Ausbildungszentrum für Bauberufe in Echallens
Pionierbau der Betonwiederverwendung
Massiv und dauerhaft – diese Vorstellung von Beton ist fest in den Köpfen verankert. Trotz oder gerade wegen dieser Eigenschaften sind Gebäude aus dem künstlichen Stein keineswegs starr. Dass eine Wiederverwendung möglich ist, zeigen nicht nur viele Forschungsprojekte, sondern auch Dettling Péléraux Architectes aus Lausanne. Im benachbarten Echallens haben sie das Gelände eines ehemaligen Maurerbetriebs zu einem Ausbildungszentrum für Bauberufe umgewandelt und dabei einen Teil des Bestands als Materialspender genutzt. Somit setzt der 2023 abgeschlossene Umbau selbst ein Zeichen für die Zukunft der Lehrlinge und Berufstätigen, die hier gemeinsam lernen.
Gallerie
Das neue Ausbildungszentrum wird von der Fédération vaudoise des entrepreneurs (FVE; Waadtländer Baumeisterverband) und der Ecole de la Construction genutzt. An ihrem alten Standort Tolochenaz sahen sie keine Möglichkeit, das Lehrangebot auszuweiten. Auf dem Gelände eines ehemaligen Maurerbetriebs in Echallens bot sich eine Alternative. Hier, am Rande eines Industriegebiets, befand sich ursprünglich eine u-förmige, zur Landstraße geöffnete Anlage aus den 1980er-Jahren. Nördlich des Us breiteten sich Materialstapel, Baufahrzeuge, Garagen und Bauwagen aus.
Abbau und Anbau
2017 wurden Dettling Péléraux Architectes mit dem Umbau beauftragt. Sie schauten sich den Bestand genau an: Betonfertigteilstützen, die breite Balken aus Brettschichtholz trugen, bildeten das Tragwerk der zwei langgestreckten Hallenarme. Zwischen den Stützen saßen Rolltore und ungedämmte Waschbetonfertigteile. An den westlichen Hallenarm war ein zweigeschossiger Bürobau angedockt – ebenfalls mit Waschbetonfassade. Diese Hälfte des Gebäudes blieb erhalten und wurde längsseitig um zwei Achsen erweitert. Das neue 40 x 70 m große Volumen ergänzt den Bestand um einen zweigeschossigen Trakt in Ortbeton und um eine zweite Halle, welche mit den Betonelementen des rückgebauten Ostarms errichtet wurde. Bestand und Anbau erhielten eine einheitliche Hülle: Eine schillernde Trapezblechfassade verdeckt die neue Wärmedämmung, während ein neues, unregelmäßiges Sheddach über die gesamte Breite Tageslicht und Frischluft ins Gebäude lässt.
Gallerie
Aus- und Weiterbildung vereint
Unter dem gemeinsamen Dach sind nun die Erstausbildung von Maurerlehrlingen, Kran- und Maschinenführer*innen sowie die Weiterbildung von Berufstätigen unterschiedlicher Gewerke vereint. Ziel ist es, den Erfahrungsaustausch zu fördern und frühzeitig die Zusammenarbeit zu proben. Neben den 2.800 Mitgliedsunternehmen der FVE stehen die Schulungen auch Nicht-Mitgliedsunternehmen offen.
Der zentrale Trakt beherbergt dazu die nötigen Umkleideräume, Material-, Geräte- und Werkzeuglager sowie Garagenplätze, eine Waschstation und eine Tankstelle für die Maschinen. Links und rechts davon, in zwei weitläufigen, klimatisierten Hallen, ist Raum für Praxisübungen. In dem bestehenden Büroanbau südlich der Westhalle wurden die Lernräume sowie die Verwaltung untergebracht. Ein Freiluft-Übungsgelände mitsamt Test-Baustelle befindet sich im nördlichen Teil des Grundstücks.
Gallerie
Beton: Lehrstück der Wiederverwendung
Ein Erhalt des östlichen Teils des Bestandsgebäudes erschien den Architek*innen nicht aussichtsreich. Dennoch blieben viele Teile des alten Ostarms der U-Halle erhalten: Bei ihrem Rückbau wurden Deckenträger aus Brettschichtholz, Dachbleche und vor allem die 5,8 x 1,3 m großen Betonfertigteile der Hallenwände geborgen, die beim Erweiterungsbau wieder zum Einsatz kamen. Insgesamt demontierten die Bauarbeitenden 80 Stahlbetonplatten mit Waschbetonfront. Trotz der Robustheit des Materials, galt es, die gebrauchten Fertigteile bei jedem Schritt mit Vorsicht zu behandeln. Fast alle von ihnen wurden für die Außenwände des Anbaus benötigt. Mithilfe von Gurten konnten die Bauarbeitenden die Elemente in die Horizontale bringen und langsam auf dem Gelände ablegen.
Gallerie
Neben den Materialstapeln wuchs dann der Rohbau der Erweiterung in die Höhe. Um Kosten zu sparen, verzichtete man auf hochwertige Oberflächen, trotz der Betonsichtigkeit im Innenraum. Die Stützten erhielten vertikale Nuten, in die dann die alten Stahlbetonplatten eine nach der anderen eingeschoben wurden – mit der Waschbetonfront nach innen gewendet. Glücklicherweise brach dabei nur ein einziges Element. Die gebrauchten Platten waren weder aufgearbeitet noch verstärkt worden. So bleibt die grobkörnige Waschbetonstruktur für die Lehrlinge sichtbar, während die andere Seite von einer Dämmschicht und der vorgehängten Metallfassade verdeckt ist.
Die Wiederverwendung verlängerte zwar die Bauzeit insgesamt, verbesserte aber die Effizienz bei der Errichtung des Anbaus und wirkte sich positiv auf die CO2-Bilanz des Gebäudes aus. Schließlich ließen sich große Mengen graue Energie einsparen.
Bautafel
Architektur: Dettling Péléraux Architectes, Lausanne
Projektbeteiligte: MG associés (Landschaftsarchitektur); Giacomini & Jolliet Ingénieurs (Bauingenieruwesen); Effin’Art (Bauphysik); Chammartin & Spicher (HLKS-Planung); Martin & Co, Etagnières (Rückbau und Wiedereinbau)
Bauherr*in: Fédération vaudoise des entrepreneurs (FVE), Tolochenaz; École de la construction, Tolochenaz
Fertigstellung: 2023
Standort: Route de Cossonay 28, 1040 Echallens, Schweiz
Bildnachweis: Zak Andrea Zaccone (Fotos); Dettling Péléraux Architectes, Lausanne (Pläne)
Fachwissen zum Thema
Deutsche Zement- und Betonindustrie vertreten durch das
InformationsZentrum Beton | Kontakt 0211 / 28048–1 | www.beton.org