Sommerhaus in Lagnö
Satteldachsilhouette in Stockholms Schären
Gallerie
In den Stockholmer Schären, dem Skärgården, sind auf einer
Wasserfläche von rund 6.000 Quadratkilometern rund 24.000 felsige
Inseln und Inselchen versammelt. Es gibt wohl kaum eine Stockholmer
Familie, die in diesem Archipel nicht ein buntes Haus und ein
Bötchen hat und wenigstens die Sommerwochen zurückgezogen in der
Natur verbringt. Das traditionelle schwedische Sommerhaus ist aus
Holz und wird alljährlich und meist eigenhändig farbig
nachgestrichen. Einen Architekten kennt es in der Regel nicht.
Das Sommerhaus auf der Insel Lagnö zwischen Birkenwald und
Ostseebucht ist da eine Ausnahme. Es ist nicht aus Holz und auch
keine autochthone Architektur. Ganz im Gegenteil entstand es als
Gesamtwerk einschließlich Innenraumgestaltung und
Landschaftsplanung nach einem Entwurf der Stockholmer Architekten
Bolle Tham und Martin Videgård, die bereits einige ambitionierte
Sommerdomizile in Schweden realisiert haben. Hier verteilten sie
das Raumprogramm auf zwei eingeschossige Baukörper und unter fünf
aneinander gereihte Satteldächer und entschieden sich entgegen der
lokalen Bautradition für Beton als dominieren Baustoff. Die
Massivität des Materials und seine graue Farbe harmonieren mit dem
Granitgestein des eiszeitlichen Inselgrunds und seine
Witterungsbeständigkeit kommt dem Wunsch des Bauherrn nach geringem
Instandhaltungsaufwand entgegen.
Scharfkantig heben sich die Giebellinien der fünf Satteldächer
gegen den Horizont ab und behalten damit in Form und Maßstab die
Nähe zu den traditionellen Sommer- und Bootshäusern. Unter drei
Dächern wohnen die Bauherren und unter einem ihre Gäste. Dazwischen
liegt ein von einer offenen Struktur überdachter Außenraum, der
auch Eingangsbereich ist und offener Durchgang zur südlich
vorgelagerten Terrasse.
Richtung Norden zum Wald und zur Zufahrtstraße hin ist in die
betonierten Fassaden lediglich ein quadratisches Küchenfenster
eingeschrieben. Nach Süden zur Terrasse und zum Wasser hingegen
gibt es unterhalb der geschlossenen Giebelflächen auf ganzer
Hausbreite großzügige Verglasungen mit breiten Schiebetüren. Im
Wohnhaus der Familie erstreckt sich hier auf ganzer Hausbreite,
gegliedert durch die drei unterschiedlich hohen offenen Dachräume
der Satteldächer, ein zusammenhängender Wohn- und Essraum. Parallel
zu den Giebelwänden trennt eine helle Holzwand diesen knapp vier
Meter tiefen Bereich von den rückwärtigen Nebenräume und
Schlafzimmern, die nur über Dachflächenfenster belichtetet sind. Analog hat
das Gästehaus einen nach Süden geöffneten Wohnbereich und knappe,
wie Schrankräume dimensionierte Nebenräume. Ihm ist ein in die
Terrasse integrierter Pool vorgelagert.
Die Fassaden, die Terrasse und die Böden im Hausinneren bestehen
aus vor Ort gegossenem Beton, dessen Oberflächenstruktur durch eine
Sperrholzschalung leicht körnig ist. Innen sind die Wandflächen und
die glatten Dachunterseiten weiß verputzt und sämtliche Einbauten
sowie die Rahmen der großen Schiebefenster aus Eschenholz
gefertigt. Das Dach ist keine Beton- sondern eine
Stahlkonstruktion, die auf den Ortbetonwänden aufliegt.
Schiefersplittbeschichtete Dachbahnen sorgen für einen
einheitlichen Grauton und einen monolithischen Gesamteindruck. Die
Gebäudegruppe wird ergänzt durch einen kleinen Betonwürfel in
Richtung des Anlegestegs am Wasser, der die obligatorische Sauna
beherbergt und ein Garagengebäude im Norden.
Dach
Die fünf miteinander verbundenen Satteldächer unterschiedlicher
Höhe sind ohne Dachüberstand ausgebildet und bilden eine klare
zusammenhängende und wiedererkennbare Silhouette. Ihre Spannweiten
liegen zwischen drei und sechs Metern und erlaubten eine
Stahlkonstruktion, die ohne Zugbänder oder ähnliches auskommt,
sodass der Innenraum offen bis hinauf zur jeweiligen Firstlinie
reicht. Das Dach über dem Gebäudezwischenraum lässt die
Konstruktion erkennen; es ist lediglich mit Glas abgedeckt.
Dachaufbau von außen nach innen:
- 5 mm wasserdichte Schicht mit Schiefersplitt
- 20 mm Mehrschichtbrett
- Trapezblech
- 150 mm Isolierung, geschlitzter Z-Träger
- 2 mm Dampfsperre
- 110 mm isoliertes Trapezblech
- 22 x 70 mm mit Zwischenräumen versehene Schalung/Verkleidung
- 9 mm Sperrholz
- 12 mm Gipskartonplatten
Bautafel
Architekten: Tham & Videgård Arkitekter, Stockholm
Projektbeteiligte: Anna Jacobsen, Stockholm (Projektarchitektin); Sweco, Mathias Karlsson, Stockholm (Statik)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2012
Standort: Lagnö, Stockholmer Schären
Bildnachweis: Åke E:son Lindman, Stockholm