Fachklassentrakt Schubart-Gymnasium in Aalen
Null-Energie-Schule mit minmalem Technikeinsatz
Das Schubart-Gymnasium in Aalen – benannt nach dem
Freiheitskämpfer, Schriftsteller und Komponisten Christian
Friedrich Daniel Schubart – ist seit 1912 in einem nach Plänen von
Paul Bonatz errichteten Gebäude untergebracht, ein im Stil des
Traditionalismus errichteter Bau mit markanter Dachlandschaft und
zwei Stirntrakten, die einen vorgelagerten Schulhof bilden. In
direkter Nachbarschaft haben Liebel Architekten nun zusammen mit
Transsolar im Jahr 2019 einen neuen Fachklassentrakt für Chemie und
Biologie errichtet, der mit einem integralen Energiekonzept einen
Null-Energie-Standard erreicht.
Gallerie
Beim Entwurf des Neubaus ging es für die Architekten zunächst
darum, eine adäquate architektonische Antwort auf den
denkmalgeschützten Bestand zu finden. So versteht sich der Entwurf
als eine Ergänzung im bestehenden Ensemble, die die Außenräume neu
definiert und neue Bezüge schafft. Der Baukörper wurde östlich des
Haupthauses platziert und schließt das Schulgelände nach Süden zur
Rombacher Straße hin ab. Um den Blick auf den Altbau nicht zu
verstellen, ist das Erdgeschoss teilweise in den Boden eingegraben
und überwindet dadurch zugleich eine leichte Geländeneigung. Auch
die kompakte Formensprache und die Fassaden aus Beton, Glas und
einer perforierten Holzverkleidung im Obergeschoss nehmen sich
gestalterisch zurück. Einzig das unregelmäßige, dreifache Sheddach
bildet einen markanten Abschluss.
Mit hölzernen Akustikdecken und Wänden aus Sichtbeton werden die
Materialien der Gebäudehülle in den Innenräumen wieder
aufgegriffen. Hellgraues Linoleum als Bodenbelag ergänzt die
Raumgestaltung.
Integrales Klimakonzept
Ein wichtiger Fokus der Planung lag auf dem Energiekonzept, bei
dem die Architekten sich die Kompetenz der Energieingenieure von
Transsolar hinzugeholt haben. Ihr integrales Klimakonzept minimiert
den Einsatz von Technik und sucht die natürlichen Prinzipien von
Licht, Thermik und Erdwärme maximal zu nutzen. Die Grundidee dabei
ist, statt eines Passivhauses mit viel Dämmung in der Fassade eher
durch das Zusammenwirken verschiedener Systeme eine Art Aktivhaus
zu erzeugen, in dem auf Basis einer Primärenergiebilanz über das
Jahr mindestens so viel Energie lokal und regenerativ erzeugt wird,
wie das Gebäude benötigt. Die Bilanz umfasst dabei nicht nur den
Gebäudebetrieb für Heizen, Lüften und Beleuchten, sondern auch den
Nutzerstrom.
Passive und aktive Maßnahmen
Die auffälligen Sheddächer haben sich aus Simulationen mit
verschiedenen Dachformen ergeben, die gezeigt haben, dass mit der
nordorientierten Variante die Tageslichtausbeute am höchsten und
die Gleichmäßigkeit am besten ist. Die nach DIN EN 12464-1:
Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten
geforderte Beleuchtungsstärke von 300 Lux entspricht einem
Tageslichtquotienten von drei Prozent. Beim Neubau werden sogar 5,5
Prozent erreicht, wodurch die Kosten für die präsenz- und
tageslichtabhängige LED-Beleuchtung maßgeblich gesenkt werden
können. Die Energie für die künstliche Beleuchtung wird von einer
Photovoltaikanlage auf dem Dach geliefert. Für ihren Einsatz
spricht auch, dass Energiegewinnung und -verbrauch bei dem
Schulhaus zur gleichen Zeit stattfinden. Eventuell anfallender
überschüssiger Strom wird in den Bestandsgebäuden verwendet,
wodurch eine Einspeisung ins öffentliche Netz nicht erforderlich
ist.
Ideales Raumklima
Detaillierte Berechnungen haben ergeben, dass ein Stoßlüften über die Fenster in den Pausen nicht ausreichend ist, um den CO2-Gehalt in der Luft ausreichend zu reduzieren. Außerdem können die Fenster wegen des Straßenlärms nicht während des Unterrichts geöffnet werden. Deswegen haben die Planer ein hybrides Lüftungssystem aus einer sogenannten Schublüftung in Kombination mit der Fensterlüftung vorgesehen. Dabei sorgt eine über einen 45 Meter langen Erdkanal vortemperierte, mechanische Zuluft für eine passive Grundlüftung. In den Pausen werden die Räume dann zusätzlich durch Öffnen der Fenster gelüftet. Die Oberlichter im Obergeschoss werden außerdem für die Nachtlüftung genutzt, wobei im Winter ein zusätzlicher Wärmetauscher zur Wärmerückgewinnung aus der Abluft genutzt wird. Zum Raumklima tragen auch die massiven und wärmespeichernden Bauteile bei, ebenso sind zur Erwärmung des Gebäudes die verschiedenen Gerätschaften sowie die Lernenden und Lehrenden einberechnet. Die darüber hinaus benötigte Heizwärme kommt von einem Blockheizkraftwerk im Haupthaus, sodass im Neubau auf eine Heizungsanlage komplett verzichtet werden konnte. -tg
Bautafel
Architektur: Liebel Architekten, Aalen
Projektbeteiligte: Transsolar Energietechnik, Stuttgart (Klimatechnik); Ohligschläger Ribarek Roll Beratende Ingenieure, Aalen (Statik); Dr. Ing. Hottmann - Ingenieurbüro für Tragwerksplanung, Schwäbisch Gmünd (Prüfstatik); Geotechnik Aalen (Geologe); Jelli & Burkhard, Aalen (HLS); PBS Ingenieurgesellschaft, Aalen (Elektro); IWB Aalen, Aalen (Bauphysik)
Bauherrschaft: Stadt Aalen
Fertigstellung: 2019
Standort: Rombacher Str. 30, 73430 Aalen
Bildnachweis: Valentin Schmied
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