Verwaltungsgebäude in Nijverdal/NL
Natürliche Belüftung durch Atrien und Doppelfassade
Bei der Planung eines neuen Verwaltungsgebäudes in den Niederlanden bildete die Unternehmensphilosophie des Bauherrn die Grundlage für das architektonische Konzept: Transparenz, Offenheit und Kommunikation sollten sich in der Architektur darstellen und sowohl im Innenraum als auch in der Gebäudehülle ablesbar sein. Der Schwerpunkt der Planung lag dabei auf der Entwicklung einer energieeffizienten, nutzerfreundlichen Fassade, die mit den firmeneigenen Produkten des Bauherrn Solarlux Nederland hergestellt wurde.
Gallerie
Fassade
Die sogenannte Co2mfort-Fassade basiert auf dem Prinzip der
Doppelfassade: Eine primäre, wärmegedämmte
Glasfassade mit Holzprofilen bildet den Raumabschluss, davor
befindet sich im Abstand von einem Meter eine Horizontalschiebewand
als ungedämmte Glasebene. Zwischen den beiden Fassadenebenen liegt
ein begehbarer Korridor aus Gitterrosten, der das Gebäude auf drei
Seiten umhüllt und bei hoch stehender Sonne als Sonnenschutz dient. Lediglich auf den
Gebäudeseiten, an denen bei tief stehender Sonne mit hohen
Wärmeeinträgen zu rechnen ist, wurde zusätzlich ein verstellbarer
Sonnenschutz angeordnet. Vorhänge auf der Innenseite der Fassade
dienen dem individuellen Blendschutz an PC-Arbeitsplätzen.
Beide Fassadenebenen lassen sich vollständig auffalten, so dass die Gebäudehülle in Abhängigkeit von der Witterung, der Jahreszeit und der gewünschten Innentemperatur einstellbar ist. So bleiben beispielsweise in Winternächten beide Fassadenebenen vollständig geschlossen. Der Sonnenschutz wird heruntergefahren, die Wärme bleibt im Gebäude. An kalten Wintertagen hingegen können an den Enden des Fassadenkorridors einzelne Flügel der äußeren Ebene geöffnet werden. Die Sonne erwärmt den Fassadenzwischenraum, es findet ein moderater Luftaustausch statt, und ein Druckausgleich stellt sich über alle Gebäudeseiten ein. Der Nutzer kann durch individuelles Öffnen der inneren Fassadenebene seine gewünschte Luftversorgung einstellen, wobei der Sonnenschutz nur dort heruntergefahren wird, wo es nötig ist. So werden maximale Wärmegewinne und individueller Komfort erreicht. An Hochsommertagen lässt sich die äußere Hülle komplett öffnen, während der Sonnenschutz geschlossen bleibt. Wenn die inneren Fenster nur zum Stoßlüften geöffnet werden, bleibt die Kühle im Gebäude. Auch für Herbst- und Frühlingstage sowie windstille Tage mit angenehmer Außentemperatur lässt sich die Gebäudehülle entsprechend einstellen. Dabei funktioniert die Fassade selbsterklärend und kann von jedem Nutzer mit dem Hintergrundwissen um das Doppelfenster bedient werden.
Das Gebäude lebt von seinen öffenbaren Fenstern und kommt ohne
mechanische Lüftungsanlage aus - ein passives Klimakonzept ohne
Motoren, Kanäle und Stellklappen. Die natürliche Luftströmung wird
durch die Architektur unterstützt: Über den zwei Atrien wurden
Pultdächer errichtet, deren Dachflächen nach der Hauptwindrichtung
geneigt sind. Der Dachüberstand dieser Dächer sorgt für einen
Unterdruck, der die Luft aus den Atrien abführt. Wenn ein Fenster
geöffnet wird, strömt frische Luft von der Fassade nach. Das
gesamte Heiz- und Kühlkonzept des Gebäudes basiert auf
regenerativen Energiequellen. Eine Geothermieanlage und eine
Wärmepumpe sind Bestandteile des Heizsystems, darüber hinaus wird
die Abwärme des Serverraumes in das System eingespeist. Ein Teil
der erforderlichen Antriebsenergie für das Leitungsnetz wird über
eine gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage auf den Atriendächern
gewonnen.
Bautafel
Architekt: Wolfgang Herich, Belm
Projektbeteiligte: Van der Linde en Associates, Zupthen/NL (Ausführende Architekten); Imagine Envelope, Den Haag/NL (Ingenieurtechnische Fassadenplanung und Beratung); Transsolar, Stuttgart und TU Delft (Monitoring - Gebäudeanalyse/-beobachtung und technische Betreuung nach Fertigstellung)
Bauherr: Solarlux Nederland, Nijverdal/NL
Fertigstellung: Juni 2010
Standort: Marie Curiestraat 2, 7442 DP Nijverdal/NL
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