Public Condenser in Paris-Saclay
Betonskelettbau als Begegnungsraum
Einen Ort zu schaffen, an dem Wissenschaft, Wirtschaft und Bildung Hand in Hand gehen: Das ist die Idee hinter dem neuen Campus Paris-Saclay im Südwesten von Paris. Auf der grünen Wiese entstehen dort seit 2008 neue Bauten für Universitäten, Institute und Unternehmen. Der Public Condenser erweitert die Anlage jetzt um einen zentralen Treffpunkt für Hochschulmitarbeiter, Studierende und Angestellte. Geplant wurde das Gebäude vom Pariser Büro Studio Muoto. Die Architekten, deren erstes Projekt es ist, nennen den Bau Lieu de vie – Ort des Lebens – und wurden schon mehrfach dafür ausgezeichnet.
Gallerie
Die unkonventionelle Herangehensweise der Planer war unter anderem Folge des geringen Budgets von 6,5 Millionen Euro. Die damit verbundene radikale Reduktion erhoben sie zum Prinzip. Und so wirkt das Bauwerk in weiten Teilen, als seien die Nutzungen direkt in den Rohbau eingeschrieben worden: ein Stahlbetonskelett, das nur dort, wo unbedingt eine Hülle erforderlich war, durch Festverglasungen und Schiebefenster, durch eine gedämmte Metallverkleidung und Sichtbeton geschlossen wurde, der Rest blieb offen. Lediglich die Hälfte des Volumens wird mit Flächenstrahlern beheizt, die kurze Vorlaufzeiten haben. Robuste Materialien sollen zudem für geringere Instandsetzungskosten sorgen.
Eine ohne Wände ausgeführte Treppenanlage verbindet die Geschosse miteinander. Ebenerdig sind vor allem dienende Nebenräume untergebracht, das Halbgeschoss darüber ist weitgehend als offene Halle gestaltet und unterstreicht den Charakter des Regals. Noch ein Stockwerk höher sitzt ein Restaurant für Campus-Mitarbeiter und Besucher. Über dem dazugehörigen Küchenbereich findet sich ein weiteres Mezzanin mit flexibel nutzbaren Räumen, unter anderem für Tanz und Fitness. Den oberen Abschluss bildet die Dachterrasse mit Sportplätzen.
Beton
Das Budget für den Bau verlangte nach einer
einfachen und dauerhaften Konstruktion. Die Elemente des
Stahlbetonskeletts sind zum Teil vorgefertigt und zum Teil vor Ort
betoniert. Auf Wunsch der Architekten sollten sich die Bauteile,
die in standardisierten Industrieschalungen gegossen wurden, nicht
wesentlich von jenen unterscheiden, die auf der Baustelle
hergestellt wurden. In situ betonieren ließen die Planer die
Stützen mit ihrem Querschnitt von 30 auf 30 cm. Im Fertigteilwerk
entstanden die 90 cm hohen Unterzüge sowie die acht Meter langen
Deckenplatten. Lediglich die Eckbereiche wurden ebenfalls auf der
Baustelle hergestellt. Ein gleichmäßiges Grau prägt die
Sichtbetonflächen, die unbehandelt blieben.
Die skeletthafte Wirkung des Baus, der an Hochschulbauten aus
den 1960er Jahren erinnert, wird mit Methoden erreicht, die nach
Maßstäben der aktuellen Deutschen Energieeinsparverordnung nicht
umsetzbar wären. Auch die entsprechenden französischen Vorschriften
wurden im Jahr 2011 verschärft – der Bau wurde allerdings vorher
genehmigt. Die Entscheidung, Räume nur dort, wo es wirklich nötig
ist, zu dämmen sowie der entspannte Umgang mit Wärmebrücken erlauben eine Sichtbarkeit der
Betonkonstruktion, die aufgrund veränderter Sehgewohnheiten heute
schon fast exotisch wirkt und vom buddhistischen Tempel bis hin zu
Projekten Mies van der Rohes zahlreiche Assoziationen zulässt.
-chi
Bautafel
Architekten: Studio Muoto, Paris
Projektbeteiligte: Y Ingéniérie, Paris (Projektmanagement), Bollinger & Grohmann, Paris (Tragwerksplanung, Fassadenplanung); Alternative, Paris (Akustik und Lichtplanung); Novorest, Montreuil (Küchenplanung)
Bauherr: Établissement Public d’Aménagement Paris Saclay (EPAPS)
Standort: 13 Bis Rue Joliot Curie, 91190 Gif-sur-Yvette
Fertigstellung: 2016
Bildnachweis: Maxime Delvaux, Brüssel / Myriam Tirler, Paris / Studio Muoto, Paris
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