Bundesministerium für Verbraucherschutz in Berlin
Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) im historischen Zentrum Berlins musste vergrößert werden. In einem Neubau, der sich an die bestehende Hochschule für Musik Hanns Eisler anlehnt, entstanden die dringend benötigten Flächen. Der Entwurf des Berliner Büros Anderhalten Architekten folgt der städtebaulichen Blockrandbebauung und schließt eine Baulücke an der Französischen Straße, Ecke Wilhelmstraße (siehe Grundriss Bild 7).
Gallerie
Der Neubau kontrastiert die benachbarten Bestandsgebäude durch seine geschwungene Fassade mit horizontalen Lichtbändern. Die leichten Fassadenwellen sollen die innere Struktur auch im Außenraum sichtbar machen. Mit sechs Etagen schließt das neue Gebäude auf der gleichen Traufhöhe ab wie seine fünfgeschossigen historischen Nachbarn. Im EG befinden sich Besucher- und Konferenzzone sowie eine Cafeteria. Die Obergeschosse sind zweihüftig als konventionelles Verwaltungsgebäude organisiert. Ein lang gestrecktes Atrium in frei geschwungener Form verbindet die Geschosse und leitet gleichzeitig Tageslicht bis tief ins Innere. Zwei Aufzüge verbinden alle Ebenen von Neu- und Altbauten barrierefrei. Alle Türen und Einbaumöbel bestehen aus Holzwerkstoffen, die Bodenbeläge variieren zwischen Naturstein, textilem Belag, Linoleum und Stabparkett.
Das Gebäudekonzept steht im Zeichen der Energieminimierung, die
Anforderungen der EnEV werden weit unterschritten. Zum
Raumklimakonzept gehört eine Betonkerntemperierung bei
gleichzeitiger natürlicher Be- und Entlüftung über das Atrium.
Durch die Betonkerntemperierung werden die Betondecken als
Speichermasse mitgenutzt. Je nach Lastfall wird warmes oder kaltes
Wasser durch die eingegossenen Rohre geleitet und somit Wärme ab-
oder zugeführt. Die Sichtbetondecken sind nicht verkleidet und im
direkten Kontakt mit den Gebäudemassen. Dadurch ist die
Wirkungsweise besonders effizient. Die natürliche Durchlüftung des
Atriums wird ausschließlich durch thermischen Auftrieb bewirkt. Im
1. OG befinden sich Zuluftöffnungen, Abluftöffnungen liegen im
Sheddach über dem 5.OG. Das Sheddach reguliert neben der
Lüftung auch die Verschattung bzw. Belichtung des Atriums.
Aufgrund seiner Vorbildfunktion sollten beim Neubau bzw. bei der
Bestandssanierung des Ministeriums überwiegend Baumaterialien aus
nachwachsenden Rohstoffen zum Einsatz kommen.
Wärmedämmung/Konstruktion
Bei den verwendeten Dämmstoffen kamen mindestens acht
unterschiedliche Materialien zum Einsatz, alle wurden im Hinblick
auf die nachwachsenden Rohstoffe, verwendete Primärenergie und aufgrund ihrer
bauphysikalischen Eigenschaften ausgewählt. Der Neubau wurde als
Massivbau, überwiegend in Ortbeton errichtet. Der Beton übernimmt
tragende und als Sichtbeton auch gestalterische Aufgaben. Die
horizontal gegliederte Fassade ist außen mit Mineralwolle gedämmt und mit spaltrauem
Naturstein im wilden Verband bekleidet. Die horizontalen
Lichtbänder sind teils rahmenlos, teils mit hölzernen Elementen
sowie Drehkippfenstern aus Lärchenholz ausgeführt.
Die tragende Bodenplatte wurde unterseitig mit Schaumglas
gegen das Erdreich gedämmt, das Flachdach erhielt eine herkömmliche
EPS-Dämmung im Gefälle und eine zweilagige Bitumenbahn-Abdichtung.
Alle massiven Flurtrennwände sind mit feuchteregulierendem Lehm
verputzt, leichte Bürotrennwände bestehen aus C-Profilen mit
aufgeschraubten Lehmbauplatten und einer Hanfdämmung. Die dem
Atrium zugewandten Betonbrüstungen erhielten eine Bekleidung aus
Blähglasgranulat, das die Akustik reguliert.
Der historische Altbau ist eine massive Mauerwerkskonstruktion
mit Ziegeldecken. Sohle und Fundamente erhielten eine nachträgliche
Perimeterdämmung. Dafür musste der gesamte
Bodenaufbau im Erdgeschoss entfernt werden. 20 cm starke
Mineralschaumplatten verstärken nun den Wärmeschutz der Außenwände,
sie konnten einfach auf das Bestandsmauerwerk aufgeklebt werden. Um
die Wärmebrücken im Bereich der Fenster zu
minimieren, ist der alte Maueranschlag für die Blendrahmen
abgeflext worden. Dadurch konnten die Blendrahmen in voller Breite
mit mindestens 8 cm nachträglicher Dämmung ausgestattet werden.
Ausschlaggebend für die Wahl von Mineralschaumplatten war ihre
geringe CO2-Freisetzung bei der Produktion.
Die massiven Innenwände des Altbaus erhielten einen Feuchte
regulierenden Kalkputz, der Dachstuhl ist nach historischem Vorbild
neu errichtet und mit 26 cm starken Flachsdämmplatten
ausgestattet.
Der spezifische Heizenergiebedarf beträgt nach der
Sanierung 90,6 kWh/m²a.
Bautafel
Architekten: Anderhalten Architekten, Berlin
Bauherr: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Projektbeteiligte: Krebs und Kiefer, Berlin (Tragwerksplanung); Thomanek Duquesnoy Boemans, Berlin (Außenanlagen); Dresdner Ökotherm, Berlin (Haustechnik); A. Hartung, Köln (Lichtplanung); IEMB, Berlin (Schallakustik, Energieeinsparung); Müller-BBM, Planegg (Thermische Simulation); Müller BBM, Berlin (Brandschutz)
Fertigstellung: 2010
Standort: Wilhelmstraße 54, Berlin
Bildnachweis: Ursula Böhmer, Berlin; Anderhalten Architekten, Berlin
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