70.000 Kubikmeter Modulgerüst umhüllen die Elstertalbrücke
Sanierung der weltweit zweitgrößten Ziegelsteinbrücke bis 2025
Zur Eisenbahnstrecke zwischen Leipzig und Hof gehört ein imposantes Bauwerk aus der Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Elstertalbrücke, die einen Streckenabschnitt über dem Tal des Flusses Weiße Elster im sächsischen Vogtlandkreis überspannt, gilt mit ihren zwei Etagen, 68 Metern Höhe und rund zwölf Millionen verbauten Ziegelsteinen als zweitgrößte Ziegelsteinbrücke der Welt. Eine bewegte Historie begleitet seit der Fertigstellung 1851 die Konstruktion. Dazu gehört die Sprengung des mittleren Brückenpfeilers durch deutsche Wehrmachtstruppen kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs. Auch die angrenzenden Brückenbögen kamen zu Schaden. 1950, also genau hundert Jahre nach der Errichtung, war die Elstertalbrücke mit ihren beeindruckenden Rundbögen wiederhergestellt.
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Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen tragen seitdem zum Erhalt des denkmalgeschützten Bauwerks bei. Nun wurde eine Komplettsanierung fällig, die die Deutsche Bahn seit Anfang 2022 durchführen lässt. Um die Standsicherheit zu gewährleisten, muss das Gleistragwerk neu gebaut werden, zudem erhält das Mauerwerk eine umfassende Sanierung. Die Baumaßnahmen sollen bis 2025 abgeschlossen sein; die Brückenkonstruktion wurde bereits komplett eingerüstet. Circa 56.000 Kubikmeter Raumgerüst sind als Standgerüst aufgestellt, ergänzt durch circa 17.000 Kubikmeter Hängegerüst. Die Maßnahme plante das Ingenieurbüro Krüger aus Leipzig, die Ausführung übernahm das Unternehmen Lindner Gerüstbau aus Kollwitz. Zum Einsatz kam das Modulgerüst Ringscaff des Herstellers Scafom-rux aus Hagen in Westfalen.
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Aufwendige Logistik für Transport und Montage
Am Bauwerk sind außerdem rund 12.500 Quadratmeter Fassadengerüst und circa 19.000 Quadratmeter kombiniertes Fassaden- und Traggerüst montiert. Um die enorme Materialmenge und den Aufbau zu bewerkstelligen, bedurfte es einer ausgeklügelten Logistik. Im Durchschnitt waren 18 Monteure gleichzeitig an der Einrüstung beteiligt. Nahezu die Hälfte des Gerüstmaterials wurde in circa 100 Lkw-Fuhren an den Güterbahnhof Plauen angeliefert, auf Plattenwagen der Bahn umgeladen und direkt zur Baustelle transportiert. Die verbliebenen Materiallieferungen übernahmen 40-Tonnen-Lkw, die einen temporären Lagerplatz am südwestlich gelegenen Brückenaufleger anfahren konnten. Von da aus wurden die Gerüstteile auf kleineren Lastkraftwagen ins Tal oder zum gegenüberliegenden Auflager transportiert. Die Errichtung erfolgte mithilfe von zwei Turmdrehkränen, die beidseitig der Brückenauflager aufgestellt waren. Zudem montierte das ausführende Unternehmen eine 30 Meter lange Hängebrücke zwischen die Brückenpfeiler. Während der horizontale Materialtransport manuell erfolgte, übernahmen Materialaufzüge die Bewegung in der Vertikalen.
Verschiedene Herausforderungen begegneten den Ingenieuren und Monteuren in diesem Projekt: Eine beengte Raumsituation, mangelnde Zufahrtmöglichkeiten für schwere Lkw, eine unebene Topografie und die üppige Vegetation gehörten dazu. Die Gerüstkonstruktion ließ sich dennoch standsicher gründen, und ein erheblicher Teil als Hängegerüst ausführen. Einschränkungen gab es auch aufgrund des Denkmalschutzes. Da eine gängige Verankerung mit Ösenschrauben nicht möglich war, erfolgten Kernbohrungen für extra gefertigte Wandanschlussplatten, auf denen liegende Gitterträger montiert wurden.
Der historisch wertvolle Infrastrukturbau gibt dank der filigranen Einrüstung auch während der Sanierungsmaßnahmen ein imposantes Bild ab. Ebenso muss es den Zeitgenossen vor rund 170 Jahren ergangen sein. Damals allerdings kam ein Holzgerüst zum Einsatz, das bedauerlicherweise im Oktober 1848 einstürzte und fünf Bauarbeitern das Leben kostete.