Haus der Bildung in Bonn
Zweischalige Wand mit Kerndämmung
Bauen im Bestand erfordert viel Fingerspitzengefühl. Zuweilen kann dies auch in einer zunächst radikal erscheinenden Lösung zu finden sein – so wie beim Haus der Bildung im Stadtzentrum von Bonn. Der neue Kulturbau entstand durch Teilabriss und Umbau eines großen Gebäudekomplexes und vereint Volkshochschule und Stadtbibliothek unter einem Dach. Entworfen wurde er vom Architekturbüro kleyer.koblitz.letzel.freivogel aus Berlin, das sich 2008 in einem Wettbewerbsverfahren unter 15 Einreichungen durchgesetzt hatte (Baunetz berichtete, siehe Surftipps).
Gallerie
Das Ensemble erstreckt sich von der Münsterstraße entlang des Mülheimer Platzes bis zum Bottlerplatz. Die größte, auch stadträumlich wahrnehmbare Maßnahme des Umbaus war die Schaffung eines neuen repräsentativen und barrierefreien Eingangsgebäudes für das denkmalgeschützte Alte Stadthaus von 1925, das bisher ausschließlich über eine Freitreppe zu erreichen war, die 1,80 Meter über Straßenniveau zum Haupteingang führte. Für den markanten Neubau wurde das benachbarte Siemenshaus, ein Bürogebäude aus den 1950er-Jahren abgerissen Durch eine leichte Drehung des Baukörpers ist der neue Zugang nun auch vom Bottlerplatz sichtbar und für Besucher leicht zu finden.
Ein deutlicher Rücksprung in der Fassade des mit hellen Ziegeln verblendeten Neubaus überdacht den Eingang. Großflächige Verglasungen im Erdgeschoss ermöglichen Einblicke ins Foyer und das Lesecafé und sollen Passanten zum Eintritt anregen. Für die innenräumliche Verzahnung von Volkshochschule und Stadtbibliothek wurden zwei vorhandene kleine Innenhöfe zu einem geschossübergreifenden, überdachten Lese- und Lichthof zusammengeschlossen, der über zahlreiche Oberlichter viel Tageslicht erhält. Um ihn gruppieren sich die Freihandbereiche der Bücherei und die Lehrräume der VHS. Die Stadtbibliothek belegt das gesamte Parterre und im ersten Obergeschoss den rückwärtigen Flügel. Die straßenseitige Hälfte der ersten Etage sowie die beiden darüber liegenden Geschosse sind der Volkshochschule vorbehalten. Die ehemals reinen Erschließungsflure der VHS entlang der Hoffassaden sind heute umlaufende Galerien und unterstützen die visuelle Verbindung der unterschiedlichen Nutzungsbereiche. Die öffentlichen Räume beider Institutionen sind im zentralen Baukörper untergebracht; die Mitarbeiterbüros befinden sich im nördlichen Gebäudeflügel an der Budapester Straße, dem ehemaligen Polizeiflügel. Im rückwärtigen Außenraum zwischen Altem Stadthaus und der historischen Stadtmauer wurd ein von der Bibliothek aus begehbarer Lesegarten angelegt.
Mauerwerk
Für das Verblendmauerwerk kamen Wasserstrichziegel zum Einsatz, deren Farbspektrum von Hellgrau über Beige bis Dunkelgrau reicht. Die Ziegel im Normalformat mit den Maßen 24 x 11,5 x 7,1 cm wurden im Wilden Verband vermauert; die großen Sturzbereiche bestehen aus mit Riemchen verkleideten Betonfertigteilelemente. Aus der Ferne erscheint das Fassadenkleid recht monolithisch, erst aus der Nähe ist das kleinteilige Ziegelmauerwerk mit seiner groben Körnung erkennbar.
Die Außenwände sind zweischalig mit Kerndämmung ausgeführt, da die Auskragung ab dem ersten Obergeschoss und die großen Fensteröffnungen anders nicht umzusetzen waren. Der 43,5 cm starke Wandaufbau setzt sich von innen nach außen wie folgt zusammen: 2 cm Innenputz auf einer 15 cm starken Stahlbetonwand, auf die eine 14 cm dicke Mineralwolleschicht als Wärmedämmung aufgebracht wurde. Abgerückt um eine 10 mm breite Arbeitsfuge wurde das Verblendmauerwerk errichtet.
Bautafel
Architekten: kleyer.koblitz.letzel.freivogel, Berlin
Projektbeteiligte: Büro BIG, Berlin / Bonn (Bauleitung); Schmitz & Giese, Bonn (Tragwerksplanung/ Bauphysik); W33 Ingenieurgesellschaft, Berlin (TGA); Sieslack + Reiche, Bonn (Brandschutz); Büro Leistungsphase, Nordkirchen (Bibliotheksfachplanung); Egernsund Tegl, Egernsund (Vormauerziegel)
Bauherr: Stadt Bonn
Nutzer: Volkshochschule und Stadtbibliothek Bonn
Fertigstellung: 2016
Standort: Mülheimer Platz 1, 53111 Bonn
Bildnachweis: Stefan Schilling, Köln; Christian Richters, Berlin; kleyer.koblitz.letzel.freivogel, Berlin
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