Berufsbildungszentrum in Münnerstadt
Hybride Lüftung und Heizung
Das von Gunther Benkert Architekt in Zusammenarbeit mit Tragraum Ingenieure entworfene Berufsbildungszentrum in Münnerstadt ist nach dem Münchner Lernhauskonzept entwickelt. In fünf Quadern, den Lernhäusern, befindet sich jeweils ein Cluster aus mehreren Klassenzimmern, Räumen für die ganztägige Betreuung und Aufenthaltsräumen für die Lehrkräfte gruppiert um einen sogenannten Marktplatz. Neben einigen passiven Maßnahmen sorgen hybride Lüftungs- und Heizungssysteme für ein gutes Raumklima in dem Neubau.
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Wesentliche Bestandteile des Entwurfs waren eine gute Orientierung, kurze Wege und Transparenz, aber auch robuste Materialien, nachhaltige Konstruktionsweisen und eine maximale Tageslichtausnutzung. Die fünf Lernhäuser sind über Treppentürme verbunden, wodurch zwei zueinander versetzte Gebäuderiegel entstehen, die zusammen mit dem historischen, U-förmigen Bestandsbau eine Art Campushof bilden, eine neue Mitte als Verbindungsraum auf dem Gelände. Die Kubatur des Neubaus orientiert sich an der Höhe des historischen Nachbarn und wahrt dessen Traufhöhe. Herzstück des Schulneubaus ist die multifunktional bespielbare, stützenfreie Aula, die zwischen den beiden Riegeln durch Ausbildung einer großzügigen Glasfuge entsteht. Vertikale und horizontale Erschließungswege verzahnen sich über Magistralen, die durch alle Gebäudeteile führen und sich mal zu Lern- und Aufenthaltsbereichen weiten oder sich im Bereich der Zugänge zu den Räumen verengen.
Solargenerierte Fassade
Ein zentrales Thema für den Architekten und Professor für Gebäudelehre und Gebäudetechnologien Gunther Benkert war die Gestaltung der Fassade. Ziel dabei war es, die Balance zwischen dem optimalen Tageslichteintrag und dem reduzierten Wärmeeintrag durch solare Einstrahlung zu finden. Berücksichtigt werden musste auch, dass in den Klassenräumen ausschließlich digitale Tafeln verwendet werden. Entstanden ist aus diesen Vorgaben eine Metallfassade aus Aluminium-Verbundplatten mit asymmetrischen, tief eingeschnittenen Fensterlaibungen. Ihr nach dem Tagesverlauf der Sonne generiertes Relief ist auf eine möglichst frühe Eigenverschattung und für einen maximalen Lichteintrag angelegt, unter anderem durch Lichtlenklamellen. Das Material Aluminium ist bewusst gewählt, um eine langlebige und wartungsarme Fassade zu erhalten.
Fein abgestimmte Lernatmosphäre
Die Lernhäuser besitzen eine annähernd quadratische Grundfläche
von 22,5 auf 20,6 Metern und sind jeweils nach dem gleichen Prinzip
strukturiert: Die Magistrale durchläuft die Lernhäuser in der
Mitte, die Räume sind zu den Außenwänden hin orientiert.
Klassenzimmer für das Arbeiten in Gemeinschaft, offene Lernbereiche
(die Marktplätze) und Gruppenräume für das Lernen in kleinen
Gruppen bilden die Lernlandschaften in den Obergeschossen. Im
Erdgeschoss befinden sich die Werkstätten wie Schreinerei und
Metallwerkstatt, im Untergeschoss schließlich die Lehrküche. Durch
die Organisation in Clustern soll das Lernen in Klassenverbänden
räumlich wie inhaltlich aufgebrochen werden. Auffällig sind die
zahlreichen Betonflächen im Innenraum, die ohne Sichtanforderung
geschalt und später sandgestrahlt wurden, womit die
Architekturschaffenden den Charakter des Baustoffs herausarbeiten
möchten. Die Atmosphäre der Räume ist ansonsten geprägt von
natürlichen Oberflächen wie Echtholzfurnieren und einer insgesamt
wertigen Verarbeitung. Die kurze Rohbauzeit von nur acht Monaten
wurde durch die Minimierung der Tragstruktur erreicht. Sämtliche
vertikale Tragglieder inklusive der Thermowandelemente des Unter-
und des Erdgeschosses sind Halbfertig- und Fertigteile. Aus
Ortbeton bestehen lediglich die Treppenhauswände und
Decken.
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Hybride Lüftung und Wärmeerzeugung
Der Anspruch hinsichtlich der Gebäudetechnik war zunächst, einen thermisch robusten Bau mit hohen Speichermassen zu konzipieren. Wichtig bei Schulbauten ist zudem, für einen hygienischen Luftwechsel zu sorgen. Deshalb haben sich die Planenden für eine Hybridlüftung (50 Prozent mechanisch, 50 Prozent über Fensterlüftung) mit Wärmerückgewinnung entschieden. Die fünf Lüftungsanlagen mit einem maximalen Volumenstrom von insgesamt knapp 43.900 m³/h konnten dadurch kleiner ausfallen. Mehr noch: Eine aktive Kühlung der Räume ist nicht notwendig, da der Wärmeeintrag über die optimierte Verschattung geregelt und minimiert ist. Die zwischen den Clustern herausragenden Treppen- und gleichzeitigen Lüftungstürme sind gestalterisches Element und außerdem an den Südostfassaden mit Photovoltaikmodulen mit einer Leistung von 24 kWp versehen. Zusätzliche PV-Module können zukünftig auf dem Dach installiert werden. Für die im Winter notwendige Wärmeversorgung sorgen schließlich ein Biomassekessel (Hackschnitzel) mit einer Leistung von 240 kW zur Grundlastversorgung sowie ein Gaskessel mit einer Leistung von 480 kW zum Spitzenlast- und Redundanzbetrieb. An den Raum übergeben wird die Heizungswärme über Fußbodenheizungen und Heizkörper. Die Steuerung funktioniert über eine zentrale Gebäudeautomation mit Fernzugriff und Störmeldeweiterleitung. -tg
Bautafel
Architektur: Gunther Benkert Architekt / Benkert Schäfer Architekten, München
Projektbeteiligte: Helfrich Ingenieure, Bad Kissingen (Gebäudetechnik); Tragraum Ingenieure, Bad Kissingen (Tragwerk); GTL Michael Triebswetter, Kassel (Landschaftsarchitektur)
Bauherr: Landratsamt Bad Kissingen, Caritas-Schulen Würzburg
Bauherr/in: Landkreis Bad Kissingen & Caritas Schulen
Fertigstellung: 2020
Standort: Altstadtweg 1, 97702 Münnerstadt
Bildnachweis: Dieter Leistner, Würzburg; Oliver Heinl, Rednitzhembach; Dee Wayner, Stangenroth; Gunther Benkert Architekten, München; TRAGRAUM Ingenieure PartmbB, Bad Kissingen
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