Hochschule für Finanzen und Wirtschaft in Aguascalientes
Introvertierte Lernlandschaft
Auf der grünen Wiese am westlichen Stadtrand sitzt die Hochschule für Finanzen und Wirtschaft in Aguascalientes. Namensgebend für den Ort sind die Thermalquellen, die hier, rund 500 Kilometer nordwestlich von Mexiko-Stadt, zahlreich zu finden sind. Im urbanen Ballungsraum der Kommune leben etwa eine Million Menschen. Zahlreiche internationale Unternehmen haben sich mit ihren Betriebsstätten dort niedergelassen – auch aus diesem Grund finden sich in Aguascalientes überdurchschnittlich viele Bildungseinrichtungen.
Gallerie
Die neue Niederlassung der privaten Hochschule für Finanzen und Wirtschaft – oder Escuela Bancaria y Comercial (EBC) – planten Ignacio Urquiza und Bernardo Quinzaños vom Centro de Colaboración Arquitectónica zusammen mit Rodrigo Valenzuela Jerez und Camilo Moreno. Da zum Zeitpunkt des Entwurfs unklar war, welche Nutzungen sich rund um die Schule anlagern werden, entschied man sich für eine introvertierte Strategie.
Konzentration und Austausch
Im Erdgeschoss ist die zweigeschossige Anlage auf rechteckigem
Grundriss, die zwei Höfe umfasst, weitgehend geschlossen oder
schottet sich durch eine bepflanzte und ummauerte Pufferzone von
der Umgebung ab. Der tunnelartige Haupteingang im Südwesten sitzt
in einer fensterlosen Fassade, die im Obergeschoss durch Stützen
strukturiert wird. Auf diesen lagern vorfabrizierte Betonelemente
mit einem geschlossenen Fassadenabschnitt, sodass der Eindruck von
Kolonnaden entsteht. Ein weiterer Zugang auf der Rückseite des
Gebäudes erlaubt den Eintritt vom geschützten Parkplatz aus.
Konträr dazu zeigt die Hochschule ein abwechslungsreiches Innenleben, mit offenen und halboffenen Aufenthaltsräumen und Erschließungswegen, einer Dachterrasse und einem dschungelähnlich gestalteten Hof. Im Zentrum der Anlage sitzt das zweiseitig verglaste Learning Center. Zur südwestlichen Eingangsseite orientieren sich Sondernutzungen, wie etwa ein großer Hörsaal und Gruppenräume. Die Klassenräume sind – wohl auch aufgrund des Klimas – an der Nordwest- und Nordostseite angelagert. Nur dort finden sich Fenster, die direkt in der zu Stützen aufgelösten Tragstruktur angeordnet sind. Zum Innenhof sind die Unterrichtsräume durch Wände aus Glasbausteinen abgetrennt.
Für das Planungsteam von besonderer Bedeutung waren die Begegnungsräume, die Austausch und informelles Lernen ermöglichen. Die Differenzierung in offene und halboffene Zonen ist auf der Südostseite stärker ausgeprägt. Die Aufenthaltsbereiche erstrecken sich hier über beide Geschosse, die obere Etage ist stellenweise lediglich überdacht und ermöglicht Ausblicke in die Umgebung.
Beton: schön fleckig
Die einschalige Betonkonstruktion wurde teilweise massiv
ausgeführt, in den meisten anderen Bereichen handelt es sich um
einen Stahlbetonskelettbau bzw. um eine zu Stützenreihen aufgelöste
Tragstruktur. Der Sichtbeton wirkt innen wie außen sehr roh; neben
Farbdifferenzen beim verwendeten Beton sind die Oberflächen von
wolkigen Texturen, braunen Flecken und Schlieren gezeichnet, zudem
ist das Material stellenweise abgeplatzt.
Prägend für die Innenräume sind die Kassettendecken. Diese sind in zwei Richtungen lastabtragend und sorgen für einen geringeren Betonverbrauch. Dass die Decke auch aus gestalterischen Gründen gewählt wurde, zeigt eine digitale Collage der Architekten, die als Inspiration für den Entwurf diente. Diese nimmt das von Karl Friedrich Schinkel für das Schloss Osianda auf der Krim entworfene, aber nicht ausgeführte Große Atrium als Ausgangspunkt und kombiniert es mit einem begrünten Innenhof.
Statt mit Aussparungskörpern wurde die Kassettendecke in Handarbeit mit Holz und
Schaltafeln erstellt. Die Unregelmäßigkeiten, die sich dadurch
ergeben, fallen nicht sonderlich ins Gewicht, da die
Sichtbetonflächen durchgängig rau und lebendig erscheinen –
und auch dadurch die räumlichen Qualitäten unterstreichen.
-chi
Bautafel
Architektur: Ignacio Urquiza, Bernardo Quinzaños, Centro de Colaboración Arquitectónica, Mexiko; in Zusammenarbeit mit Rodrigo Valenzuela Jerez und Camilo Moreno
Projektbeteiligte: Ricardo Camacho (Tragwerksplanung); AKF Group, Mexiko (Technikplanung); Inlight (Beleuchtungsplanung); Genfor Landscaping, Mexico (Landschaftsarchitektur), Taller Leticia Serrano, Mexico (Innenarchitektur); Terral, Mexiko (Generalunternehmen)
Bauherrschaft: Escuela Bancaria y Comercial, Aguascalientes
Standort: Avenida Guadalupe Gonzalez No. 1111, 20130 Aguascalientes, Ags., Mexiko
Fertigstellung: 2018
Bildnachweis: Onnis Luque; Ignacio Urquiza Seoane
Fachwissen zum Thema
Bauwerke zum Thema
Deutsche Zement- und Betonindustrie vertreten durch das
InformationsZentrum Beton | Kontakt 0211 / 28048–1 | www.beton.org