_Nachhaltig Bauen
Hortgebäude in Berlin
Gebaute Waldorfpädagogik
Zwischen sozialistischen Plattenbauten, gründerzeitlichen Blockrandstrukturen und dem jüdischen Friedhof Weißensee passt sich der Hortneubau der Freien Waldorfschule im Norden Berlins ein. Als schlangenförmiges Anhängsel reihen sich die wabenförmigen Volumen aus Holz an das sanierte Bestandsschulhaus, einen fünfgeschossigen Modulbau der 1970er-Jahre. Aufgrund der wachsenden Schülerzahl schrieb die Schulleitung einen Wettbewerb für mehrere Erweiterungsbauten aus. Der Entwurf von Mono Architekten begegnet dem Platzmangel mit fünfeckigen Volumen, für deren Errichtung Holz und andere nachwachsende Rohstoffe verwendet wurden.
Gallerie
Drei von fünf Phasen
Das Projekt sieht insgesamt fünf Bauphasen vor, von denen drei
abgeschlossen wurden: der Hortneubau, die Fassadensanierung des
Bestands und die Schulhoferneuerung mit Mensaterrasse und. In den
zwei ausstehenden Bauphasen sollen ein Saalbau sowie ein
Oberstufentrakt, ebenfalls in Form von fünfeckigen Holzbauten, dem
Bestandsgebäude angefügt werden. Der Hortneubau rahmt Teile des
Schulhofs und funktioniert zugleich als Rücken zur Straße hin. Die
Vor- und Rücksprünge schaffen unterschiedliche Außenräume mit
spezifischen Funktionen wie Hauptzugang oder Spiel- und
Pausenzonen. Der Neubau, der in sechs Gruppenräumen Platz für etwa
150 Kinder der 1. bis 6. Klasse bieten soll, ist größtenteils
eingeschossig mit Ausnahme von Spielemporen, die von außen als
gestaffelte Dachaufbauten ablesbar sind. Die Dächer sind begrünt
und neigen sich leicht in unterschiedliche Richtungen.
Vom bestehenden Schulhaus her führt eine breite Erschließungszone durch den Neubau. Zwei geknickte Lehmwände rahmen eine Garderobe vor den jeweiligen Eingängen zu den paarweise angeordneten Gruppenräumen. In jedem der ebenfalls pentagonalen Gruppenräume erreichen die Kinder über eine Treppe die Spielemporen. Die Architekturschaffenden achteten darauf, dass sich Aufenthaltszonen, Garderobenbereiche, Kommunikations- und Bewegungsflächen abwechseln. Sie suchten zudem den direkten Außenbezug mit ebenerdigen Ausgängen und Blickbezügen von den Spielemporen in die Baumkronen.
Nachhaltigkeit: Holzständerkonstruktion mit Strohdämmung und
Lehmputz
Um den waldorfpädagogischen Ansatz auch in der Architektur
widerzuspiegeln, setzte das Planungsteam nicht nur auf organische
Formen. Sie strebten den größtmöglichen Einsatz an naturbelassenen
und nachwachsenden Baustoffen an, was an diesem überwiegend
betonierten Ort wie ein Manifest des ökologischen Bauens wirkt.
Nicht lasttragende Strohballen dämmen die Holzständerkonstruktion
und der 40 cm dicke Lehmputz sorgt für ein gesundes Raumklima. Die
Wandheizung ist in die Außenwände integriert. Die ergänzende
Fußbodenheizung wird ebenfalls mit Fernwärme
betrieben.
Zellulosedämmung, Kieferböden und unbehandelte
Oberflächen
Die Sparrendächer sind mit Zellulose gedämmt. Unter den steigenden
Traufhöhen entfaltet sich das Fassadenkleid aus senkrechten
Lärchenholzbrettern unterschiedlicher Breite und Tiefe, um eine
bewegte Oberfläche zu erreichen. In den Gruppenräumen finden sich
Kieferböden und aus Weißtanne maßgefertigte Einbauten und Möbel.
Der Garderobenflur hebt sich mit einem mit Steinöl behandelten
Estrichboden von den hölzernen Spiel- und Garderobenelementen ab.
Insgesamt wurde die natürliche Farbigkeit der Materialien
unterstrichen, indem Oberflächen möglichst unbehandelt blieben.
Kollektives Bauen
Pastellfarbener Lehmputz schafft eine behagliche Atmosphäre. Unter
dem Motto „Schule baut Schule“ suchten die Architekten schon früh
die Beteiligung von Schülern, Lehrer und Eltern sowie Handwerkern.
Ein Großteil der Bauleistungen setzten Schülerinnen und Schüler des
Oberstufenzentrums der Knobelsdorffschule um, was den Bauprozess
für die Bauherrschaft kostengünstig und für die Jugendlichen sehr
lehrreich machte. Für den Bau erhielten Mono Architekten mehrere
Auszeichnungen darunter im Bundeswettbewerb HolzbauPlus 2018 den
ersten Preis in der Kategorie Öffentliches Bauen Neubau & Bauen mit
Bestand. –sh
Bautafel
Architektur: MONO Architekten, Berlin (Daniel Schilp, André Schmidt und Jonas Greubel)
Projektbeteiligte: bfp&r Büro für Planung und Raum, Berlin (Projektsteuerung); gm013 Landschaftsarchitektur, Berlin (Landschaftsarchitektur); WTM Engineers, Berlin & Hamburg (Tragwerk & Bauphysik); TPLAN Ingenieurgesellschaft, Berlin (Haustechnik); HSP Ingenieure, Berlin (Brandschutz)
Bauherrschaft: Freie Waldorfschule am Prenzlauer Berg, Berlin
Fertigstellung: Etappenweise seit 2017
Standort: Gürtelstr. 16, 10409 Berlin
Bildnachweis: Gregor Schmidt, Berlin