Einfamilienhaus in Krakau
Schiefer trifft Kalksteinbruch
Ein Grundstück mit einer acht Meter hohen Steinbruchkante und ein behördlich gefordertes Satteldach waren die Ausgangsbedingungen, mit denen sich Przemysław Olczak vom Büro Mobius Architecture auseinanderzusetzen hatte, als er ein großzügiges Einfamilienhaus nahe Krakau plante. Statt die Umgebung zu ignorieren, platzierte er das Gebäude direkt an die schroffe Felskante, passte es mit steil geneigten Fassaden dem Hangverlauf an und stellte dem vorhandenen hellen Kalkstein dunklen Schiefer entgegen. Im Inneren bietet es eine Wohnfläche von rund 850 Quadratmetern, die sich auf drei Ebenen verteilen. Mehrere Freisitze in Form von Balkonen und Terrassen ermöglichen den Ausblick auf die Wahrzeichen Krakaus – die Entfernung zur Innenstadt beträgt gerade einmal vier Kilometer Luftlinie.
Gallerie
Der Höhenversprung prägt das Gebäude maßgeblich: Aus südlicher Richtung wirkt es eingeschossig, mit Dachflächen, die bis zur Geländeoberkante heruntergezogen wurden. Die Hangseite nach Norden hingegen gibt ein dreigeschossiges Volumen frei, das sich in den Felsen schiebt. Dachschräge und Fassade sind eins, nur die Einschnitte für die Balkone geben Orientierung über bestehende Etagen.
Den Vorgaben der Behörden entsprechend, sollte das Gebäude mit einem um 37° geneigten Satteldach mit Traufen und First ausgeführt werden. Der einzigartige Ort mit Fels und Wildblumenwiesen sollte nach Wunsch der Bauherren aber unbedingt in die Gestaltung einbezogen werden. Die Architekten deckten die geforderte Dachform nach Süden mit Kupfer und nach Norden vollständig mit Schiefer, der hier direkt auf den Kalksteinfelsen trifft. Damit der Baukörper das wiesenreiche Grundstück nicht zu stark dominiert, ließen sie Teile des Geländes im Süden und Westen zum Gebäude hin leicht abfallen. Dessen Höhe ließ sich auf diese Weise reduzieren und es entstand ein blickgeschützter Wohn- und Poolbereich.
Das Wohnhaus umfasst Keller, Erdgeschoss und Obergeschoss. Der Eingang liegt ebenerdig an der Ostseite und leitet durch die großzügige Küche oder einen separaten Flur zum geräumigen Wohn- und Essraum. Dieser erstreckt sich über die gesamte Gebäudebreite und öffnet sich an drei Seiten. Rechts vom Eingang sind ein abtrennbarer Fernsehraum sowie ein einzelnes Schlafzimmer mit Gästebad vorgelagert. Das Obergeschoss bietet Platz für zwei große Schlafräume mit Bädern und Ankleidezimmer, außerdem ist eine Gebäudeecke als Arbeits- bzw. Büroraum zu nutzen.
Große Teile des Baukörpers sind bis zu vier Meter tief in den Felsen eingearbeitet, die freibleibenden Dach- und Wandflächen gut gegen Wärmeverluste geschützt. Eine Klima- und Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Heizregister sorgt fast ganzjährig für angenehme Temperaturen im Gebäude, eine kleine Solaranlage für warmes Brauchwasser. Nur an wenigen, sehr kalten Tagen im Jahr muss eine Fußbodenheizung zugeschaltet werden.
Schiefer
Der in Anlehnung an den Steinbruch gewählte Schiefer soll die Nähe
zur Natur vermitteln und das Wohnhaus sicher schützen. Die
Dachfläche (und Nordfassade des Hauses) weist folgenden
Schichtaufbau auf: Oberhalb der voll gedämmten Sparren (zweilagig
mit 26 cm Zwischen- und 10 cm Untersparrendämmung aus Mineralwolle)
ist eine Winddichtung angeordnet, darüber eine Konterlattung und darauf eine
Nut-Feder-Vollschalung. Als Vordeckung dient eine 4 mm starke
Polymerbitumenbahn. Darauf wurden die 60 x 30 cm großen
Schiefersteine als Rechteck-Doppeldeckung mit Kupfernägeln fixiert.
Nur das kleinere Süddach erhielt eine grün patinierte
Kupferdeckung.
Die senkrechten Schieferfassaden an der Ost- und Westseite basieren auf einer Holzunterkonstruktion aus Vollholz (60 x 140 mm). Die Hölzer sind mit Edelstahlwinkeln an den Stahlbetonwänden ausgerichtet und fixiert, die Zwischenräume mit 15 cm Mineralwolle gefüllt. Der Schichtenaufbau der Fassade entspricht der Konstruktion des Daches. Entsprechend der gewünschten Dynamik der Fassaden wurden die 60 x 30 cm großen Schiefer wie eine Waagerechte Deckung, allerdings mit steigenden Gebinden verarbeitet. Die Fußlinien der Schiefergebinde von Dach (Rechteck-Doppeldeckung) und Fassade (Waagerechte Deckung) gehen dabei am Ortgang exakt ineinander über. Auf der Ostseite wurde die Schieferfassade mit Kupferflächen kombiniert.
Durch die auskragende Dachform am Hang entsteht eine untere
Fassadenfläche, deren Schiefer über Kopf hängen. Diese sind
zusätzlich mit Edelstahlschrauben befestigt.
Bautafel
Architekten: Przemysław Olczak, Mobius Architecture, Krakau
Projektbeteiligte: DDM Wojciech Mazur, Krakau (Dach- und Fassadendeckung), Rathscheck Schiefer, Mayen (Intersin Schiefer)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2013
Standort: Nähe Krakau
Fachwissen zum Thema
Rathscheck Schiefer und Dach-Systeme, Mayen | Kontakt 02651 955 0 | www.rathscheck.de