Kita und Fachakademie in Fellbach
Modulbau mit Doppelnutzung
Ist Modulbau langweilig und monoton? Nein, das zeigt das neue
Kitagebäude in Fellbach und gibt zudem gute Gründe, weshalb
Modulbau im Sinne der Nachhaltigkeit sinnvoll ist. 120 Kinder
besuchen die Kita gemeinsam mit rund 75 Schülerinnen und Schülern
der Fachakademie für Pädagogik. Das Konzept des Gebäudes basiert
auf Synergien: Die Pädagogikstudierenden befinden sich im gleichen
Gebäude wie die Kitakinder und können im Alltag die Beziehungen zu
den Kindern pflegen sowie ihre Praktika absolvieren. Als Rahmen für
die geschickte Doppelnutzung im AUftrag von der auf Bildung und
Betreuung spezialisierte Einrichtung Konzept-e bot sich die
Modulbauweise an. Nur vier Monate nach den Fundamentarbeiten konnte
das Haus schon bezogen werden.
Gallerie
Gemeinsam lernen
Kinder und Studierende betreten den
Neubau durch den gemeinsamen Haupteingang. Er mündet in ein
abgeschlossenes Foyer. Die Fachschüler und Fachschülerinnen haben
im 2. Obergeschoss – abseits vom Trubel des Kindergartens – ihre
Lern-, Team- und Besprechungsräume. Auf dem gleichen Geschoss kann
sich auch die Kita-Leitung ins Büro oder in die Teeküche
zurückziehen. Die Räume wurden den pädagogischen Konzepten der
beiden Einrichtungen angepasst. In der Kita im Erdgeschoss dürfen
sich die Kinder frei in unterschiedlichen Themenbereichen bewegen
und selbst entscheiden, wann sie was, wo, wie und mit wem spielen
wollen. Das Raumprogramm gliedert sich daher in sogenannte
Funktionsräume, die bestimmten Tätigkeiten zugeordnet sind: eine
Werkstatt, ein Atelier, einen Bewegungsraum, ein Zimmer für
Rollenspiele, eines für Musik und Theater und gar eines für
Abenteuer.
Getrennte Bereiche für Groß und Klein finden sich auch in den Außenanlagen. Hier gibt es alles, was das Kinderherz begehrt: Schaukeln, Klettergerüste, Sandkästen und Rasenfläche zum Toben. Das Konzept von Alho Systembau sieht vor, dass der Garten von jedem Raum im Erdgeschoss aus zugänglich ist. Die oberen Etagen haben jeweils eine Tür zum umlaufenden Balkon mit Treppe zum Garten.
Funktionsräume und Marktplätze
Im Erdgeschoss und
ersten Obergeschoss ist die Grundrissorganisation des 30 x 27 Meter
großen Baus nahezu identisch. Alle Räume werden über große
Fensterflächen natürlich belichtet. Die rundherum laufenden
Laubengänge dienen sowohl als Fluchtweg im Brandfall als auch als
außenliegende Spielzonen. Im Innern der Grundfläche befinden sich
die Sanitärkerne, die die übrigen Räume von den sogenannten
Marktplätzen separieren. Die Marktplätze dienen als gemeinsame
Spiel- und Aktionsflächen. Im Erdgeschoss wird die Fläche als
Speisesaal für die Mahlzeiten genutzt. Dank des Modulrasters konnte
der 70 bis 90 m² große Marktplatz weitestgehend stützenfrei
gestaltet werden und bietet damit viel Flexibilität.
Je früher die Entscheidung zum Modulbau fällt, desto besser. Der Grundriss wurde den Nutzungsbedürfnissen und dann der seriellen Bauweise angepasst. Hohe Ansprüche galten der Sicherheit der Kinder: So sind die Brüstungen besonders sicher ausgebildet und Treppen besitzen nie mehr als sieben Stufen, um gefährliche Stürze zu vermeiden.
Im Innenausbau war die haptische Qualität der Materialien gefragt. Man hat daher Naturmaterialien wie Holz-Aluminium-Fenster und Bodenbeläge aus Linoleum gewählt. Die feinen, grau lackierten Latten der Fassade sorgen für ein lebhaftes Spiel aus Licht und Schatten.
Nachhaltigkeit von Modulgebäuden
Im Vergleich zu
konventionellen Bauarten benötigen Modulgebäude nur wenig graue
Energie. Obwohl die Stahlindustrie zu den
energieintensivsten Branchen gehört, ist Stahl auch das Material,
das weltweit am meisten recycelt wird. Rund 99 Prozent des
Baustahls werden recycelt und die Nebenprodukte der Stahlindustrie
kommen in der Zementindustrie, im Straßenbau, als Düngemittel, in
der Lackindustrie oder der IT-Branche zum Einsatz. Die besonderen
Recyclingeigenschaften von Stahl und der damit geschlossene
Werkstoffkreislauf relativieren zum Teil den Energieaufwand bei der
Herstellung.
Die Module für die Kita wurden in modernen Produktionshallen unter industriellen Bedingungen seriell vorgefertigt. Diese Optimierung reduziert den Ressourceneinsatz um 36% sowie den Abfall um 70% gegenüber dem konventionellen Bauen. Durch den hohen Vorfertigungsgrad dauert die Bauzeit vor Ort nur wenige Wochen: die Belastung der Umwelt durch Schmutz, Lärm und Abfälle auf der Baustelle vermindert sich entsprechend. In Zahlen waren dies 20% weniger Baustellenverkehr und 50% Reduktion von Lärm und Baustaub.
DGNB-zertifiziert
Das verwendete Bausystem besitzt das DGNB Vorzertifikat Gold und bei zusätzlicher Berücksichtigung des Standorts kann das Modulgebäude den Platin-Status erreichen. Ein wesentliches Kriterium der Nachhaltigkeit nach DGNB ist die Möglichkeit der Umnutzung, um eine möglichst lange Lebensdauer des Gebäudes zu gewährleisten. Ein Modulgebäude wie die Kita in Fellbach mit ihrer freitragenden Stahlskelettstruktur kann mit nichttragenden Innenwänden flexibel verändert werden. Der Bau lässt sich einfach umgestalten, vergrößern oder verkleinern. Die Stahlmodulbauweise entspricht dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Das Gebäude lässt sich rückstandslos zurückbauen und in einzelne Module zerlegen. Es kann beliebig an einem neuen Ort aufgebaut werden oder – wird es tatsächlich nicht mehr benötigt – im Werk sortenrein recycelt werden. -sh
Bautafel
Architektur: ALHO Systembau, Morsbach
Bauherr/in: Konzept-e, Stuttgart
Fertigstellung: 2020
Standort: Kienbachstrasse 20, 70734 Fellbach
Bildnachweis: Alho Systembau, Morsbach
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