Umbau eines Stallgebäudes: Casa Boscaia in Castasegna
Ortstypisch mit Steinplatten gedeckt
Nahe der Grenze zu Italien befindet sich das Schweizer Dorf Castasegna im Tal Bergell. Ein für die Region typisches historisches Stallgebäude mit einem gemauerten Sockel- bzw. Erdgeschoss als Basis einer Holzkonstruktion bauten Alder Clavuot Nunzi Architekten zu einem Wohnhaus um. Ursprünglich wurden im unteren Teil Tiere wie Schafe oder Ziegen gehalten, die oberen Geschosse dienten der Lagerung von landwirtschaftlichen Geräten oder Heu.
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Doppelstall, ortsbildprägend
Der ehemalige Doppelstall ist aus denkmalpflegerischer Sicht ortsbildprägend – das leuchtet angesichts der Siedlung am Hang mit verschieden hohen Einzelhäusern, überwiegend einheitlichen Dachformen und -deckungen sowie ähnlichen Baumaterialien unmittelbar ein. Die äußere Erscheinung, aber auch das Niveau der inneren Geschossdecken sollten daher weitgehend erhalten bleiben. Gemäß seiner einstigen Funktion war der Altbau ungedämmt; eine weitere Herausforderung für die Planenden war die Einbindung in die terrassierte Landschaft.
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Drei Geschosse am Hang
Die Architekten entschieden sich für einen differenzierten Umgang mit den drei Geschossen. Weil das Erdgeschoss zum Teil ins Erdreich gebettet ist, beließen sie es ungedämmt und nicht beheizt. So bildet es ein Zwischenklima zu den oberen Wohnräumen und ist mit Technikräumen, Keller, Waschküche und Eingangsbereich dementsprechend genutzt. Im ersten Obergeschoss führt eine gedämmte Tür in die beheizten Räume. Auf dieser Ebene findet das gemeinsame Leben statt – zwar ist der Raum unterteilt, die Übergänge zwischen Wohnen, Essen und Kochen sind jedoch offen konzipiert. Charakteristisch sind gemauerte Eckpfeiler und die ursprünglichen Ausfachungen aus Holz, welche nunmehr als Sicht- und Sonnenschutz dienen. Eine Fensterebene hinter den Ausfachungen bildet den neuen Raumabschluss, die gemauerten Außenwände sind innenseitig mit Dämmputz versehen.
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Alt und neu in Holz
Das zweite Obergeschoss bzw. Dachgeschoss ist in Strickbauweise errichtet. Um den damit verbundenen offenen und unregelmäßigen Charakter zu erhalten, sind die Schlafräume hinter der historischen Holzkonstruktion mit einer separaten energetischen Hülle ausgebildet. Die neue gedämmte Holzkonstruktion (aus Fichte, wie auch der Bestand) erfüllt hohe energetische Anforderungen. Neben Holz als charakteristischem Baumaterial sind einige Innenwände mit Kalkputz ausgeführt. Außerdem findet sich Sichtbeton im Eingangsbereich, an Terrasse und Balkon. Letzterer verfügt über ein Stahlgeländer mit Gitterausfachung, welches einen klaren Kontrast zum historischen Bestand darstellt.
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Dachdeckung aus lokalem Naturstein
Gerade in Gebirgsregionen kommt traditionell vorrangig lokal
verfügbares Baumaterial zum Einsatz – in diesem Fall Holz und
Naturstein. Bei den für die Dachdeckung verwendeten Steinplatten
handelt es sich um Gneis aus Soglio-Quarzit, welcher in zwei lokalen
Steinbrüchen (Cäva Böcc und Cäva Carpeia) abgebaut wird. Durch
mehrlagig versetzte Schichtung liegen bis zu sechs Steine partiell
übereinander. Darunter befindet sich eine Holzschalung (40 x 60 mm)
oberhalb einer Konterlattung (60 x 60 mm) mit Durchlüftung. Es
folgt die Unterdachfolie auf einer Schalung (22 mm), die wiederum
auf den bestehenden Sparren (Altholz Fichte, d = 150 bis 170 mm)
befestigt ist. Diese sind hinterlüftet und lagern auf 250 mm
starken Pfetten (Altholz Fichte), deren Zwischenräume mit 240 mm
Steinwolle gefüllt wurden. Die Dampfbremse ist gefolgt von einer
Schiftlattung (30 mm) mit Steinwolle in den Zwischenräumen und 20
mm starken Dreischichtplatten als raumseitige Verkleidung.
-us
Bautafel
Architektur: Alder Clavuot Nunzi Architekten, Rüschlikon
Projektbeteiligte: AFRY Schweiz, St. Moritz (Tragwerksplanung); Bernhard Bauexperte, Chur (Bauphysik)
Bauherr/in: Privat
Fertigstellung: 2021
Standort: Castasegna, Schweiz
Bildnachweis: David Schreyer
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