Justus-von-Liebig-Schule in Waldshut
Schule im Passivhaus-Standard
Im baden-württembergischen Waldshut entstand mit der Justus-von-Liebig-Schule das erste Schulgebäude Deutschlands, das im Passivhausstandard errichtet wurde. Die Planung stammt von den Architekten Harter und Kanzler aus Waldkirch. Auf einer Fläche von 3.500 m², die sich auf zwei kompakte Baukörper und eine zentrale Halle verteilen, bietet das Gebäude Platz für rund 700 Schüler. Die Halle nimmt die Gemeinschaftsbereiche auf, Unterrichts-, Arbeits- und Gemeinschaftsräume verteilen sich auf die anderen beiden Baukörper.
Gallerie
Die Ziegelfassade als robuste Außenhaut, die tief in der Laibung angeordneten Lärchenholzfenster und die fassadenbündigen Vorverglasungen lassen bereits die besonderen bauphysikalischen Eigenschaften der Außenwände erahnen. Wechselnde Licht- und Schattenspiele auf der Fassade lassen sie im Tagesablauf spannungsvoll veränderlich erscheinen. Bis fast auf den Fußboden reichende Außenfenster der Klassenräume und Flure, die rundum verglaste Schüler- und Lehrerbibliothek und die verglasten Eingangsbereiche stellen eine Verbindung zum Außenraum her. Unterrichts-, Arbeits- und Gemeinschaftsräume.
Für die Schule wurden einfache Materialien verwendet, wobei Sichtbeton in Kombination mit Lärchenholz die Abwicklungen der Wände bestimmen. Linoleumböden, Industrieparkett und im Eingangsbereich Natursteinböden unterstreichen die Einfachheit der Materialwahl. Die Sichtbetondecken stellen jedoch nicht nur ein gestalterisches Element dar, sondern übernehmen, wie auch die massive Bausubstanz der Kalksandsteinwände die Funktion als Wärmespeicher innerhalb des Energiekonzepts.
Gebäudetechnik
Mit dem an der Schule verwirklichten Energiekonzept reduziert sich
der Energiebedarf der Schule um ca. 80%. Durch die Nutzung der
Speichermassen und den Einsatz einer kontrollierten Lüftung mit
Wärmerückgewinnung sowie einem hohen Dämmstandard
der Außenhülle konnte der Heizwärmebedarf der Einrichtung auf unter 15
kWh/m²a gesenkt werden.
Gebäudetechnologie und -nutzung sind voneinander abhängig. Es war 2003 nicht selbstverständlich, dass sich die bei Wohngebäuden bewährte Passivhaustechnologie auch für Schulen eignete. Denn der Unterschied besteht in der unterschiedlichen Anzahl der Nutzungsstunden sowie der intensiveren Betriebsweise in den Nutzungsstunden. Aus energetischer bzw. ökologischer Sicht ist für Schulgebäude der Einsatz einer Lüftungsanlage mit der Möglichkeit der Wärmerückgewinnung zwingender als für ein anders genutzte Gebäude. Aus wirtschaftlicher Sicht hat die Investition in eine große Lüftungsanlage mit wenigen jährlichen Betriebsstunden einen gewissen Nachteil, weil hier die Amortisationszeit sehr lang ist.
Aufgrund dieses Hintergrundes übernimmt die Lüftungsanlage im Winter die Funktion der Heizung. Bedingt durch die luftdichte Gebäudehülle fällt für das Gebäude auch nur ein geringer Wärmebedarf an. Zudem wird zur energetischen Nutzung der Raumabluft die Wärme zu etwa 90% entzogen und der Zuluft zugeführt. Durch den effektiven Sonnenschutz wird auch eine Überhitzung des Gebäudes verhindert. Nachts öffnen sich die Fenster des Gebäudes wobei die Nachtluft das Gebäude durchflutet und die Speichermassen abkühlt. Für den Fall, dass die Nachtkühlung nicht ausreichen sollte, wird die Raumluft im Tagesverlauf mit einem geringen Energieaufwand über die Außenluftenthalpie abgekühlt bzw. die Abluft durch eingesprühtes Wasser befeuchtet. Bei diesem Effekt entzieht die kühle Abluft die Wärme der ins Gebäude geholten Außenluft. Zudem besteht in jedem Raum auch die Möglichkeit einer individuellen Nachlüftung über einen Fensterflügel.
Die RLT-Zentralen wurden als kontrollierte Lüftungsanlagen mit einer Wärmerückgewinnung von 80 bis 85% konzipiert. Ca. 32.000 m³/h Außenluft werden über Erdkanäle zu den Zentralen geführt. Jedem Klassenraum wird über Druckböden 600 m³/h Zuluft, entsprechend einem 2,5-fachen Luftwechsel, zugeführt.
Innerhalb des Foyer-Glasdaches wurde eine Photovoltaikanlage mit insgesamt 101 m² Modulfläche und einer Nennleistung von 4,5 kWp integriert. Eine zweite PV-Anlage wurde mit einer Modulfläche von 150 m² und einer Leistung von 15 kWp auf dem Flachdach installiert. Durch die zwei Anlagen kann der Primärenergiebedarf um 50% gesenkt werden.
Bautafel
Architekten: Harter + Kanzler, Waldkirch
Projektbeteiligte: Harter + Kanzler, Waldkirch mit Edgar Lasarzick, Stühlingen (Bauleitung); Krebser und Freyler, Teningen (HKLS); Büro für Sonnenenergie Dr. Wilhelm Stahl, Freiburg (Fachplanung Passivhaustechnik); Binkert, Albbruck (Raumlufttechnik); Wasmer Haustechnik, Görwihl (Sanitärtechnik); TK Energietechnik, Albershausen (Photovoltaikanlagen)
Bauherr: Gemeinde Waldshut
Fertigstellung: 2003
Standort: Von-Kilian-Straße 5, 79761 Waldshut-Tiengen
Bildnachweis: Photo Conrads, Waldshut-Tiengen
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