Schul- und Sportanlage in Köniz
Minergie-P-Standard dank Erdwärme und Solarstrom
Südwestlich von Bern entsteht derzeit für rund 2.500
Bewohner*innen das neue Quartier Papillon, dessen
städtebauliche Anordnung der Gebäude an Flügel eines Schmetterlings
erinnert. Dazu gehört auch eine neue Schul- und Sportanlage für
insgesamt acht Klassen der Basis- und Primarstufe. Der Baukörper
reagiert auf die leicht hügelige Topographie des Ortes, wodurch
eine polygonale Kubatur entsteht, die durch die rote Fliesenfassade
noch betont wird. Der unbedingt kompakten Form folgt sogar die
vollflächig auf dem Dach angeordnete Photovoltaikanlage, die unter
anderem dafür verantwortlich ist, dass der Neubau dem
schweizerischen Energiestandard Minergie-P entspricht.
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Der zwei- bis dreigeschossige Neubau erhebt sich über einem bumerangähnlichen Grundriss, der dem Verlauf der westlich vorbeiführenden Ringstraße folgt. Vor der Ostfassade in Richtung Felder und Wald spannt sich ein Pausenhof auf, der sich größtenteils auf dem Dach der unterirdischen Sporthalle befindet. Durch das leicht abfallende Gelände entwächst die in Beton ausgeführte Halle dem Hang, so dass an der Südseite eine verglaste Eingangsfront angeordnet werden konnte. Für eine nahezu ganzjährige natürliche Belichtung sorgen außerdem ein Lichthof im Norden sowie verstreut angeordnete Oberlichter, die bodengleich mit Milchglas ausgeführt sind. Die rote Fliesenfassade wird unterbrochen durch die Fensterbänder in Aluminum natur, die bis in die Gebäudeecken geführt werden.
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Gestalterische Klarheit im Innenraum
Im Inneren folgt die räumliche Ordnung einer wechselweisen Lage, sprich, die Korridore liegen mal auf der Ost- mal auf der Westseite. Das große, zentrale Treppenhaus im Knick der Gebäudefigur verbindet die offenen Gänge, die im Schulalltag als erweitere Lernlandschaften genutzt werden. Dadurch ergibt sich eine sinnfällige innere Organisation: Die Klassenzimmer der Jüngsten befinden sich im Erdgeschoss und sind zu den geschützten Außenräumen hin ausgerichtet. Schulleitung, Lehrerzimmer und Hort liegen auf der Pausenplatzebene. Im Obergeschoss blicken die Primarschulklassen auf den Schulhof herunter. Unter dem Dach schließlich profitieren die Werkräume vom blendfreien Nordlicht der Straßenseite und einer interessanten Ausformung der Decke, die sich aus der mehrfach gefalteten Dachform ergibt. Die Gestaltung der Innenräume unterscheidet sich nach Gebrauch, Lage und Orientierung: geschlitzte, weiß lasierte Holzdecken, Linoleum-, Parkett- oder Fliesenböden, Türen und Einbauten aus Ahorn sowie eine darauf abgestimmte Farbpalette.
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Effiziente Heizung durch Erdwärme
Hülle, Ausbau und Haustechnik sind nach den Vorgaben des Energiestandards Minergie-P (zertifiziert nach Reglement 2017) errichtet, die bauliche Ausführung entsprechen den Vorgaben nach eco-bau / KBOB. Beim Innenraumklima gelten die Anforderungen von Minergie-Eco. Ein wichtiger Punkt bei der Planung war die Entscheidung für langlebige Materialien sowie eine hohe Nutzungsflexibilität durch den Einsatz leichter Trennwände. Die Technikzentrale befindet sich in der Gebäudemitte, unterhalb von Schulhausfoyer, Treppe und Nebenräumen. Der Wärme- und Warmwasserbedarf des gesamten Komplexes wird über zwei Sole/Wasser-Wärmepumpen gedeckt – eine Wärmepumpe für die Raumheizung mit einer Leistung von 180 kW (Vorlauftemperatur 35 °C) und einem Pufferspeicher von 3.000 Liter sowie eine Wärmepumpe für das Warmwasser mit einer Leistung von 31 kW (Vorlauftemperatur 65 °C). Rund 250 m tief reichen die insgesamt 14 Erdsonden, die jeweils aus zwei Doppelrohren für das zirkulierende Wasser-Glykol-Gemisch bestehen. Die Übergabe der Wärme erfolgt über eine Fußbodenheizung, die im Sommer auch zur Raumklimatisierung per Freecooling ebenfalls über die Erdsonden genutzt werden kann.
