High School in Thazin
Handgefertigte Klinker im Läuferverband
Die Republik Myanmar (früher Birma, englisch: Burma) im Südosten Asiens gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Irawadi-Region am Golf von Bengalen wird in den Monaten vor und nach dem Sommermonsun regelmäßig von tropischen Wirbelstürmen – sogenannten Zyklonen – heimgesucht. Besonders verheerend war Zyklon Nagis, der im Mai 2008 rund 130.000 Todesopfer forderte und zu wochenlangen Überschwemmungen im Delta des Irawadi führte. Seither engagiert sich der gemeinnützige Verein Projekt Burma aus Filderstadt für die burmesische Bevölkerung mit Hilfsprojekten vor Ort. In Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Architekturbüro Ackermann + Raff entstand im Dorf Thazin eine weiterführende Schule in traditioneller Bauweise mit lokalen Handwerkern und regional hergestellten Klinkern. Sie fungiert künftig auch als Notunterkunft der Dorfbewohner bei Zyklonen.
Gallerie
Rund 350 Kindern und Jugendlichen aus der Region ermöglicht die High School Thazin den Besuch einer weiterführenden Schule. Die Baukosten von ca. 90.000 US-Dollar wurden mit Spendenmitteln finanziert. Auf dem dörflichen Schulareal gruppieren sich die bestehende Grundschule, eine Bibliothek, das Schulleiterhaus und die neue High School um einen zentralen Hof. Dieser wird gerahmt durch einen im Grundriss rechteckigen, umlaufenden Pavillon, dessen offene Struktur aus Holz und Bambus in den Pausen als Sonnen- und Regenschutz dient und zugleich die Schulgebäude witterungsunabhängig miteinander verbindet. Außerhalb der Unterrichtszeiten steht der Pavillon den Dorfbewohnern als Versammlungsstätte und für Veranstaltungen zur Verfügung.
Während die bestehenden Schulbauten eingeschossig sind, wurde das neue Schulhaus als zweigeschossiger Baukörper realisiert. Der Grundriss des länglichen Gebäudes ist einfach organisiert. Im Erdgeschoss befinden sich drei Klassenräume und das Lehrerzimmer, die alle über einen außen vorgelagerten, offenen Gang erschlossen werden. An dessen Enden führt jeweils eine zweiläufige Treppe ins Obergeschoss. In der ersten Etage erschließt ein Laubengang vier weitere Klassenzimmer. Er liegt verborgen hinter ornamentalen, geflochtenen Bambusstreifen als Sicht- und Sonnenschutz.
In den Klassenräumen legten die Architekten Wert auf eine warme, harmonisch wirkende Gestaltung: Dazu tragen die von der Decke abgehängten Bambusmatten bei, die auch die Raumakustik verbessern, sowie bunte Fensterläden mit Lamellen. Dank des Klimas konnte auf Glasfenster verzichtet werden, die Läden dienen lediglich als Regenschutz; in ausgestelltem Zustand unterstützen sie den Sonnenschutz. Die Lamellen der Klapp- und Faltläden sowie ebensolche unterhalb der Dachkonstruktion sorgen für gute Durchlüftung und tragen zu einem angenehmen Raumklima bei.
Mauerwerk
Für die Errichtung des Schulhauses und des offenen Pavillons um den
Hof kamen überwiegend lokal verfügbare Materialien wie Eisenholz
(besonders hartes und dichtes Tropenholz), Bambus und Klinker zum
Einsatz. Das verwendete Holz stammt zu großen Teilen von einem
maroden Vorgängerbau, der abgerissen wurde. Zur Unterstützung der
lokalen Wirtschaft wurden für die Baumaßnahmen Dorfbewohner
engagiert, die von gelernten Handwerken aus der nahe gelegenen
Stadt Pathein angeleitet und ausgebildet wurden.
Als Konstruktion wählten die Architekten die traditionelle
„brick-nogging“-Bauweise, die in Südostasien sehr verbreitet ist.
Es handelt sich um eine Holzskelettbauweise mit Klinkerausfachung
auf einem soliden Betonfundament. Die rötlichen Klinker im Format
22,9 x 10,2 x 7,6 cm wurden als massive Mauerziegel in Pathein von
Hand gefertigt. Das einschalige Sichtmauerwerk ist im Läuferverband mit rötlich pigmentiertem Mörtel in
Fugenlage erstellt; innen ist es hell verputzt.
Bautafel
Architekten: Ackermann + Raff, Stuttgart
Projektbeteiligte: Dorfbewohner aus Thazin und lokale Handwerker aus Pathein
Bauherr: Projekt Burma, Filderstadt
Fertigstellung: 2014
Standort: Thazin, Ngwe Saung, Irwadi Region, Myanmar
Bildnachweis: Julia Raff; Ackermann + Raff, Stuttgart
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