Robotik im Mauerwerksbau
Baustellenorganisation im digitalen Zeitalter
Bereits in den 1990er-Jahren wurde an der automatisierten Vorfertigung von Mauerwerkstafeln geforscht sowie an Robotern für den Einsatz auf der Baustelle. Bei den damaligen Prototypen mussten allerdings viele Arbeiten noch manuell ausgeführt werden. Inzwischen ist Robotik im Bauwesen stark im Aufschwung und auch im Bereich Mauerwerksbau gibt es laufend neue Entwicklungen. Zeit für einen kurzen Überblick über einige der interessantesten, gegenwärtigen Projekte und einen vorsichtigen Blick in die Zukunft.
Gallerie
An der ETH Zürich stellten Forscher kürzlich den In Situ
Fabricator vor, der sich auf Laufketten fortbewegt und sich
damit autonom auf der Baustelle bewegen kann. Er reagiert sogar auf
Toleranzen im Arbeitsprozess und kann sich selbstständig neu
ausrichten. Der Roboter kann außerdem nicht nur mauern, sondern
auch Bewehrungen schweißen. Zum Einsatz kam er bereits beim Bau des
DFAB House in Dübendorf (siehe Objekte zum Thema und
Surftipps).
Der Hersteller wienerberger wiederum entwickelte im Partnerschaftsabkommen mit Fastbrick Robotics Limited (FBR), einem australischen Bauroboterunternehmen, den Roboter HadrianX, der von einem LKW aus lagenweise Steine setzt und ganze Gebäude erstellen kann. Die Steine werden auf Paletten eingelegt und von dem auskragenden Greifarm auf die Baustelle gehoben. Ein Stabilisierungselement gleicht Toleranzen, Vibrationen und Windeinflüsse aus. In Australien errichtete der Roboter bereits einen eingeschossigen Bungalow (siehe Surftipps).
Die Kalksandsteinindustrie interessiert sich derweil mehr für den an der Universität Duisburg-Essen entwickelten Seilroboter, der Hebeprozesse erleichtern soll. Dieser schwebt an Stahlseilen über der Baustelle, abgespannt über vier Pylonen. Dadurch braucht er sehr wenig Platz und kann sich trotzdem dreidimensional hin und her bewegen, Steine greifen, versetzen und platzieren (siehe auch Tipps zum Thema und Surftipps).
Doch wie werden diese Errungenschaften den Bauprozess der Zukunft verändern? Prof. Dr.-Ing. Eric Brehm, Bauingenieur und Professor für Stahlbeton- und Mauerwerksbau an der Hochschule Karlsruhe wagt eine Prognose: „Zurzeit lohnt sich der wirtschaftliche Einsatz von Mauerwerksrobotern noch nicht – das wird sich jedoch mit ihrer Markteinführung ändern. Ich schätze, damit ist in den nächsten zehn Jahren zu rechnen. Die Baustellenorganisation wird sich komplett verändern und neue Geschäftsmodelle etablieren sich: die Vermietung von Robotern beispielsweise oder ein Wiedereinstieg der Hersteller in das Baugeschäft, indem sie zum Beispiel die Roboter und die vorkonfektionierten Steine mitliefern.“ Der Einsatz von Robotern wird sich daher erst einmal auf serielle Haustypen und Bauträger fokussieren, da individuelle Projekte und Umbauten weiterhin gut ausgebildete Handwerker bedürfen.
Bis zur Markteinführung von Mauerwerksrobotern müssen nicht nur durchgängige Prozessketten von der Herstellung bis zur Baustelle und dazugehörige Software geschaffen werden, sondern auch die Baustelle muss neu organisiert werden: Nach den heutigen Regeln des Arbeitsschutzes muss nämlich ein Roboter stillstehen, sobald sich irgendetwas oder irgendjemand auf der Baustelle bewegt. Um trotzdem parallel arbeiten zu können, gäbe es die Möglichkeit, die Baustelle zu zonieren. Professor Brehm sieht in der Baustelle 4.0 und den dazugehörigen Veränderungen in der Berufsstruktur eine Möglichkeit, kommende Generationen für das Berufsfeld Mauerwerksbau zu begeistern und den Fachkräftemangel zu meistern.
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