Wiederverwendung von Betonbauteilen

Während Betonrecycling bereits Eingang in die Baupraxis gefunden hat, ist die Wiederverwendung ganzer Bauteile noch sehr selten. Dabei ist dieser Weg deutlich energieärmer und ressourcenschonender, da kein neuer Zement benötigt wird. Forschungsprojekte und beispielhafte Bauten zeigen, wie ein durchdachter, möglichst zerstörungsfreier Rückbau und digitale Planungsmethoden sowohl Fertigelementen als auch Ortbetonteilen zu einem zweiten Leben verhelfen.

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Gebauter Materialpool

Ein Ergebnis der großangelegten Wohnungsbauprojekte, die an vielen Orten in den Nachkriegsjahrzehnten durchgeführt wurden, ist ein großer Bestand an verbauten Betonfertigteilen. Mit diesem Materialpool beschäftigten sich Baufachleute und Wissenschaftler*innen in Schweden und den Niederlanden spätestens ab den 1980er-Jahren. Ähnliche Projekte gab es auch in der DDR und weiteren Ländern. Wachsenden Wohnungsleerständen wurde im Ostdeutschland der 1990er- und 2000er-Jahre durch einen Rückbau oder Teilrückbau der sogenannten Plattenbausiedlungen begegnet. In diesem Kontext entstanden einige Pilotprojekte, etwa fünf Stadtvillen aus Elementen eines elfgeschossigen Wohnblocks in Cottbus oder der Infopavillon der Initiative Plattenvereinigung in Berlin (siehe Bauwerke zum Thema).

Viele Planer*innen weltweit entwickeln bis heute außerdem von vornherein um- bzw. rückbaubare Betongebäude. Erste, bekannte deutsche Beispiele sind das in den 1960er-Jahren bei den Naturwissenschaftlichen Instituten der Philipps-Universität Marburg angewandte Marburger Bausystem und die 1972 fertiggestellte Wohnanlage Genter Straße in München. Ähnliche, standardisierte Betonelemente – zum Beispiel Stahlbeton-Hohldielen, TT-Decken (auch bekannt als Pi-Platten oder Pi-Decken) und Stützen mit Auflagerkonsolen – sind heute weit verbreitet im Gewerbebau und stellen eine enorme Ressource dar.

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Wiederverwendung von Fertigteilen

Elementierte Gebäude sind oft Hybride aus Fertigteilen und Ortbetonfugen. Diese Fugen lassen sich unter bestimmten Bedingungen zersägen und die Elemente somit trennen. Folgende Prozessschritte wurden 2024 im Artikel Recreating the Construction Sector for Circularity des internationalen Forschungsprojekts ReCreate beschrieben. Bevor der Rückbau beginnt, wird eine detaillierte Bestandsanalyse (Pre-Deconstruction Audit) durchgeführt, bei der die Betonteile auf Mängel und Schadstoffe untersucht werden. Anhand dieser Begutachtung werden die statischen Eigenschaften berechnet und an einer Probe überprüft. So lassen sich vorab bereits Tragfähigkeit und Expositionsklassen einschätzen und auch wie lange das Betonbauteil noch eingesetzt werden kann. Diese Informationen fließen in ein digitales Gebäudemodell ein, das über einen QR-Code bzw. eine Art Bauteilausweis mit dem realen Element verknüpft werden kann.

Zum Trennen der Elemente setzen die Rückbauteams Hydraulikhämmer, Sägen, Meißel und Minibagger sowie Hebebühnen für hohe oder unsichere Tragwerksbereiche ein. Entscheidend für die Arbeitssicherheit ist, die Veränderungen des statischen Systems im Laufe des Rückbauens zu berücksichtigen. Um die schweren Decken, Wände, Stützen und Träger zu bewegen, werden sie mit Ankern und Tragseilen versehen, sodass sie ein Kran aus der Konstruktion heben kann.

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Wiederverwendung von Ortbetonteilen

Auch Gebäude in Ortbetonbauweise lassen sich als Materialquellen erschließen, wie aus dem Forschungsprojekt Abbau Aufbau hervorgeht. Gegenüber Gebäuden aus Stahlbetonfertigteilen ist der Prozess komplexer, unter anderem weil noch umfangreichere Betonsägearbeiten nötig sind, damit wiederverwendbare Bauteile entstehen. Ein systematisches, auf das deutsche Baurecht bezogenes Vorgehen ist in der gleichnamigen Publikation zu finden. Auch hier wird mit einer umfassenden Bestandsuntersuchung und Materialprüfung begonnen. Dem Rückbau muss jedoch ein Neubauentwurf vorausgehen, um die Decken, Wände und Stützen des Spendergebäudes passend zerteilen zu können. Digitale Planungswerkzeuge sollen die Zuschnittplanung und Variantenerstellung vereinfachen und die Anwendung der Elemente im Neubau durch automatisch generierte Bauteilkataloge unterstützen. Ein Praxistest folgt voraussichtlich ab Herbst 2024.

