Frühe Eisenbetonkonstruktionen in Berlin, 1880-1918
Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2021
516 Seiten, 170 x 240 mm, zahlr. Abb. u. Tab., Softcover
Preis: 59 EUR / PDF kostenfrei
ISBN 978-3-7388-0716-5
Die Wandlung Berlins von einer mittelgroßen Residenzstadt hin zu einer Großstadt und Industriemetropole ab Mitte des 19. Jahrhunderts sorgte für eine entsprechend große Bautätigkeit. Ab etwa 1880 finden sich neben den bewährten Eisenkonstruktionen erste Beispiele von Bauten oder Bauteilen aus Eisenbeton. Gleichzeitig wurde durch die Industrialisierung und die Möglichkeit, Zement in gleichbleibend hoher Qualität herzustellen, die Basis dafür geschaffen, dass der Baustoff in großem Maßstab eingesetzt werden konnte.
Die Autorin Sabine Kuban untersucht im Rahmen ihrer Dissertation diese Anfänge des Eisenbetonbaus in Berlin, erläutert die Hintergründe und Grundlagen, setzt sich mit der Etablierung des Baustoffs und den dahinterstehenden Akteuren auseinander und stellt ausgewählte Tragwerke aus der Zeit zwischen 1880 und 1918 vor.
Dabei ermittelt sie vier entscheidende Phasen: Mit der Zulassung und Veröffentlichung des Monier-Patents in Deutschland begann 1881 die allgemeine deutsche Eisenbetongeschichte. 1886 wurde in Berlin das Bauunternehmen G. A. Wayss gegründet, das maßgeblich für die Etablierung und Ausdifferenzierung des Monier-Systems sorgte. 1894 erlosch der Patentschutz und der Baustoff wurde in verschiedene Richtungen weiterentwickelt. Die gesetzlose Zeit des Eisenbetonbaus fand mit der Einführung der 1. Behördlichen Regelungen zum Bauen mit Eisenbeton im Jahr 1904 ein Ende. Die Bauweise wurde vereinheitlicht und es entstanden erste Handbücher.
Die in der Dissertation untersuchten Beispiele sind in sechs Kategorien von Behältern über Deckenkonstruktionen, Stockwerks- und Hallenrahmenbauweisen über gewölbte Tragwerke bis hin zu Brücken eingeteilt. Die strukturierte Übersicht zu den jeweils wichtigsten Baudaten, der Entwurfsidee, der Tragwerkskonzeption sowie der Bemessung und Ausführung der verschiedenen Fallbeispiele wird begleitet von Originalplänen, aufbereiteten bemaßten Planzeichnungen sowie alten und – wenn möglich – aktuellen Fotografien.
Zu den vorgestellten Tragwerken gehören die teilweise erhalten gebliebenen Behälterbauten des 1912 eröffneten Aquariums im Tiergarten, bei deren Bau tatsächlich eine Art Recyclingbeton zum Einsatz kam, da zerkleinertes Abbruchmaterial des Vorgängerbaus als Körnung benutzt wurde. Als Beispiel für Stockwerksrahmen aus Eisenbeton wählte die Autorin unter anderem den 1911 errichteten Viktoriaspeicher in Berlin-Kreuzberg. Die ebenfalls noch bestehenden Flugzeughallen in Karlshorst von 1917 zeigen dagegen ein frühes Beispiel des Hallenrahmenbaus. Im Bereich Gewölbte Dachtragwerke beeindrucken der leider nicht mehr erhaltene Musikpavillon auf der Rennbahn in Hoppegarten von 1887 und die ebenfalls zerstörte imposante Kuppelhalle der Friedrichstraßen-Passage von 1907. Zudem werden zwei der 34 Brücken gezeigt, die im Untersuchungszeitraum nachweislich unter Verwendung von Eisenbeton realisiert wurden. Eine abschließende, nicht vollständige Objektliste mit über 369 Bauwerken lässt ahnen, wie lebendig und vielfältig die Anfangszeit des Eisenbetonbaus in Berlin gewesen sein muss.
Mit ihrer Arbeit will Kuban – auch im Sinne eines geeigneten Umgangs mit diesen historischen Tragwerken beim Bauen im Bestand – zu einem besseren Verständnis dieser frühen Eisenbetonkonstruktionen in Berlin beitragen und dazu anregen, sich darüber hinaus mit den Anfängen des Stahlbetonbaus auseinanderzusetzen. -chi
Fachwissen zum Thema
Surftipps
Deutsche Zement- und Betonindustrie vertreten durch das
InformationsZentrum Beton | Kontakt 0211 / 28048–1 | www.beton.org