Wohnhaus Sitio da Leziria in Alcácer do Sal
Umbau eines alten Pferdestalls
Gallerie
Die kleine Stadt Alcacer do Sal in der portugiesischen Region
Alentejo profitierte jahrhundertelang von ihrer Lage am schiffbaren
Rio Sado, der von hier aus in Richtung Norden fließt und bei
Setúbal in den Atlantik mündet. Nach ihrer inzwischen weit zurück
liegenden wirtschaftlichen Hochzeit als Handelsniederlassung sind
Stadt und Region lange schon ausschließlich landwirtschaftlich
geprägt. Unweit von Alcácer do Sal wurde von dem in Lissabon
ansässigen Architekturbüro Atelier Data auf einem ausgedehnten
Landgut mit dem bezeichnenden Namen Sítio da Lezíria ein
Pferdestall zu einem Wohnhaus umgebaut.
Das Stallgebäude wurde zunächst bis auf seine Grundmauern
abgerissen und dann in der alten Kubatur und Struktur wieder
aufgebaut. Wesentliches Merkmal des langen eingeschossigen
Baukörpers war – und ist nun wieder – das lange Satteldach
mit vier die ganze Gebäudebreite überspannenden hölzernen
Hängewerken. Der durch diese Dachkonstruktion ermöglichte
stützenfreie Raum war für die Stallnutzung notwendig, weil die
Pferde mittig durch das Gebäude in die zu beiden Seiten
angeordneten Boxen geführt wurden. Und so wurde neben den
Hängewerken auch der charakteristische Mittelgang rekonstruiert und
bildet jetzt das Rückrat des wiederum als zusammenhängender Raum
konziperten Wohnhauses.
Die vier Hängewerke des Dachstuhls gliedern zusammen mit einer
tragenden Wand den Innenraum in fünf Abschnitte. Angelegt an diese
Grundstruktur fügten die Architekten drei raumhaltige Wände ein,
die beidseits des Mittelflurs Duschen, Toiletten, Schränke und
ähnliches aufnehmen. Mit einfachen, Stalltoren nachempfundenen
Türblättern aus Holz kann die Flurzone auch gelegentlich
geschlossen werden.
Vier der fünf Bereiche werden als Schlafzimmer genutzt und einer
als Wohn- und Esszimmer mit offener Küche. Der Boden des Hauses hat
eine gewachste Betonoberfläche und ist in den kleinen Bädern und
hinter dem freistehenden Küchenblock mit portugiesischen
Mosaikfliesen belegt. Die Innenwände wurden mit Zement verputzt und
ebenfalls gewachst, die Holzkonstruktion des Dachstuhls verblieb
sichtbar und wurde weiß gestrichen. Kontrastierend zur monochromen
Gestaltung insgesamt sind die Duschwannen und Waschbecken von dem
Künstler João Mouro aus bunten Recyclingmaterialien entworfen
worden.
Ursprünglich war der Pferdestall nur sparsam belichtet durch
kleine, unregelmäßig platzierte Öffnungen knapp unter der Traufe und besaß
ein einziges stählernes Schiebetor an einer Giebelseite. In
Anlehnung an dieses Tor, das an einer außen liegenden Schiene
einfach zur Seite vor die Wand geschoben wurde, hat das Wohnhaus
nun insgesamt 16 solcher Flügel als Schiebefenster, je eines an den
Giebelseiten und jeweils sieben entlang der langen Flanken. Sie
liegen einander immer axial gegenüber und ermöglichen weite Durch-
und Ausblicke und ein Betreten und Verlassen des Hauses an jeder
Stelle.
Dach
Das offene, den Dachstuhl bildende Hängewerk
wird bei Pfettendächern bevorzugt konstruiert, wenn eine
Überspannung der gesamten Gebäudebreite ohne Stützen erreicht
werden soll. Der Stiel der Konstruktion ist dabei auf Zug mit dem
Bundbalken verbunden, der entsprechend biegefest sein muss. Auf der
Konstruktion liegt die eigentliche Dachhaut mit Sparren,
Dämmschicht und Ziegeldeckung, deren Untersicht bei diesem Wohnhaus
ebenfalls weiß gestrichen und sichtbar ist. Die rote Ziegeldeckung
des Satteldachs hat durch eine geschickte Anordnung der Regenrinnen
denkbar knappe untere Dachabschlüsse erhalten können. Die Rinnen
liegen leicht oberhalb der Trauflinien und sind aus einem in
Ziegelfarbe lackierten Aluminiumprofil hergestellt, wodurch sie
nahezu unsichtbar sind.
Von außen nach innen ist das Dach wie folgt aufgebaut:
- Dachziegel
- Lattung
- Aufdachdämmelemente aus extrudiertem Polystyrol
- OSB-Platten zur Aussteifung und als luftdichte Ebene
- Sparren
- Pfetten
Bautafel
Architekten: Atelier Data, Lissabon
Projektbeteiligte: João Mouro, Lissabon (Künstlerische Gestaltung); Emmanuel Correia, Lissabon (Ingenieur)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2012
Standort: Quinta da Lezíria, Alcácer do Sal, Portugal
Bildnachweis: Richard John Seymour, London und Atelier Data, Lissabon