Pavillon auf dem Campus der RWTH Aachen
Fassade aus extraklarer Dreifach-Isolierverglasung
Was als interdisziplinäres Forschungsprojekt zu Schalentragwerken aus Textilbeton begann, wird nun von Studierenden der RWTH Aachen als lichter Lernpavillon genutzt. Von außen rundum verglast, ist seine eigentliche Besonderheit das Dachtragwerk aus vier extrem schlanken Betonschalen. Diese wurden in einer Arbeitsgemeinschaft verschiedener Fakultäten der RWTH Aachen entwickelt; das ortsansässige Architekturbüro IP Arch plante die Gebäudehülle und den Innenausbau.
Gallerie
Der Pavillon befindet sich in unmittelbarer Nähe des
Bauingenieurgebäudes auf einer Rasenfläche an der
Mies-van-der-Rohe-Straße. Seine Außenabmessungen betragen 14,00 x
14,00 Meter, die Höhe 4,00 Meter, die überspannte Nutzfläche 200
Quadratmeter. Als eine Art „begehbare Vitrine“ ist der Innenraum
fast vollständig frei von festen Einbauten. Eine Ausnahme bilden
die beiden Wandschränke hinter dem Westeingang, in denen die
Haustechnik, Lagerflächen und eine Garderobe untergebracht sind.
Zum immateriellen Eindruck trägt der grüne Bodenbelag bei, der eine
Fortführung der Wiese zu sein scheint. Die gläserne Einhausung
bewirkt, dass die Tragstruktur des Daches durch die Fassade
hindurch sichtbar ist.
Sieben Jahre dauerte die Entwicklung der Dachkonstruktion.
Angelehnt an die filigranen Schalentragwerke der Architekten Félix
Candela und Ulrich Müther aus den 1950er und 60er Jahren, suchten
die Planer nach einer Lösung, wie sich die Korrosionsproblematik
der Stahlbewehrung in den Griff bekommen und gleichzeitig die
Herstellung sehr schlanker Bauteile vereinfachen ließe. Das
Ergebnis sind vier doppelt gekrümmte Schalen aus Textilbeton. Bei
Abmessungen von 7,00 x 7,00 Metern beträgt ihre Dicke gerade einmal
sechs Zentimeter. Die Bewehrung besteht aus 12 Lagen
Carbonfasergewirke, die Lage für Lage zwischen hauchdünne
Spritzbetonschichten aufgebracht wurden. Nach Aushärtung des Betons
wurden die Schalen mit einem Kran jeweils mittig auf die bereits
fertigen Stahlbetonstützen aufgesetzt, anschließend die Glasfassade
mit äußerst schmalen Anschlussprofilen an den Dachkanten
befestigt.
Glas
Der gläsernen Gebäudehülle verdankt der Pavillon nicht nur seine transparent-leichte Erscheinung, sie sorgen auch für einen lichtdurchfluteten Arbeitsraum. Horizontale Unterbrechungen gibt es lediglich bei den zwei ebenfalls verglasten Eingangstüren, die sich auf der West- und Ostseite gegenüberliegen sowie den jeweils fünf Oberlichtern auf der Nord- und Südseite, die der Belüftung dienen.
Verbaut wurden gut 1,00 Meter breite und 4,00 Meter hohe
Dreifach-Isoliergläser. Ihre äußere und mittlere Scheibe bestehen
aus thermisch vorgespanntem Einscheibensicherheitsglas (ESG), die mittlere
aus Verbundsicherheitsglas (VSG) mit einer
splitterbindenden Hochpolymerfolie im Glasaufbau. Diese Ausführung
macht die Glasfassaden in hohem Maße bruchsicher und unempfindlich
gegen Stöße, Angriffe und Hagelschlag. Als Basisglas verwendete man
extraklares Floatglas, das aufgrund des geringen
Eisenoxidanteils nicht den glastypischen Grünstich aufweist. Seine
guten Lichttransmissionswerte lassen das Tageslicht besonders
natürlich erscheinen; eine im Magnetron-Sputter-Verfahren aufgebrachte
Sonnenschutzbeschichtung verhindert die solare Überhitzung des
Innenraums im Sommer, da sie einen Großteil der eingestrahlten
Energie reflektiert. Ein zusätzlicher Sonnenschutz war nur auf der
Südseite des Pavillons erforderlich, wo er in Form von
innenliegenden, raumhohen Schiebeelementen eingebaut wurde.
Bautafel
Architekten + Projektbeteiligte: RWTH Aachen: Hartwig Schneider, Lehrstuhl Baukonstruktion und Josef Hegger, Institut für Massivbau (Entwicklung und Planung der Schirmkonstruktion); Markus Feldmann, Institut für Stahl- und Leichtmetallbau, (Tragwerksplanung); Wolfgang Brameshuber, Institut für Bauforschung, (Betonentwicklung); Thomas Gries, Institut für Textiltechnik, (Textilbewehrung); GQ Quadflieg Bau, Würselen (Herstellung Textilbetonfertigteile); IP Arch, Aachen (Planung Innenausbau, Dach, Fassade); Glas Trienes, Kempen; Thermoglas Niederrhein; Saint-Gobain Glass, Aachen / Climaplus Securit-Partner, Stolberg (Glashersteller); Berger, Kamp-Lintfort (Metallbau, Anschlüsse Verglasung/Dach)
Bauherr: RWTH Aachen
Fertigstellung: 2015
Standort: Mies-van-der-Rohe-Straße 1, 52074 Aachen
Bildnachweis: Christoph Seelbach Fotografie, Köln für Climaplus Securit-Partner, Stolberg; Benno Helpenstein für IP Arch, Aachen
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