Erweiterung Gymnasium Durlet in Antwerpen
Unverputzte Betonsteine für Fassade und Innenraum
Die Erweiterung des Durlet Gymnasiums in Antwerpen fügt dem
Bestandsensemble eine neue architektonische Schicht hinzu. Die
ursprüngliche Vierflügelanlage mit roter Backsteinfassade stammt
aus dem späten 19. Jahrhundert und ist im Neorenaissance-Stil
errichtet. Daran docken drei weitere Riegel an, die aus den
1960er-Jahren stammen. Ausgehend vom Bestand wünschte sich die
Bauherrschaft einen vierten identischen Gebäudeflügel auf der
südwestlichen Seite, der die Symmetrie der Anlage wieder herstellen
würde. Dieser Wunsch war aufgrund der baugesetzlichen Lage
allerdings nicht realisierbar. Das Brüssler Architekturbüro Agwa
entwarf daraufhin einen viergeschossigen Neubau, dessen Sockel zwar
den rechteckigen Grundriss der bestehenden drei Riegel aufnimmt,
die Obergeschosse jedoch wandeln sich zum Kubus und drehen in einem
53-Grad-Winkel vom Erdgeschoss ab.
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Nähe und Distanz zum Bestand
Der Entwurf spielt sowohl im Volumen, als auch in der
Materialwahl mit Nähe und Distanz zum Bestand. Die
Sichtbetonfassade im Erdgeschoss und die Mauerwerksfassade aus
weißen, unverputzten Betonsteinen der Obergeschosse haben einen
rohen Charakter, der sich deutlich vom Bestand absetzt. Zugleich
nimmt das Sichtmauerwerk Bezug zur Backsteinfassade des
Hofgebäudes. Durch die Positionierung des flachen, riegelförmigen
Sockelgeschosses entsprechend der symmetrischen Gliederung des
Bestands, entsteht ein dritter, neuer Hof. Diese erhält durch den
Versatz der Obergeschosse zudem eine Teilüberdachung. Neben dem
Eingangsbereich an der Südseite befindet sich ein der Fassade
vorgesetzter Fahrstuhlschacht aus Sichtbeton, der Hof und Fassade
als eigener Körper mitgestaltet.
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Im Parterre sind ein großzügiger Eingangsbereich, zwei
Treppenhäuser, Sanitärräume und vier Klassenzimmer untergebracht.
Im ersten Obergeschoss gelangen die Schülerinnen und Schüler in
einen offenen Lernbereich mit Zugang zu einer kreisrunden Terrasse
mit weißem Stahlgeländer, die sich auf dem Dach des Erdgeschosses
befindet. Der Raum wird durch eine abgerundete Wand aus
unverputzten roten Hochlochziegeln strukturiert, welche den
Lernbereich vom Treppenhaus trennt. Im zweiten und dritten
Obergeschoss liegen drei weitere Klassenzimmer.
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Spiel mit Material und Verkleidungstechnik
Auch der Innenraum des Gymnasiums ist größtenteils in roher
Materialsichtigkeit ausgeführt. Die Böden sind aus poliertem Beton,
Wände und Decken teils mit einem groben Putz versehen, teils ist
der Beton der tragenden Wände und Decken unverputzt belassen. An
anderen Stellen wiederum werden die Betonsteine der Zwischenwände
sichtbar. In den Innenräumen überlagern sich Materialien und
Verkleidungstechniken, sodass Wände zur Hälfte verputzt und zur
Hälfte roh belassen wurden oder die Installationsschicht unter den
Decken teilweise sichtbar ist, teilweise durch abgehängte Decken
verborgen bleibt. Die Fensterlaibungen sind mit OSB-Platten
verkleidet. Durch salbeifarbene Vorhänge lassen sich die Lernräume
in separate Bereiche gliedern.
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Betonsteine für Fassade und Innenraum
Die zweischaligen Außenwände der Obergeschosse bestehen aus
einer innenliegenden, tragenden Betonschicht und einem Vormauerwerk
aus weißen Betonsteinen mit den Maßen 39 x 19 x 9 cm. Sie sind auf
der Längsseite stehend im schleppenden Läuferverband vermauert. Da keine Sonderformate
hergestellt werden mussten, konnte ein minimaler Steinverbrauch
garantiert werden. Zwischen den Schalen befindet sich eine 14 cm
dicke Kerndämmung aus PUR-Dämmplatten.
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Die Zwischenwände wurden aus hellgrauen, blockförmigen
Betonsteinen (3 DF 240 x 175 x 113 mm) im mittleren Läuferverband
erstellt und weiß verfugt. Die runde Wand aus roten Hochlochziegeln
im gleichen Format entstand ebenfalls im mittleren Läuferverband,
allerdings mit dunklem Mauermörtel.
Die vorfabrizierten Sichtbetonstürze der Bandfenster entsprechen in Höhe und Farbigkeit exakt der Fassadensteine, sodass sie sich völlig unauffällig integrieren. Zum Teil wurden sie über das Fenster hinaus bis an die nächste Gebäudeecke fortgeführt. -lw
Bautafel
Architektur: AgwA, Brüssel
Projektbeteiligte: Bollinger + Grohmann, Brüssel (Tragwerk); Ingenium, Brugge (Gebäudetechnik), Eveka, Sint-Niklaas (Gebäudeenergie)
Bauherr*in: AGSO (Autonoom Gemeentebedrijf Stedelijk Onderwijs Antwerpen)
Fertigstellung: 2019
Standort: Durletstraat 10, 2018 Antwerpen, Belgien
Bildnachweis: Séverin Malaud, Brüssel
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