an größere Produktionen verpachtet. Heute befindet sich die Gegend wiederum in einem tiefgreifenden Umbruch dieser sozio-ökonomischen Bedingungen: Der Landwirtschaft werden bedeutende Produktionsareale entzogen, um zu Bauland gemacht zu werden. Der Gegensatz von Stadt und Land schwindet, während Zersiedelung die zuvor ruralen Gebiete prägt. In diesem Kontext erbauten sps architekten das Agrarzentrum Maishofen. Das nachhaltig geplante Bürogebäude vereint die Bezirksbauernkammer und den Maschinenring für den Bezirk Zell am See unter einem Dach und soll ein neues Bewusstsein für die Ausformulierung der Stadtlandschaften erwecken.
Gallerie
Neue städtebauliche Ordnung
Das kubische Volumen mit
dem sanft geneigten Satteldach steht auf dem Areal der
Zuchtviehversteigerungsanlage in Maishofen. Besonders prägnant auf
dem Areal ist die Viehversteigerungshalle von 1951. Die gedeckte
Arena funktioniert wie ein Theater: Die Bietenden sitzen auf
Rängen, während die zu ersteigernden Tiere im Parterre aufgetrieben
werden. Durch die Setzung des neuen Volumens schufen die
Architekten eine städtebauliche Neuordnung: Der First des Neubaus
steht orthogonal zu dem der Viehmarkthalle und bildet zusammen mit
den Bestandsbauten einen Hof, der dem Areal eine zuvor fehlende
Mitte gibt. Vor der Halle ist dadurch eine Art offener Marktplatz
entstanden, auf dem heute agrarische Produkte angeboten werden
können.
Tiefenwirkung durch Holzpfeiler
Das Agrarzentrum ist
ein solitärer Baukörper und wird durch eine vertikal gegliederte
Holzfassade aus rechteckigen Holzpfeilern strukturiert. Die
verzierenden Elemente reichen über beide Geschosse und lassen den
Baukörper in einem Schleier erscheinen, der zwischen der Fassade
und dem Außenraum vermittelt. Der Bau ist über ein gemeinsames
zweigeschossiges Foyer für beide Nutzer erschlossen. Vom zentralen
Haupteingang und der lichtdurchfluteten Halle erreicht man die
gemeinsamen Besprechungsräume und gelangt zu den Büros im Erd- und
Obergeschoss. In einer zweiten Bauetappe soll ein Erweiterungsbau
errichtet werden, in den der örtliche Rinderzuchtverband einziehen
wird. Der Nebeneingang ermöglicht eine Verbindung zum Außenbereich
vor der Auktionshalle, sodass Synergien bei Veranstaltungen im
Außenraum möglich sind.
Nachhaltig Bauen: Die Zersiedelung formen mit lokalen
Kreislaufmaterialien
Für den Neubau nutzten die Architekten
Materialien aus der Region. Holz diente dabei als primäres
Baumaterial. Die über dem betonierten Keller errichtete zentrale
Hauptgebäudestruktur besteht aus einer Scheibenkonstruktion in
lehmverputzter Brettsperrholzbauweise. An diesen Kern lehnt sich
ein Holzmassivbau mit vorgefertigten Elementwänden und- decken. Die
Architekten nutzen im Innenraum Materialien, die eine gewisse Wärme
ausstrahlen, etwa Holz mit hell lasierten Oberflächen, das
teilweise perforiert bzw. zur Schallabsorption mit gefilzter Wolle
verkleidet ist.
Mit ihrer Vorgehensweise möchten die Architekten darauf
aufmerksam machen, dass man auf die regionale Tradition des Bauens
Bezug nehmen kann, ohne im Gestern stehen zu bleiben. Durch die
Wiederbelebung vernakulärer Bauweisen mit modernen Mitteln, soll
der belanglos erscheinenden Zersiedelung Einhalt und dem Bauen
wieder Charakter verliehen werden. Dazu gehört auch das Metalldach,
welches in Zell am See wegen seiner Tragfähigkeit bei hohen
Schneemassen zu einem Kulturgut geworden ist. Sps÷architekten
griffen auf ein Falzdach aus Sekundäraluminium zurück, welches sie
mit einer aufgesetzten PV-Anlage kombinieren. Für die Architekten
bedeutet ökologisches Bauen vor allem, dass die Materialien – sei
es Aluminium, Lehm oder Holz – wieder dem Kreislauf zugeführt
werden können. -sh
Bautafel
Architektur: sps architekten, Thalgau
Projektbeteiligte: Unteregger Baumanagement, Wagrain (ÖBA); Bauingenieure Lackner Egger, Villach (Tragwerk); DI Graml Ziviltechnik, Wals-Siezenheim (Bauphysik); Johannes Hasenauer Technisches Büro, Maishofen (Haustechnik); e+ engineering. Ingenieurbüro. Sieberer, Altenmarkt im Pongau (Elektroplanung); Prefa, Wasungen (Metalldach: Prefalz P.10, anthrazit)
Bauherr/in: Errichtungsgemeinschaft Agrarzentrum Maishofen: Landwirtschaftskammer Salzburg, Maschinenring Salzburg + Pinzgau
Fertigstellung: 2017
Standort: Mayerhoferstraße 8, 5751 Maishofen, Österreich
Bildnachweis: Andrew Phelps, Salzburg www.andrew-phelps.com
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