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In die Gestaltung integrierte Photovoltaik
Auf dem Dach, das aus unterschiedlich geneigten Teilflächen mit Neigungen zwischen 5° und 18° besteht, wurden vollflächig PV-Module verlegt. Oberhalb des Betondachs (zur Gewichtsreduktion mit Füllkörpern versehen) gibt es zunächst, wie bei klassischen Flachdächern, eine PUR-Dämmung und eine Bitumenabdichtung. Darauf liegt ein Trägerrost, der gut 400 monokristalline PV-Module als hinterlüftete Aufdachkonstruktion aufnimmt. Der größte Teil der Dachfläche ist mit Serienformaten abgedeckt, die Ränder wurden zusätzlich mit schräg abgeschnittenen Sonderformaten bestückt. Die Entwässerung ist versteckt in das Dach integriert, sodass keine Attika-Aufkantung nötig ist (siehe Bild 22). Die Leistung der PV-Anlage entspricht mit 110 kWp dem Stromverbrauch der Schul- und Sportanlage über den Tag hinweg. Dabei ist berücksichtigt, dass der Betrieb von Schulhauslicht, Werkraum-Maschinen, Fußballfeld-Flutlicht und anderen Verbrauchern nicht zeitgleich stattfindet. Dank geringer Neigungswinkel leisten auch die nach Norden gerichteten Module mehr als vertikal montierte Fassadenmodule. Überschüssiger Strom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist.
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Mechanische Lüftung
Die Innenräume werden über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (75 %) mit Frischluft versorgt. Die Zuluft wird über den kleinen Lichthof auf dem Pausenhof angesogen und die Abluft über das Dach ausgeblasen, wobei der Auslass flächenbündig integriert ist, damit er die Solarmodule nicht verschattet. Insgesamt gibt es vier Lüftungsgeräte für die Unterrichtsräume (12.200 m³/h), die Sporthalle (3.300 m³/h), die Nebenräume mit Garderobe (4.330 m³/h) sowie den Containerraum (140 m³/h). Die Anlage wird mit einer Zeitschaltuhr ein- und ausgeschaltet. Besonders dort, wo sich Menschen längere Zeit aufhalten, wird die Belüftung auch durch den CO₂-Gehalt im Raum gesteuert. Auf eine Möglichkeit zur Nachtauskühlung haben die Planenden verzichtet, da die Fenster allesamt öffenbar sind und der Massivbau außerdem eine thermische Trägheit besitzt. -tg
Bautafel
Architektur: Büning-Pfaue Kartmann Architekten, Basel
Projektbeteiligte: Grünig + Partner, Liebefeld (HLKS-Ingenieure); Eric Langenskiöld, Basler & Hofmann, Zürich (Konzept PVA); Grand Paysage, Basel (Landschaftsarchitektur); Akeret Baumanagement, Bern (Baumanagement); Tschopp Ingenieure, Bern (Bauingenieure); SSE Engineering, Gümlingen (Elektroingenieure); Weber Energie + Bauphysik, Bern (Bauphysik); Architektur und Farbe, Andrea Burkhard, Zürich (Farbe und Material)
Bauherr*in: Gemeinde Köniz, vertreten durch: Abteilung Gemeindebauten
Fertigstellung: 2020
Standort: Papillonallee 232, 3172 Köniz, Schweiz
Bildnachweis: Damian Poffet, Bern; Ruedi Walti, Basel; Büning-Pfaue Kartmann Architekten, Basel
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