Stadtbibliothek in Heidenheim a.d. Brenz
Zweischalige Außenwand mit Luftschicht und Wärmedämmung
Nicht zum ersten Mal macht ein Bibliotheksbau vom Büro Max Dudler auf sich aufmerksam. Der spektakuläre, terrassierte Lesesaal im Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, der Zentralbibliothek der Humboldt Universität Berlin, schaffte es in den acht Jahren seines Bestehens bereits in mehrere Spiel- und Werbefilme. Mit der 2017 fertiggestellten Stadtbibliothek in Heidenheim an der Brenz stellt das Büro erneut sein Können für diesen Bautyp unter Beweis.
Gallerie
Der Neubau entstand auf einem ehemaligen Gefängnisareal an der
Schnittstelle zwischen historischer Innenstadt im Westen und
heterogener Nachkriegsbebauung im Osten. Als bauliches Bindeglied
kommt ihm die Aufgabe zu, zwischen diesen beiden kontrastierenden
Stadtteilen zu vermitteln. Über 110 Meter lang ist der Baukörper,
der neben Büchern und anderen Medien ein integratives Café, einen
Veranstaltungssaal, ein öffentlich zugängliches Medienzentrum sowie
das Stadtarchiv von Heidenheim beherbergt. Durch eine
Höhenstaffelung, die der jeweils gegenüberliegenden
Bestandsbebauung angepasst ist, gleicht seine Kontur einer
abstrahierten Stadtsilhouette aus kleinen Häusern. Als höchste
Volumen sind seine Kopfbauten im Norden und Süden ausgebildet.
Entlang der Ostfassade verläuft eine neue Promenade, die den
zentralen Omnibusbahnhof auf einen Seite mit dem Rathaus auf der
anderen verbindet und darüber hinaus als Vorplatz der Erschließung
der Bibliothek dient.
Im Gegensatz zur Form und Höhe des Gebäudes heben sich seine
Fassaden deutlich von der Nachbarbebauung ab. Unregelmäßig
angeordnete und unterschiedlich dimensionierte, aber durchgehend
großformatige Fenster mit tief eingeschnittenen Laibungen
inszenieren den Blick in den Stadtraum und wechseln sich mit
perforierten Wandflächen innerhalb des sandfarbenen
Verblendmauerwerks ab.
Der Haupteingang befindet sich mittig in einem
witterungsgeschützten Einschnitt an der Ostseite des Gebäudes. Er
führt in ein Foyer, das über einen Lichtschacht mit den oberen
Geschossen verbunden ist. Rechterhand sind der 160 Personen
fassende Veranstaltungssaal und das Kreismedienzentrum angeordnet,
links der sogenannte Marktplatz mit Lesebereich, Infotheke und
Ausleihe sowie das öffentlich zugängliche Café. Vom Marktplatz geht
es über eine Treppe hinauf in die oberen zwei Geschosse.
Im ersten Stockwerk befinden sich das Stadtarchiv, der Non-Book-Bereich und die Verwaltung. Die eigentliche Bibliothek erstreckt sich über das gesamte zweite Obergeschoss. Als stützenfreies Raumkontinuum bildet es die nach außen formgebende, markante Silhouette des Gebäudes. Die überhöht ausgebildeten Lesesäle wechseln mit niedrigen Kabinetten ab. Diese abwechslungsreiche Raumfolge wird über die interne, sich über die gesamte Länge des Gebäudes erstreckende und alle fünf Lesesäle miteinander verbindende Promenade auf einen Blick erlebbar. Zwei in das Bauvolumen eingeschnittene Dachterrassen laden bei schönem Wetter zum Draußenlesen ein. Unterirdisch gibt es außerdem eine Tiefgarage. Ihre Zufahrt ist in die Südfassade integriert; die Ausfahrt erfolgt über die Westseite.
Alle Möbel und Einbauten wurden ebenfalls von Max Dudler entworfen. Neben dem vorherrschenden Weiß setzt honigfarbenes Eichenfurnier, etwa bei den Arbeitstischen rund um den Lichtschacht oder dem Mobiliar im Erdgeschoss, Akzente. Als Bodenbelag kam ein hellgrauer geschliffener Betonterrazzo mit lokal gewonnenen Zuschlagstoffen zur Ausführung.
Mauerwerk
Die 63,5 cm starken Außenwände sind zweischalig mit Wärmedämmung und Luftschicht konzipiert. Von innen nach außen sieht der Aufbau folgendermaßen aus: 30 cm Stahlortbeton, auf den eine 14 cm Wärmedämmschicht von durchgehend hydrophobierten Kerndämmplatten aus Mineralwolle mit Glasfaserkaschierung verlegt wurde. Abgerückt um eine 8 cm Luftschicht wurde das 11,5 cm Verblendmauerwerk als Vorsatzschale ausgeführt.
Als Verblender fiel die Wahl auf einen Wasserstrichziegel, der im Normalformat mit 5,4 x 24 x 11,5 cm und im Dünnformat mit 7,4 x 24 x 11,5 cm im Wilden Verband vermauert wurde. Typisch für handwerklich hergestellte Wasserstrichziegel sind die unregelmäßigen „Farbschlieren“ auf den Oberflächen. Dies sorgt bei den geschlossenen Fassadenflächen für ein lebendiges, abwechslungsreiches Erscheinungsbild. An den Stirnseiten des Gebäudes und im Erdgeschoss wurden einige Bereiche als perforiert gemauertes, lichtdurchlässiges Klinkermauerwerk ausgeführt. Die Fugen des Verblendmauerwerks wurden mit Zementmörtel erstellt und abschließend mit einem ¾- Zoll-Rundrohr bündig abgestrichen.
Bautafel
Architekten: Max Dudler, Berlin
Projektbeteiligte: Andreas Enge, Julian Möhring, Berlin (Projektleiter); Roberto Aruta, Min Gi Hong, Tassilo Lochocki, Barnim Lemcke, Berlin (Mitarbeit); Jochen Soydan, Berlin (Projektleitung Wettbewerb), Julian Möhring, Elisabetta Chapuis, Pontus Falk, Philip Kraus, Berlin (Wettbewerbsteam); Architekturbüro Manfred Schasler, Berlin (Bauleitung); wh-p Beratende Ingenieure, Stuttgart (Tragwerksplanung); Herp Ingenieure, Salach (TGA); Conplaning GmbH, Ulm (Elektroplanung); Wolfgang Sorge Ingenieurbüro für Bauphysik, Nürnberg (Baupysik/Akustik); Müller BBM, München (Brandschutz); Ziegelei Hebrok, Natrup-Hagen (Klinker)
Bauherr: Stadt Heidenheim, Geschäftsbereich Hochbau
Fertigstellung: 2017
Standort: Willy-Brandt-Platz 1 , 89522 Heidenheim an der Brenz
Bildnachweis: Stefan Müller, Berlin; Max Dudler, Berlin
Fachwissen zum Thema
Bauwerke zum Thema
KS-ORIGINAL GmbH
Entenfangweg 15
30419 Hannover
www.ks-original.de