Kindergarten am Palais de l’Alma
Lehm und Holz für ein gutes Raumklima
In der Rue de l'Université im siebten Pariser Arrondissement befindet sich von einer Mauer umgeben der Garten des Palais de l’Alma. Nur die Spitzen eines geschwungenen Gründaches lassen darauf schließen, dass die historische Anlage um ein Gebäude erweitert wurde. Das Architekturbüro Atelier Régis Roudil hat hier einen Kindergarten aus Holz und Lehm errichtet. Das Palais, das der Architekt Jacques-Martin Tétaz im Jahr 1861 für Kaiser Napoleon erbaut hat, beherbergt heute die Verwaltung und Dienstwohnungen des Präsidialamts. Der Neubau im Garten bietet Platz für 24 Krippenplätze und ist für die Kinder der Mitarbeiter*innen gedacht.
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Kontrastreiche Symbiose
Für die regelmäßigen Patrouillengänge der Sicherheitskräfte des Palais de l’Alma verbleibt gerade genug Platz zwischen der südlichen Mauer und dem langen, flachen Baukörper. Zum Norden grenzt der schmale Außenbereich des Kindergartens sich durch einen regelmäßigen Zaun aus eng aneinander gereihten Holz-Staketen vom Garten ab. Bis auf den Holzzaun, der zum Schutz des baumbestandenen Grünraums eine Kurve schlägt, bestimmen gerade Linien die Außenraumgestaltung und Kubatur des Neubaus. Die zurückhaltende Architektur stellt einen Kontrast zum monumentalen Nachbarn dar und fügt sich gleichzeitig harmonisch in das Ensemble ein.
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Ton in Ton
Mit einer großzügigen Verglasung öffnet sich das Gebäude in Richtung Garten und Präsidialamt. Zwei U-förmig angelegte Gebäudeenden aus Lehm umrahmen die dort angeordneten Nebenräume. Die monolithischen Außenwände wurden in Stampflehmtechnik gefertigt. Bei der Herstellung werden die jeweils 12 Zentimeter hohen Erdschichten mit einem hydraulischen Stampfgerät auf 8 Zentimeter verdichtet. Nach jeder sechsten Schicht wurde zur Stabilisierung der Wände eine horizontale Kalkschicht eingefügt, die gleichzeitig als Erosionsbremse fungieren soll. Um die bruchanfälligen Gebäudeecken zu schützen, wurden hier Kalkschichten nach jeder einzelnen Schicht eingearbeitet. Das sich aus der Stampf- und Schichttechnik ergebene Muster prägt die Fassadengestaltung.
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Der mittlere Baukörper sowie die Verkleidung und der Dachstuhl des Neubaus bestehen aus Holz. Das tragende Skelett ermöglicht die Öffnung der Fassade und schafft einen großzügigen Spielbereich im Zentrum des Gebäudes. Wände aus Holz und Glas trennen den Hauptraum von den Schlafbereichen und Toiletten. Der Fußboden besteht aus gegossenem, recyceltem Kork und verbindet die einzelnen Räume optisch miteinander. Der weiche Bodenbelag sorgt für Schalldämmung und Stoßdämpfung und soll so eine sichere und angenehme Umgebung für Kinder schaffen. Zusätzlich tragen eingebaute Holzmöbel zur ruhigen Atmosphäre des Kindergartens bei.
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Materialien für das (Raum-)klima
Nach Berechnungen der Architekt*innen bestehen rund 82 Prozent der Baumasse aus Holz. Das aus Frankreich stammende Baumaterial wurde zu großem Teil über die Seine transportiert. Die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen und der Schiffstransport sollen die CO2 - Bilanz des Gebäudes reduzieren. Daneben sorgen Stampflehm und Kork durch ihre diffusionsoffene Beschaffenheit für ein gesundes Raumklima. Als reines Naturprodukt lässt sich der Lehm außerdem bei Bedarf wieder in den Baustoffkreislauf einfügen und weiterverarbeiten. Das spart Ressourcen und Energie. Die Materialpalette spiegelt die ökologischen Ambitionen der Bauherr*innen wider und ermöglicht ein behutsames Projekt auf vielen Ebenen.
Bautafel
Architektur: Atelier Régis Roudil, Aix-en-Provence
Projektbeteiligte: Vessiere (Tragwerksplanung); B52 (Technische Gebäudeausstattung); ECO+ (Kostenanalyse und Wirtschaftlichkeitsprüfung); EODD (Planung und Überwachung der Umweltqualität); Via Sonora, Paris (Akustik)
Fertigstellung: 2022
Standort: 11 quai Branly, 75007 Paris, Frankreich
Bauherr*in: Présidence de la République
Bildnachweis: Florent Michel, Paris