Spezialschalung für komplexe Stützen
Tanzendes Tragwerk
Experiment am Bau: Der Baustoffhersteller HeidelbergCement möchte in seinem neuen Hauptquartier in Heidelberg die Grenzen dessen ausloten, was mit Beton möglich ist. Der Entwurf des Frankfurter Architekturbüros Albert Speer und Partner gibt dem Unternehmen dazu reichlich Gelegenheit.
Gallerie
Das Deckentragwerk des drei Geschosse hohen Foyers etwa formen Stützen, von denen jede aus drei filigranen Betonstreben zusammengesetzt zu sein scheint. Tatsächlich wurden die Stützenbündel jeweils als Ganzes gegossen. Für die angestrebte hohe Sichtbetonqualität wählten die Planer eine spezielle Betonrezeptur aus selbstverdichtendem Beton mit hoher Festigkeit und einem Größtkorn von 8 Millimetern. Hergestellt wurde sie auf der Grundlage von Weißzement; ein lunkerreduzierendes Mittel rundete die Mischung ab.
Um die Lunkerbildung wirklich auf ein Minimum reduzieren zu können, entschied man sich dazu, den Beton – anders als gemeinhin üblich – von unten einzufüllen und bis auf elf Meter hochzupressen. Die dafür nötige Schalung musste nicht nur die komplexe Form der Stützen abbilden, sondern gleichzeitig sehr stabil sein, um dem hohen Druck standzuhalten. Mit fünf Millimeter dicken Stahlelementen schuf der Schalungshersteller eine Gussform, die auf einen zulässigen Frischbetondruck von 200 Kilonewton pro Quadratmeter ausgelegt war. Da dieser Wert bei den Berechnungen im Vorfeld mit selbstverdichtendem Beton überschritten wurde, installierte man zur Sicherheit Messsonden an den Stützenfüßen und am Knotenpunkt, um die Betonage präzise überwachen zu können.
Ein Betonverteilsystem förderte den selbstverdichtenden Beton
gleichzeitig an alle drei Stützenbasen, von wo er so langsam, wie
es die Betonpumpe zuließ, nach oben gepresst wurde. Die Schalung
wurde damit bis an die Grenze dessen, was statisch möglich ist,
belastet – und hielt bei allen drei Stützen stand. Mit ihren
lunkerfreien Oberflächen der Sichtbetonklasse SB4 wird das tanzende
Tragwerk den Besuchern der neuen Hauptverwaltung nach deren
Fertigstellung einen eindrucksvollen Empfang bieten.