Dachgeschossumbau in Wien
Neues Mansarddach auf einem Gründerzeitbau
Im Rahmen der umfassenden Sanierung eines Wiener Gründerzeitgebäudes wurde auch das Dachgeschoss nutzbar gemacht: Nach Plänen der Architekten vom Atelier Wienzeile entstand im Bezirk Margareten eine 170m² große Wohneinheit unter einer komplett neuen Dachkonstruktion.
Gallerie
Erschlossen wird die Wohnung über das bestehende Treppenhaus, von dort gelangt man über einen kleinen Flur in die sogenannte Wohngalerie: der große Raum, der sich über die gesamte Hausbreite erstreckt und die Funktionen Wohnen, Essen und Kochen beherbergt. An seiner Nordseite (zur Straße hin gelegen) öffnet sich das Dach mit einem 18m² großen Fensterband, ähnlich einer Atelierverglasung, in selbsttragender Pfosten-Riegel-Konstruktion. Nach Süden orientiert sich der Küchen-/Essbereich, dem in der Südostecke ein ca. 5 m² großer Balkon zum Hof hin vorgelagert ist. Ohne Stufen wird er über eine 10 m² große, dreiteilige Hebeschiebetür erreicht. Richtung Westen sind dem Wohnraum als eine Art Rücken zur Nachbarbebauung das Schlaf- und Badezimmer sowie ein Technik- und Abstellraum angegliedert.
Über eine offene Treppe gelangt man in die obere Etage der
Wohnung. Sie ist als Galeriegeschoss konzipiert, mit einem kleinen
ca. 10 m² großen Rückzugsort, einer Dusche und WC, einem Platz für
Sportgeräte und dem Ausstieg auf die große Dachterrasse nach Süden
hin (siehe Abb.10). Das Galeriegeschoss wird über eine Art
Cockpit-Verglasung (geht über den Dachfirst) und zwei zusätzlichen
Dachflächenfenster belichtet. Die Fensterflächen sind mit hochwertigen
Sonnenschutzgläsern ausgerüstet (g < 0,3).
Wie bei allen Mansarddächern ist der untere Teil des Daches
steiler geneigt als der obere. Bei diesem Wiener Wohnhaus ist der
obere Teil an der Straßenseite ca. 45° geneigt, nach hinten zur
Hofseite knickt er auf ca. 30° zurück, so dass sich eine
komplizierte Dachgeometrie ergibt. Außerdem musste sich der
Dachaufbau an den Höhen der Umgebungsbauten orientierten, sodass
folgende Raumhöhen realisiert werden konnten: in den Aufenthalts-
und Wohnräumen eine lichte Höhe von 2,50 m, in den Schlaf- und
Badezimmern eine Raumhöhe von 2,30 m.
Der Umbau entspricht den Richtlinien DG-Ausbau leicht der
Stadt Wien, sodass kein gesonderter statischer Nachweis notwendig
war (siehe Exkurs am Ende dieses Beitrags).
Dach
Die bestehende Konstruktion des Mansarddachs wurde
komplett ersetzt. Der Dachstuhl ist als stehender Stuhl in
Leichtbauweise ausgeführt und aus zwei Stahlrahmen mit Stahlpfetten
ausgebildet. Diese Hauptkonstruktion wurde in Breitflanschträger
(HEA 200 und 220) ausgeführt. Über die Stahlträger wurde eine 8,00
cm starke Zusatzdämmung angeordnet. Darüber befindet sich der
nichttragende Holzteil des Dachgebälks.
Die Metalldeckung des Daches hat ein regensicheres und winddichtes
Unterdach. Die luftdichte Ebene wurde im Ausbau
zwischen die Gipskartonverkleidung der Dachschrägen gelegt und ist
während des Ausbaus mehrmals mittels Luftdichtigkeitstest auf
Leckagen geprüft worden. Das Belichtungs- und Leitungssystem wurde
außerhalb der luftdichten Ebene gelegt.
Dachaufbau:
- Blecheindeckung
- Schalung
- Lattung/Hinterlüftung
- Unterspannbahn, diffusionsoffen
- Wärmedämmung, 6 cm
- Zwischensparrendämmung, 20 cm
- Dampfsperre
- Gipskarton-Platten
Exkurs: Die Stadt Wien hat zusammen mit Vertretern der Kammer und der Bauinnung Bedingungen zur statischen Vorbemessung von Dachgeschossausbauten erarbeitet. Das Ziel ist die Entwicklung von Regeln für die statisch-konstruktive Behandlung von bestehenden Gebäuden. Die Baubehörde verlangt demnach bei typischen Wiener Gründerzeithäusern (Holzbalkendecken in den Obergeschossen, alle Zwischenwände von oben bis zur Decke über dem Kellergeschoss durchgehend vorhanden) dann keinen gesonderten statischen Nachweis, wenn als Kompensationsmaßnahme eine Decke mit Scheibenwirkung in der Deckenebene („schubsteife Deckenscheibe“) als oberste Geschossdecke, direkt unterhalb des Dachgeschossausbaus hergestellt wird, diese mit dem Bestandsmauerwerk (Haupt- und Feuermauern) ausreichend verschlossen wird (d.h. auch horizontal lastübertragend), eine zusätzliche seismisch beanspruchte Masse von maximal 720 kg/m² oberhalb der letzten Bestandsdecke aufgebracht wird und eine Mörteldruckfestigkeit von im Mittel mind. 1 N/mm² gegeben ist.
Bautafel
Architekten: Atelier Wienzeile, Wien/A
Projektbeteiligte: Fröhlich & Locher, Wien/A (Statik); Walter Pause, Wien/A (Bauphysik)
Bauherr: Hausinhabung Schär, Wien/A
Fertigstellung: 2009
Standort: Hamburgerstraße 5, 1050 Wien/A
Bildnachweis: Susanne Stemmer, Wien/A