Wo gibt es ein warmes Mittagessen und Platz zum Lernen und
Spielen nach dem Unterricht? Mit dieser Frage beschäftigen sich
offensichtlich nicht nur Kinder und Jugendliche: Bei einer
Volksabstimmung in Zürich im Jahr 2018 sagten drei Viertel „Ja“ zur
flächendeckenden Einrichtung von Tagesschulen bis 2025. Daraufhin
wurden in der Stadt eine Reihe von Neubauten errichtet, die
vorhandene Schulen um Räume für den Nachmittagsunterricht sowie zum
Speisen, Spielen und Sporttrieben ergänzen. Eines dieser Gebäude
befindet sich im Stadtteil Wiedikon: Aemtler
D wurde vom Architekturbüro Camponovo Baumgartner
entworfen und 2018 fertiggestellt.
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Neue Aufgaben im Züricher Bildungsbau
Die Züricher Tagesschulen sollen einerseits Schülerinnen und
Schüler fördern, andererseits Eltern dabei unterstützen, Familie
und Beruf leichter vereinbaren zu können. Außerdem sollen sie den
städtischen Schulen helfen, Unterricht und Betreuung besser zu
organisieren. Langfristig verspricht sich die Stadtverwaltung
dadurch jährliche Einsparungen von 30 bis 40 Millionen Franken.
Ab dem zweiten Kindergartenjahr erhalten die Kleinen an den
Tagen mit Nachmittagsunterricht eine warme Mahlzeit, die in
Härtefällen sogar kostenlos ist. Hinzu kommt ein Betreuungsangebot,
das neben unentgeltlichen und freiwilligen Aufgabenstunden auch
Kooperationen mit zum Beispiel Musikschulen und dem Sportamt
umfasst, das in Zürich etwa für die Förderung des Jugendsports
zuständig ist. Kinder können sich so von 7 bis 18 Uhr betreut
außerhalb des Elternhauses aufhalten – ausreichend für viele
Menschen mit Bürojobs, jedoch nicht für all jene, die im
Schichtbetrieb arbeiten.
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Nächster Baustein auf dem Aemtler-Campus
Bevor Aemtler D fertiggestellt wurde, war der Hort in einem
temporären Container und einem Pavillon untergebracht. In dem
Neubau werden nun bis zu 470 Kinder – von der Primar- bis zur
Sekundarstufe – außerschulisch betreut. Dazu findet der
Kindergarten SousSol hier Platz, der zuvor in Aemtler A
eingerichtet war.
Ursprünglich war die Anlage symmetrisch, bestehend aus den
langen Schulhäusern A und B aus dem Jahr 1908 und der 1973 gebauten
Turn- und Schwimmhalle Aemtler C zwischen den Nordost-Enden der
beiden Riegel. Im Südwesten öffnet sich der Hof. Hier liegen nun
Aemtler D und ein ebenfalls neuer Pavillon, dessen filigranes
Betondach die Schülerinnen und Schüler in regnerischen Pausen
schützt und parkseitig ein öffentliches WC-Häuschen beherbergt.
Daneben, etwas tiefer gelegen, breiten sich ein Sportplatz und eine
Spielwiese aus. Hinter einem Kranz aus Bäumen, der den gesamten
Schulcampus abschirmt, schließt südlich die dichte
Blockrandbebauung der Innenstadt an, nördlich die Parkanlage
Aemtler und der Friedhof Sihlfeld, eine der größten Freiflächen
Zürichs.
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Vierseitiger Vermittler zwischen Schule und Freizeit
Die pastellgelb verkleideten Stützen und Brüstungen zeigen die
Zugehörigkeit des kompakten, dreigeschossigen Neubaus zum Bestand
an. In dieses Fassadenraster eingesetzt sind neben großformatigen
Fenstern auch Lochbleche sowie grau marmorierte und salbeigrüne
Tafeln. Zusammen mit Erkern und schmal auskragenden Vordächern
entsteht ein Relief, das die vier Ansichten gliedert.
Gekrönt werden sie von den flügelhaft nach außen ansteigenden
Dachflächen. Diese Figur bildet die Grundrissgliederung ab: Vier
längliche Gebäudeeinheiten mit jeweils eigenem Pultdach legen sich
windmühlenartig um ein zentrales Atrium. In den Fugen zwischen
diesen Einheiten sitzen die Eingänge. Der breite Hauptzugang ist
zum Pausenhof hin ausgerichtet, während der an der Bertastrasse
gelegene Kindergarten einen eigenen Zugang besitzt. An den beiden
übrigen Seiten wird das Gebäude über Rampen und Treppen von den
Sport- und Spielplätzen kommend betreten.
