Wissenschafts- und Kongresszentrum in Darmstadt
Erdwärme- und Solarenergie
Wie ein gewaltiges Raumschiff liegt das Wissenschafts- und Kongresszentrum Darmstadtium im Zentrum der Stadt. Der Entwurf für das verschachtelte Gebäude mit seinen vielen schrägen, spitz zulaufenden Glasflächen stammt vom Wiener Büro Talik Chalabi, die Ausführungs- und Detailplanung übernahm der Darmstädter Architekt Paul Schröder.
Gallerie
Das Gebäude besteht aus zwei Teilen. Im südwestlich gelegenen Baukörper befindet sich ein großzügiges Foyer samt Restauration, Konferenz- bzw. Seminarräume und 1.800 m² Ausstellungsfläche, sein Eingang liegt direkt gegenüber dem Residenzschloss. Als Foyer bildet es auch den Auftakt zum nordöstlich gelegenen Kongresssaal. Dieser bietet über 1.600 Zuschauern Platz und verfügt über eine Deckenhöhe von 14 m. Variable Trennwände lassen drei kleinere Säle entstehen, die durch Hubpodien als Auditorien für Kongresse oder Konzerte nutzbar sind, auch Galadiner oder Messen können dort veranstaltet werden. Die Baufluchten lassen keinen rechten Winkel erkennen. Alle Ecken weisen entweder stumpfe oder sehr spitz zulaufende Winkel auf; viel Glas, Metall und Stein prägen die Materialität.
Gebäudetechnik
Der Erdluftkanal befindet sich in einer Tiefe von bis zu 13 m
unterhalb der Bodenplatte. Die Erdtemperatur weist in diesem
Bereich einen konstanten Wert von 10°C auf und ist daher im Sommer
kühler und im Winter wärmer als die Außenlufttemperatur. Der
Synergieeffekt der Erdwärmenutzung besteht einerseits in der großen
Temperaturdifferenz zwischen der hohen Außentemperatur im Sommer
und andererseits in der sehr hohen Luftmenge mit einem Durchsatz
von 160.000 m³/h.
Im Sommerbetrieb wird die erwärmte Luft von den Ventilatoren der insgesamt zehn Klimaanlagen durch den Erdluftkanal gesaugt und von diesem abgekühlt. Erst wenn die abgekühlte Luft die Klimazentralen erreicht hat, wird diese auf die erforderlichen Raumkonditionen hinsichtlich der Zulufttemperatur und relativen Luftfeuchte konditioniert. Die der jeweiligen Raumfunktion zugeordneten Konditionen werden nach Bedarf mittels Luftenthalpiesensoren gesteuert, sodass in dem lichtdurchfluteten Gebäude auch die Behaglichkeitskriterien eingehalten werden. Ebenso besteht im Umkehrschluss für den Winterbetrieb aufgrund des Temperaturgefälles von der mittleren Außentemperatur -12°C zur Erdtemperatur 10°C ein Wärmegewinn. Aufgrund der Nutzung der Erdwärme über den Erdluftkanal soll sich der Energieverbrauch für die Klimaanlagen um bis zu 50% reduzieren. Dieses entspräche einer jährlichen Kosteneinsparung im Bereich der Wärme- und Kälteerzeugung von ca. 40.000 Euro.
Damit sind die Vorzüge des Erdluftkanals jedoch noch nicht ausgereizt, denn mit dieser Technologie werden noch weitere Funktionen umgesetzt. Da das Kongresszentrum mit seinen Gründungen auf eine Übergangsschicht von Fels zu Sand aufliegt (Rheingraben), bildet der betonierte Erdluftkanal als Teil der Bodenplatte gleichzeitig eine statisch wichtige Komponente. Zudem wird der 250 m lange und 6,0 m breite bzw. 1,60 m hohe wasserundurchlässige Betonkanal als Medienkanal für Wasser, Strom und Luft verwendet.
Neben der Errichtung des Erdluftkanals gibt es noch weitere Komponenten im Konzept der ökologischen Nachhaltigkeit des Gebäudes. Dazu gehören eine im Dach integrierte Photovoltaikanlage, der Einsatz von Verdunstungskühlung zur Erzeugung von Kälte ohne Strom und Kältemittel sowie Wärmeerzeuger, die mit Holzhackschnitzeln betrieben werden.
Bautafel
Architekten: Talik Chalabi Architects, Wien (Entwurf); Funk & Schröder Architekten, Darmstadt (Ausführungs- und Detailplanung)
Projektbeteiligte: Goldschmidt, Fischer & Partner, Heusenstamm (Betreuung der VOF-Ausschreibung); Ebert-Ingenieure, Frankfurt (Energiekonzept)
Bauherr: Wissenschaftsstadt Darmstadt; Technische Universität Darmstadt (TUD); Bundesland Hessen
Fertigstellung: 2007
Standort: Schlossgraben 1, Darmstadt
Bildnachweis: Jürgen Mai für Darmstadtium, Darmstadt
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