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Herausforderungen begegnen

Dass die Wiederverwendung von Betonteilen noch nicht gängige Praxis ist, hat verschiedene Gründe: Einerseits sind die nötige detaillierte Bestandsuntersuchung, der schonende Rückbau und die gezielte, entwurfsbezogene Aufbereitung der Bauteile Prozesse, die mehr Zeit und eine stärkere Vernetzung von Akteur*innen fordern, als heute meist üblich ist. Zugleich bedarf es baurechtliche Veränderungen, um eine Zertifizierung der gebrauchten Bauteile und damit ihre Wiederverwendung zu erleichtern.  

Ein Kernproblem ist nach wie vor das Trennen der Betonelemente, wie ein Team der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EFPL) in der 2021 erschienenen Studie Selektiver Rückbau – Rückbaubare Konstruktion feststellte. Alternativen zum Mörtel befinden sich in der Entwicklung, zugleich gibt es bereits gebaute Beispiele mit verschraubten und gesteckten Verbindungen, zum Beispiel die nomadischen Schulen des brasilianischen Architekten João Filgueiras Lima (bekannt als Lélé) oder das landwirtschaftliche Forschungszentrum von St. Aubin, entworfen von Jakob Zweifel und Heinrich Strickler.

Literatur: Huuhka, Aarikka-Stenroos, Lahdensivu, Jonker-Hoffrén, Arnold, Stenberg, Blok, Gudmundsson, Teuffel und Mettke: Recreating the Construction Sector for Circularity, in: The Routledge Handbook of Catalysts for a Sustainable Circular Economy, 2023; Gengnagel und Henschel: Abbau Aufbau – Handbuch zur Wiederverwendung von Stahlbetonelementen aus dem Rückbau von Gebäuden, Berlin 2024; Küpfer und Fivet: Selektiver Rückbau - Rückbaubare Konstruktion: Studie zur Förderung der Abfallreduktion und der Wiederverwendung in der Baubranche, Lausanne 2021

Fachwissen zum Thema

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Arten und Konstruktionen des Elementbaus

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Grundlagen der Skelettbauweise

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Tipps zum Thema

Im internationalen Forschungsprojekt ReCreate wird die Wiederverwendung von Betonfertigteilen theoretisch und praktisch durchgespielt.

Forschung

Ein zweites Leben für Betonfertigteile

Bauen mit statt im Bestand: Ein internationales Forschungsteam entwickelt Verfahren zur Erfassung, Demontage und Aufbereitung von bereits verbauten Stützen, Trägern und Deckenelementen aus Beton.

Im Forschungsprojekt Abbau Aufbau wurden Planungshilfen für die Wiederverwendung von Ortbetonbauteilen entwickelt.

Forschung

Ortbetonteile im Kreislauf

Die Wiederverwendung von Ortbetonteilen ist ungleich komplexer als bei Fertigelementen. Sie zu erleichtern, war das Ziel eines Forschungsprojekts an der Universität der Künste in Berlin.

An der Schweizer Hochschule EFPL in Lausanne hat ein Forschungsteam eine Fußgängerbrücke aus wiederverwendeten Betonblöcken entwickelt. Das Projekt trägt den Namen RE:CRETE.

Forschung

Von der Hauswand zur Brücke

Fügen statt Gießen: Forschende der Hochschule EFPL haben eine Fußgängerbrücke gebaut, die nicht frisch betoniert, sondern aus wiederverwendeten Betonblöcken zusammengesetzt wurde.

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Wiederverwendung von Betonbauteilen

Wiederverwendung unmöglich: Anstatt sie behutsam rückzubauen werden viele Betongebäude mit der Abrissbirne zerstört, wie 2018 bei der Oberpostdirektion Hamburg (Post-Pyramide) geschehen.

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Betongebäude sind riesige Materiallager. Um aus ihnen ganze Bauteile zurückzugewinnen, braucht es eine genaue Bestandserfassung und einen sorgfältigen Rückbau.

Aufbereitung von Betonabbruch

Das Recyceln von Beton spart Primärrohstoffe, Energie und Deponieraum.

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Zerkleinert, sortiert und gereinigt sind Beton- und auch Mauerwerksabbruch wertvolle Ressourcen für die Herstellung von Recyclingbeton.

Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS)

In der Beton- und Zementindustrie wird damit begonnen, Kohlendioxid mit Anlagen wie diesen abzuscheiden, zu komprimieren und abzutransportieren.

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Kohlendioxid aus der Beton- und Zementherstellung soll gar nicht erst in die Atmosphäre gelangen, sondern weiterverwendet oder eingelagert werden.

Zertifizierung des Concrete Sustainability Councils

2016 wurde das Concrete Sustainability Council gegründet, dessen Zertifikate nachhaltiges Handeln in der Beton- und Zementherstellung ausweisen sollen.

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Um eines der Label zu bekommen, müssen Beton- und Zementwerke nachweisen, dass sie ökologisch, sozial und ökonomisch verantwortlich handeln.

Energie in der Zementherstellung

Bei der Zementherstellung wird viel thermische Energie benötigt, zum Beispiel um den Kalk zu Klinker zu brennen.

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Große Mengen thermischer und elektrischer Energie werden benötigt, um Kalk zu Klinker zu brennen und daraus Zement herzustellen.

Zusammensetzung von Beton

Zement, Wasser und Gesteinskörnungen sind die Ausgangsstoffe für die Herstellung von Beton.

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Gesteinskörnungen, Zement und Wasser sind die Ausgangsstoffe des mineralischen Baustoffs. Durch Zusatzmittel und -stoffe lässt er sich den jeweiligen Anforderungen anpassen.

Einfluss der Ausgangsstoffe

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Sämtliche Ausgangsstoffe haben Einfluss auf die Funktionalität und Qualität des Betons in seiner jeweiligen Anforderung. Wichtig...

Hauptbestandteile des Zements

Portlandzementklinker, Hüttensand, natürliche Puzzolane, Kieselsäurereiche Flugasche, Gebrannter Schiefer gehören zu den Hauptbestandteilen von Zement.

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Zur Betonherstellung wird neben Gesteinskörnungen und Wasser ein Bindemittel benötigt: der Zement. Seine Hauptbestandteile sind:...

Betonherstellung und Klimaschutz

Dem hohen CO2-Ausstoß bei der Produktion des Bindemittels Zement steht die lange Haltbarkeit von Betonkonstruktionen gegenüber (Bild: Zementwerk in Berlin).

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Die Reduktion des Klinkerfaktors und die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid sollen dazu beitragen, den CO2-Ausstoß bei der Zementherstellung zu senken.

Wasserzementwert

Der Wasserzementwert (w/z-Wert) definiert das Verhältnis von Wasser zu Zement im Zementleim des Frischbetons: w / z = Gewicht des...

Bindemittel, Zusatzmittel und Zusatzstoffe

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BindemittelBindemittel sind im plastischen Zustand verarbeitbare anorganische oder organische Substanzen, die im Laufe einer...

Kompositzemente und alternative Bindemittel

Der hohe Kohlenstoffdioxidausstoß bei der Herstellung von Portlandzementklinker befeuert die Suche nach alternativen Bindemitteln.

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Bei Kompositzementen wird ein Teil des Portlandzementklinkers ersetzt; alternative Bindemittelsysteme kommen ohne den in der Herstellung CO2-intensiven Stoff aus.

Konsistenz von Beton

Frischbeton sollte so beschaffen sein, dass er ohne wesentliches Entmischen gefördert, eingebaut und verdichtet werden kann

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Die Konsistenz des Frischbetons soll so beschaffen sein, dass er ohne wesentliches Entmischen gefördert, eingebaut und vollständig...

Mischen von Beton

Transportbeton-Fahrmischer auf einer Baustelle

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Beton als elementarer Baustoff ist eine Mischung aus den Hauptbestandteilen Zement, Wasser und Gesteinskörnungen (Zuschlag)....

Betoniervorgang

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Das Einbringen des Betons in die Schalung ist eine wichtige Voraussetzung für das Erreichen einer hohen Betonqualität. Beton ist...

Verdichten von Beton

Beim Verdichten des Betons wird durch Schütten und Mischen die Luft ausgetrieben. Dies geschieht beim Ortbeton durch...

Ausschalen und Nachbehandeln

Zur Nachbehandlung eines Industriefußbodens gehört ein Abdecken mit Folie

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Durch die Verdichtung und Erhärtung erhält der Beton seine Festigkeit. Der Erhärtungsprozess ist vom Feuchtigkeitsgehalt im...

Qualitätskontrolle in der Produktion

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Lieferscheine belegen die tatsächlichen Einwaagen aller Ausgangsstoffzugaben der Beton-Mischung einschließlich der Mischung des...

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