Schulungsgebäude in Trimbach bei Olten
Heizen und Kühlen mit Grundwasser
Industriegebiete sind üblicherweise keine Orte, wo man außergewöhnliche Architektur erwartet. Im kleinen schweizerischen Trimbach bei Olten ist das anders. Hier befindet sich das Schulungs- und Kundengebäude Optinauta des Haustechnikherstellers Nussbaum, in dem regelmäßig Weiterbildungen, Seminare, Fachtagungen und Versammlungen stattfinden. Geplant wurde der quaderförmige Neubau vom Architekturbüro :mlzd aus dem nahegelegenen Biel.
Gallerie
Hinter der verglasten Gebäudehülle verbergen sich vier Obergeschosse mit je 300 m² Nutzfläche. Unabhängig von der Außenhaut ist jedes von ihnen um 90° zueinander gedreht (Abb. 14 bis 17), sodass sich offene und geschlossene Volumen ergeben, die über geschossübergreifende Lufträume miteinander verbunden sind. Gleichzeitig ergeben sich Auskragungen, die als begrünte Aufenthaltszonen genutzt werden.
Im Untergeschoss des Hauses sind Garderoben, Lagerräume und sanitäre Einrichtungen angeordnet, im Erdgeschoss befindet sich der öffentliche Bereich des Gebäudes. Neben einem großzügigen Foyer mit Empfangsbereich und einer Cafeteria beginnt hier eine Ausstellung, die sich über alle Geschosse hinweg bis unter das Dach erstreckt. Über ein zentrales Treppenhaus gelangen die Besucher in die oberen Geschosse. Auf den nächsten zwei Etagen sind die Schulungsräume Practica und Technica untergebracht, in denen Monteure in praxis- und theoriebezogenen Seminaren unterrichtet werden. Der sogenannte Power Room, ein doppelgeschossig ausgebildeter Mehrzweckraum mit Platz für bis zu 150 Personen, bildet den oberen Abschluss des Gebäudes. Hier können an einer 100 m² großen, interaktiven Installationswand beispielhaft Wasserleitungssysteme und deren einzelne Komponenten exemplarisch vorgeführt werden.
Die Gestaltung der Innenräume ist schlicht, die Materialien Beton, Glas und Stahl dominieren. Auch die hölzernen Türen und Einbaumöbel erhielten einen grauen Anstrich und unterstreichen den Rohbaucharakter des gesamten Hauses. Unter den weißen Faserplatten der Geschossdecken verlaufen Metallrohre und Leitungen der Sprinkleranlage sowie Neonröhren. Farbige Vorhänge an den Fenstern sowie Kunstinstallationen, die aus technischen Komponenten wie Wasserventilen, Bogenstücken oder Schrägsitzventilen gefertigt wurden, setzen Akzente. Ein 15 Meter hoher, hölzerner Installationsturm, der sich über die gesamte Gebäudehöhe erstreckt, legt exemplarisch alle für ein Haus notwendigen Leitungen und technischen Komponenten offen dar. Im Inneren dieses Turmes führt eine schmale Wendeltreppe von Etage zu Etage.
Schmale Aluminiumprofile gliedern die dreifach verglaste Gebäudehülle. An einigen Stellen treten geschosshohe, hellgraue Kalksteinflächen mit großflächigen Festverglasungen hervor, die das Raster der Fassade optisch auflockern.
Gebäudetechnik
Durch das günstige Verhältnis zwischen Fläche und Volumen weist das
Gebäude geringe Transmissionswärmeverluste auf. Gleichzeitig
erzielen die verglasten Fassaden hohe solare Gewinne. Diese können
sich jedoch in den Wintermonaten als nachteilig für das
Innenraumklima auswirken, da an den Randbereichen der Verglasungen
niedriger temperierte Zonen entstehen können. Dem wirken die
geschossübergreifenden Lufträume entgegen, die wie ein klimatischer
Puffer funktionieren und die Temperaturunterschiede zwischen kalter
Gebäudehülle und den beheizten Innenräumen reduzieren.
Über eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe wird ganzjährig die Warmwasserversorgung und Beheizung des Gebäudes sichergestellt. Mittels eines Förderbrunnens wird das circa 12°C warme Grundwasser zur Wärmepumpe geleitet. Ein Wärmetauscher entzieht dem Wasser seine thermische Energie und gibt diese an das Heizwasser weiter. Danach hat sich das Grundwasser um rund 5°C abgekühlt und wird über einen zweiten Brunnen, den Schluckbrunnen, wieder zurück in die Erde geleitet. Durch die ganzjährig konstanten Temperaturen des Grundwassers kann die Wärmepumpe mit durchgehend hohen Leistungszahlen arbeiten. In den Sommermonaten wird das Grundwasser zum Kühlen des Gebäudes verwendet.
Außerdem macht sich das Schulungsgebäude die Prozesswärme einer nahegelegenen Fabrik zunutze. Über eine zentrale Steigzone, die auf der Rückseite des Treppenhauses für jedermann sichtbar angeordnet ist, wird die Wärmenergie im gesamten Haus verteilt. Thermoaktive Bauteilsysteme (TABS) – also Rohrleitungen, die in den massiven Betondecken untergebracht sind – sorgen für eine gleichmäßige Abgabe der Wärme an den Innenraum.
Die Schulungs- und Veranstaltungsräume werden über sichtbar
installierte Zu- und Abluftgeräte mit Wärmerückgewinnung kontrolliert be- und
entlüftet. Zudem befinden sich im Erdgeschoss und im Dachbereich
kleine Flügelöffnungen im Deckenzwischenraum. Ebenerdig wird dem
Gebäude frische Luft zugeführt. Über den Kamineffekt steigt die
warme Abluft bis ins oberste Geschoss auf, wo sie dann
über die Öffnungen entweichen kann. Dadurch kühlt sich das Gebäude
in den Nachtstunden ohne den Einsatz aufwendiger Technik wieder ab,
was vor allem in den Sommermonaten einer möglichen Überhitzung
entgegenwirkt.
Bautafel
Architekten: :mlzd, Biel
Projektbeteiligte: Dr. Lüchinger + Meyer, Zürich (Bauingenieur); Fontana Landschaftsarchitektur, Basel (Landschaftsarchitektur); Amstein + Walthert, Bern (Planung Gebäudetechnik); Sutter + Weidner, Biel (Planung Fassade); Gartenmann Engineering, Bern (Schallschutz und Bauphysik)
Bauherr: R. Nussbaum, Olten
Fertigstellung: September 2011
Standort: Leinfeldstraße 31, 4632 Trimbach
Bildnachweis: Alexander Jaquemet, Erlach
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