Destillerie Nardini in Bassano del Grappa
Glasblasen aus sphärisch gebogenem Glas
Es erklärt sich von selbst, was in der italienischen Stadt Bassano del Grappa am Fuß des Monte Grappa hergestellt wird. Richtig, hier produzieren gleich mehrere Destillerien den aus Trauben gewonnenen Grappa. Die älteste und größte ist die von Bartolo Nardini. Seit 1779 verkauft das Unternehmen seine Erzeugnisse im Stammhaus an der Brenta-Brücke. Die Produktion dagegen wurde schon in den 1970er Jahren ausgelagert und befindet sich seitdem im Industriegebiet vor den Toren der Stadt. Um sich von den nichtssagenden Produktionshallen ringsum abzuheben und für ihre Kunden ein adäquates Entree zu schaffen, beauftragte die Firma die Architekten Massimiliano und Doriana Fuksas mit dem Bau eines Eingangsgebäudes, das gleichzeitig als Wahrzeichen dienen sollte.
Gallerie
Das Ergebnis sind zwei wie Käfer geformte Baukörper unterschiedlicher Größe. Die Bolle genannten Gebilde erheben sich rund drei bzw. sechs Meter über einer Wasserfläche im parkartigen Gelände vor der Fabrik. Umrahmt von Eichen scheinen sie zu schweben. Etwa 20 und 25 Meter lang und rundum nahezu komplett verglast, beherbergen sie ein Forschungslabor, Verkostungsflächen, einen Mediensaal und das Foyer. Über einen unterirdischen Gang und Glastreppen sind die aufgeständerten Bauten miteinander verbunden. Auch bei der Innengestaltung kam neben Beton und Holz viel Glas zum Einsatz u.a. dient es als Bodenbelag.
Glas
Insgesamt 1.200 m² groß ist die gläserne
Oberfläche beider ellipsenförmiger Gebilde. Sie besteht aus 408
Glasscheiben alle mit unterschiedlicher Kantenlänge und doppelter
Krümmung (sphärisch gebogen). Aufgrund der dreidimensionalen
Geometrie des Entwurfs existieren keine gleichen Biegeradien unter
den Scheiben. Der Scheibenaufbau der als Isolierglas
ausgeführten Verglasung besteht an der Außenseite aus einem
Verbundsicherheitsglas (VSG) aus Einscheibensicherheitsglas (8 mm ESG / 1,52 mm PVB / 6 mm ESG) und an der
Innenseite aus einem Verbundsicherheitsglas aus ESG und Floatglas (8
mm Float / 1,52 mm PVB / 6 mm ESG). Die Bodenverglasung ist
ebenfalls als Isolierverglasung ausgeführt. Hier besteht die
betretbare Seite aus einem Verbundsicherheitsglas, die Unterseite
aus eloxiertem Aluminium.
Die Scheiben sind auf einen Tragrahmen geklebt, der mit vier Schraubverbindungen auf einer Punkthalterung der tragenden Struktur befestigt wird. An jedem Punktlager treffen zwei Glasscheiben aufeinander, die an diesen Fixpunkten hinsichtlich Höhe und Parallelität genau ausgerichtet werden konnten. Für den Großteil der Fassadenverglasung wurde eine klare PVB-Folie verwendet; nur in Teilbereichen auf der Unterseite kamen opake Folien zum Einsatz. Bevor die Scheiben eingesetzt werden konnten, wurden die Winkel und Radien jeder einzelnen Scheibe von einem maßstäblichen Modell genau abgenommen und auf die Originalmaße übertragen.
Bautafel
Architekt: Massimiliano und Doriana Fuksas, Rom
Projektbeteiligte: Gilberto Sarti, Rimini (Tragwerksplanung); Sunglass, Villafranca Padovana (Gebogenes VSG); Kuraray Trosifol, Troisdorf (PVB-Folie)
Bauherr: Giuseppe and Cristina Nardini – Ditta Bortolo Nardini, Vicenza
Fertigstellung: 2004
Standort: Ponte Vecchio 2, 36061 Bassano del Grappa
Bildnachweis: Rainer Hardtke, Troisdorf (Abb. 1 bis 7) und Maurizio Marcato, Rom (Abb. 8 bis 15)
Fachwissen zum Thema
Bauwerke zum Thema
BauNetz Wissen Glas sponsored by:
Saint-Gobain Glass Deutschland