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Geordnete Nachmittagswelt
Bei Ankunft müssen sich die Schülerinnen und Schüler zunächst an
der Rezeption im Atrium anmelden. Anschließend können sie
entscheiden, ob sie erst etwas essen oder lieber direkt eines der
verschiedenen Angebote nutzen möchten. Gespeist wird in den Sälen
des Erdgeschosses, gelernt und gespielt in den Obergeschossen. Die
Böden sind mit verschiedenfarbigem Linoleum belegt. Entlang der
Innenwände der Lern- und Spielräume dehnen sich Schrank- und
Regaleinbauten aus, die die Pastelltöne der Fassade aufgreifen.
Derart freigeräumt lassen sich die großen und kleinen Säle flexibel
bestuhlen und über Schiebe- und Doppelflügeltüren zum Teil auch
miteinander verbinden.
Das erste Obergeschoss ist für die Kinder der Grundstufe
vorgesehen, das zweite für die Sekundarschülerinnen und -schüler.
Letztere können über ein separates, mit dem Windfang des
Haupteingangs verbundenes Sichtbeton-Treppenhaus ungestört nach
oben gelangen. Die zentrale Treppe im Atrium führt lediglich ins
erste Obergeschoss, sodass das einfallende Tageslicht die
Gebäudemitte bis zum zweiten Obergeschoss erhellt. Die Räume um das
Atrium herum sind mit Glasziegeln abgeschlossen und werden dadurch
ebenfalls natürlich belichtet. Die Aufwärmküche mit den
dazugehörigen Kühl- und Lagerräumen sowie die Technikräume des
Gebäudes befinden sich im Untergeschoss. Durch das um 60 Zentimeter
abfallende Gelände kann in den zum Sportplatz gelegenen Räumen
sogar bei Tageslicht gekocht werden.
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Beton: glasfaserbewährt und recycelt
Die einheitlich verkleidete Fassade kaschiert die konstruktiven
Besonderheiten des Baus: Das Untergeschoss, das Erdgeschoss sowie
das erste Obergeschoss wurden überwiegend vor Ort betoniert. Die
Brüstungselemente kamen vorgefertigt auf die Baustelle. Das zweite
Obergeschoss ist hingegen in Holz gefertigt – in Anlehnung an das
meist hölzerne Attikageschoss einer Stadtvilla.
20 mm starke, eingefärbte Glasfaserbeton-Fertigelemente liegen
vor den Stützen und Brüstungen. Dazwischen sitzen die
großformatigen Holz-Metall-Fenster, feuerverzinkte Lochbleche sowie
weitere Glasfaserbeton-Elemente als Blindpaneele. Gut sichtbar sind
die 1,5 cm großen Fugen zwischen den einzelnen Elementen, durch die
Wind und Regenwasser hinter die äußerste Fassadenschicht gelangen.
Mittels der 120 mm tiefen Hinterlüftungsebene soll die sich dort
ansammelnde Feuchtigkeit jedoch wieder abtrocknen können.
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Stützen, Außenwände und Decken wurden in regulärem Ortbeton
erstellt, während für die Treppenhaus- und Gangwände Recyclingbeton
mit Hochofenzement und Mischabbruch zum Einsatz kam. Die Gesteinskörnung mit einem erhöhten Anteil an
Ziegelpartikeln kam durch das Schleifen
der Wände zum Vorschein.
In der Schweiz wird bei Ausschreibungen öffentlicher Bauvorhaben
mittlerweile die Zementart CEM III/B bevorzugt. Zum einen führen
die sogenannten Hochofenzemente zu helleren Betonen – ein Plus für
die architektonische Gestaltung. Außerdem entfällt ein Großteil der
energie- und CO2-emissionsträchtigen Klinkerproduktion,
weil stattdessen Hüttensand als Bindemittel
dient, ein Nebenprodukt der Eisenherstellung.
Zur Betonherstellung wird neben Gesteinskörnungen und Wasser ein Bindemittel benötigt: der Zement. Seine Hauptbestandteile sind:...
Betonarten
Recyclingbeton
Aus Bauschutt rezyklierte Gesteinskörnungen können bei der Herstellung von Beton verwendet werden und dadurch einen Beitrag zur Schonung natürlicher Ressourcen leisten.
Bewehrung
Textilbewehrung
Anders als Stahlbewehrungen rosten die Gelege aus Carbon-, Glas oder Basaltfasern nicht.
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