Labor- und Forschungsgebäude BSSE in Basel
Dreiecksförmige Isolierverglasung in filigraner Gitterschale
Am Department of Biosystems Science and Engineering (D-BSSE) der ETH Zürich forschen Experimentalbiolog*innen, Bioinformatiker*innen und Bioingenieur*innen der ETH gemeinsam mit Partnern – unter anderem der Universität Basel – an innovativen medizinischen Lösungen. Seit November 2023 sind alle Forschungsgruppen und wissenschaftlichen Einrichtungen des D-BSSE unter einem Dach in Basel vereint.
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Ausgewogener Neubau
Der kompakte Neubau von Nickl & Partner aus München ergänzt den Life-Sciences-Campus Schällemätteli in Basel und profitiert fachlich und infrastrukturell den benachbarten universitären Einrichtungen: In unmittelbarer Nähe befindet sich der rund 73 Meter hohe Turm des Biozentrums sowie ein Kinderkrankenhaus mit fünf Geschossen; außerdem entsteht aktuell ein Neubau für die medizinische Laborforschung des Departements Biomedizin (DBM). Um das angrenzende Krankenhaus nicht zu verschatten und dem Biozentrum als Hochpunkt keine architektonische Konkurrenz zu machen, entschieden sich die Beteiligten für eine kompakte und flache Gebäudegeometrie mit sechs Geschossen.
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Die Grundrissorganisation des fünfeckigen Gebäudes soll möglichst viel Austausch fördern. Herzstück der Innengestaltung ist das zentrale, gebäudehohe Atrium. Während die Gebäudeecken außen spitzwinklig ausgeführt wurden, zeigt sich das Atrium mit abgerundeten Ecken. Dadurch entsteht eine fließende und organische Anmutung. Die Büro- und Laborflächen sind um das Atrium herum angeordnet und in diese Richtung mit raumhohen Glaswänden abgetrennt. Dadurch wird einerseits Ruhe und Konzentration gewährleistet, während zugleich verschiedene Blickbeziehungen möglich sind. Großzügige, frei bespielbare Flächen bieten den Studierenden und Mitarbeitenden Raum, um miteinander in Kontakt zu treten und sich auszutauschen. Durch die doppelte Belichtung – durch Atrium und Glasfassade – erhalten alle Räume über die gesamte Tiefe genügend Tageslicht.
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Die äußere Hülle ist als zweischalige Fassade ausgeführt: Sie besteht aus einer Primärfassade aus 3-fach-Isolierverglasungen mit Wärmeschutzbeschichtung als thermische Hülle und einer geschosshohen Sekundärfassade als Prallscheibe. Die Prallscheibe ist absturzsichernd und besteht aus einem Verbundsicherheitsglas (VSG) aus 2 x 12 mm teilvorgespannten Gläsern (TVG). Hinter der Prallscheibe angeordnet sind Lamellen-Raffstore, die dem Sonnenschutz dienen.
Filigrane Gitterschale
Den oberen Abschluss des Atriums bildet eine außergewöhnliche Dachkonstruktion: Das dreieckige Oberlicht ist als verglaste, triangulierte Gitterschale ausgeführt und schützt den Innenraum vor der Witterung. Die gewölbte, stützenfreie Glasdachkonstruktion besteht aus einer einlagigen Kuppelschale mit etwa 20 Metern Breite und 35 Metern Länge. Die überdachte Fläche beträgt rund 510 m2. Ihre Sprossen aus Stahlhohlprofilen kreuzen sich so, dass dreiecksförmige Gittermaschen entstehen.
Die Basis für das Glasdach bildet ein horizontaler Druckring aus Stahlrohren. Darauf sind die im Werk vorgefertigten Einzelelemente des Netztragwerks montiert und verschweißt. Zentraler Bestandteil der Gitterschale ist eine besondere Knotenlösung, die eigens für das Projekt entwickelt wurde: Diese Stirnflächenknoten-Konstruktion aus Rundstahl mit einem Durchmesser von 220 mm ermöglichte es, den gesamten Herstellungs- und Montageprozess zu optimieren: dadurch konnten die Beteiligten auf eine Sekundärkonstruktion für die Verglasung verzichten. Außerdem konnte der Stahlzylinder als Knotenmittelpunkt unbearbeitet bleiben, auf den die passgenau lasergeschnittenen Stahlprofile (RRO 160x80) aufgeschweißt wurden. Die Stahlkonstruktion ist für Schneelasten von 0,90 kN/m2 und einen Winddruck von 1,60 kN/m² ausgelegt.
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Dreiecksförmige Isolierverglasungen
Die 2-fach-Isoliergläser setzen sich aus einem 12 mm
Einscheibensicherheitsglas (ESG-H) und einer
Verbundsicherheitsverglasung (VSG) aus zwei, 8 mm
dicken, teilvorgespannten Gläsern (TVG) – mit einer
Zwischenschicht aus 1,52 mm PVB-Folie. Sie sind auf einer
aufgeschweißten Aufsatzkonstruktion auf den RRO-Profilen der
Gitterschale über Eindrehhalter gelagert. Der 18 mm dicke
Randverbund ist als Structural-Glazing (SG-) Verklebung
ausgebildet. Außenseitig sind die Verglasungen in SG-Optik über
eine Wetterversiegelung abgedichtet. Die Betretbarkeit der Verglasungen wurde im Rahmen
von Bauteilversuchen nachgewiesen. Hierbei wurde eine Resttragfähigkeit der Verglasung (im gebrochenen
Zustand) von über 60 Stunden erfolgreich nachgewiesen.
Bautafel
Architektur: Nickl & Partner Architekten, München
Projektbeteiligte: Ruch Metallbau, Altdorf (Metallbau); BGT Bischoff Glastechnik, Bretten (Glashersteller); formTL, Radolfzell (Werkstattplanung und Detailnachweise Gitterschale und Verglasung); Leonhardt, Andrä und Partner BeratendeIngenieure VBI, Stuttgart (Tragwerksplanung)
Bauherr/in: ETH Zürich, Zürich
Fertigstellung: 2020
Standort: Campus Schällemätteli, Basel
Bildnachweis: AURA Foto Film Verlag, Emmenbrücke im Auftrag von Ruch; formTL; ETH Zürich / Alessandro Della Bella; formTL ingenieure für tragwerk und leichtbau