Schule Flor del Campo in Cartagena
Betonfertigteile mit filigraner Aststruktur
Die kolumbianische Stadt Cartagena gilt als eine der schönsten Kolonialstätten der Karibik. Von den Spaniern im 16. Jahrhundert gegründet, ist sie aufgrund ihrer Architektur und geografischen Lage ein beliebtes Touristenziel. Gleichzeitig lebt ein Großteil ihrer Einwohner in bitterer Armut; soziale Brennpunkte und eine hohe Kriminalitätsrate sind die Folge. Mit der Schule Flor del Campo haben zumindest einige Kinder jetzt einen geschützten Ort erhalten. Geplant wurde sie von dem Architekten Giancarlo Mazzanti aus Bogota. Er hat nicht nur ein funktionales Gebäude geschaffen, sondern ein städtebauliches Gesamtgebilde, in das er auch die Außenräume mit einbezieht.
Gallerie
Dazu teilte er das 14.200 m² große Grundstück in vier ringförmige Bereiche auf, die je nach Altersstufe der Schüler unterschiedlich gestaltet sind. Verteilt auf dieser Fläche gibt es eine je zweigeschossige Grundschule, eine Junior und eine Senior High School sowie eine Einheit mit Kantine, Bibliothek und Räumen für die Verwaltung. Jedem dieser Bereiche ist eine Außenfläche zugeordnet, die von durchlässigen Betonfertigteilen umgeben und von den Klassenräumen direkt zugänglich ist. Ihre Gestaltung folgt einem strengen Raster aus gepflasterten Wegen und Grünflächen. Die Erschließung der oberen Geschosse erfolgt über Rampen aus Ortbeton von diesen Innenhöfen aus. Neben dem Hellgrau der Betonflächen herrscht das helle Blau der Dachränder und des Bodens aus Epoxidharz vor.
Verbunden werden die einzelnen Nutzungsbereiche von einem Gang
aus Betonstützen, der ebenso wie das gesamte Ensemble von einer
schützenden Hülle aus Betonfertigteilen eingefasst ist. Deren
astähnliche Struktur erlaubt Blickbezüge in die benachbarten Höfe
sowie nach außen zur umliegenden Wohnbebauung.
Beton
Die Verwendung von Beton spielte bei der Auswahl der Materialien
eine große Rolle. Er kann von einheimischen Arbeitern
hergestellt/verarbeitet werden, seine Kosten sind vergleichsweise
gering und gleichzeitig führt er bei handwerklichem Können zu einem
qualitativ hochwertigen Ergebnis. Für seinen Einsatz in Cartagena
folgte die Herstellung des Betons keiner vorgegebenen Rezeptur.
Da die vorfabrizierten Betonfertigteile als rein ausfachendes Element dienen und keine tragenden Funktion übernehmen, sind sie unbewehrt ausgeführt. Wie eine luftdurchlässige Membran legen sie sich um die einzelnen Bereiche der Schule und den Weg aus Betonstützen und sorgen für viel Schatten. Flachdächer aus Ortbeton, 30 cm stark, überspannen mäanderförmig die Grundrisse der Klassenräume. Ein 1 m hoher Ortbetonsockel mit konventioneller Schalung bildet den unteren Abschluss. Dazwischen eingespannt sind die Betonfertigteile, zur Dachkante zurückgesetzt, gleichmäßig über zwei Geschosse aneinandergereiht und in unterschiedlichen Grautönen gestrichen.
Das Muster der Fertigteile, hergestellt mit einer Holzschalung
in unregelmäßigen großen Vielecken, ist immer gleich, jedoch
unterschiedlich angeordnet: mal auf den Kopf gedreht, mal um die
eigene Achse. So entsteht ein sehr filigranes, unregelmäßiges Bild,
das stab- oder astartig und trotz Gleichförmigkeit nie
langweilig wirkt. Dahinter befinden sich entweder die auf zwei
Geschosse verteilten Klassenräume mit Mittelgang oder die langen,
überdachten und geschwungenen Gänge, die die einzelnen Komplexe
miteinander verbinden. Ebenfalls zweigeschossig sind die tragenden
Stahlstützen, die zusammen mit den Betonelementen eine
schattenspendende Arkade bilden.
Bautafel
Architekten: Giancarlo Mazzanti, Bogota und Felipe Mesa von plan:b arquitectos, Medellín
Projektbeteiligte: Nicolás Parra, Bogota (Tragwerksplanung); Mazzanti Architectos, Bogota (Licht- und Landschaftsplanung); Consorcio Barrancabermeja, Santander (Bauunternehmen)
Bauherr: Ministerio de Educación y Fonade, Cartagena
Standort: Cartagena / Kolumbien
Fertigstellung: 2009
Fachwissen zum Thema
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