Bürohochaus ToHa Tower 1 in Tel Aviv
Verkantete Polyeder
Hochhäuser sind noch immer rekordfähig. Doch während sich in früheren Zeiten Bauherren, Städte und Länder Wettbewerbe um die höchsten Häuser lieferten, spielen heute auch hier Kriterien wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit eine zunehmende Rolle. In Tel Aviv haben Ron Arad Associates aus London zusammen mit dem ortsansässigen Büro Yashar Architects das 27- bis 29-geschossige Bürohochhaus ToHa Tower 1 realisiert. Tower Nr. 2 soll direkt daneben mit 75 Geschossen deutlich höher werden. Der erste Turm kommt auf 110 Meter mit 53.000 Quadratmetern Nettogrundfläche, prägnanter Form und Closed-Cavity-Fassade. Vom Council on Tall Buildings and Urban Habitat (CTBUH) in Chicago wurde er als „Best Tall Office Building“ ausgezeichnet.
Gallerie
ToHa, die Abkürzung für Totseret Ha-Aretz („Produktion des Landes“), leitet sich aus der kleinen Totseret Ha-Aretz Street ab, die nördlich und östlich des Grundstücks begrenzt. während die breitere Ha-Shalom Road im Südwesten direkt auf den größten Bahnhof der Stadt führt. Der individuell geformte Baukörper ist laut Architekt und Designer Ron Arad vom Bild eines Eisbergs inspiriert. Er wurde auf einem L-förmigen Grundriss mit minimierter Erdgeschossfläche und drei Erschließungskernen organisiert. Über die ersten sieben Geschosse bilden diese die „Füße“ des Baus.
Lichthof mit lichter Höhe
Sie tragen zwei
unterschiedlich große, hoch gezogene und in sich verkantete
Polyeder, die über ein einundzwanzig Geschosse hohes Stegbauteil
miteinander verbunden sind. Aus dieser dem Grundstückszuschnitt
geschuldeten Anordnung ergibt sich eine Hofsituation mit zwei im
Winkel angeordneten Portalen: das nördliche wurde offen gelassen
und das westliche zum hohen Atrium verglast, über dem sich mittig
ein Lichthof über alle Büroetagen zieht. Ein Großteil der
Haustechnik ist in den sieben unteren Geschossen untergebracht, um
die Dachzone weitgehend für andere Nutzungen freizuhalten, darunter
ein Restaurant mit großer Terrasse.
Die ungewöhnliche Organisation des Gebäudes lässt sich auch am Wechsel zwischen den geschlossen wirkenden Sockelbereichen und den großflächig verglasten Bürofassaden darüber ablesen. Die weitgehend offenen Büroflächen sind um die Erschließungskerne und den Lichthof herum angeordnet. Die Tragstruktur aus nachgespannten Platten und nahe an der Fassade liegenden, entsprechend der Gebäudegroßform geneigten Stützen erlaubt es, die Büroetagen mit Flächen zwischen 1.860 und 3.100 Quadratmetern flexibel in bis zu sieben Bereiche zu teilen. Bei den Außenanlagen wechseln dichte Bepflanzung mit harten Belägen und Wasserflächen ab.
Fassade: Energetisch optimierte
Closed-Cavity-Fassade
Für die Büroetagen wurde eine auf das
Klima zugeschnittene Closed-Cavity-Fassade entwickelt. Diese
spezielle Variante einer Doppelfassade besitzt eine vollständig
abgekapselte Kammer zwischen äußerer und innerer Scheibe und
ermöglicht unter anderem guten Lärmschutz ohne Schallschutzgläser.
Zudem ist sie, neben einer hohen Energieeffizienz, vergleichsweise
wartungsarm, weil der Fassadenzwischenraum mit innenliegendem
Sonnenschutz vor Verschmutzung, etwa durch
Sandstaub, abgeschirmt. In die Kammer eingebaute Sensoren
überwachen Luftfeuchte und Temperatur und lassen bei Bedarf
gereinigte und konditionierte Luft über ein zentral gesteuertes
Ringleitungssystem ein.
Jede Fassadenfront und jede Etage wird separat angesteuert. Überschüssige Luft kann durch ein Überdruckventil im Blendrahmen kontrolliert nach außen entweichen. In der Kammer wird immer ein leichter Überdruck aufrechterhalten. Zur Vermeidung von Kondensatbildung mussten Klimabedingungen, Sonneneinstrahlung und Gebäudesausrichtung vorab in die bauphysikalischen Berechnungen einbezogen werden. Zudem musste die Eignung der Closed-Cavity-Fassade für die Bedingungen in Israel durch Prüfungen am Institut für Fenstertechnik in Rosenheim nachgewiesen werden, darunter sogenannte Fogging Tests. Dabei werden alle Materialien, die in der Closed Cavity eingebaut werden sollen, vorab hohen Temperaturen ausgesetzt, um Ausgasungen auszuschließen.
Am ToHa Tower wurden geschosshohe Cavities eingebaut. Über alle
Ebenen hinweg sind die Deckenkanten nach außen vorgezogen und
dienen – zumindest solange sie von Geschoss zu Geschoss immer etwas
weiter auskragen – der zusätzlichen Verschattung der Büroflächen.
Das siebengeschossige Foyer ist mit einer über 30 Meter gespannten
Seilnetzfassade verglast. Die unteren sieben Technikgeschosse in
den beiden nördlichen „Füßen“ sind mit stehenden, geschosshohen,
hellgrauen Paneelen verkleidet, die wechselweise leicht nach innen
und außen geneigt sind. Dadurch entsteht ein kreuzförmiges, an ein
Korbgeflecht erinnerndes Erscheinungsbild. Von Geschoss zu Geschoss
nimmt die Helligkeit der Elemente leicht zu. Der schmalere südliche
Sockel zur Ha-Shalom Road hebt sich durch ein abstraktes,
goldbronzenes Linienrelief vom restlichen Gebäude ab.
Bautafel
Architektur: Ron Arad Associates, London; Yashar Architects, Tel Aviv
Projektbeteiligte: Asa Bruno, Paul Madden, Julia Almeida, Benjamin Dresner-Reynolds, Julian Gilhespie, Shalhevet Visner, Alan McLean, Adam Furman (Projektteam); Avner Yashar (ausführender Architekt); Buro Happold, Bath / David Engineers, Givat Shmuel (Tragkonstruktion); Schüco International, Bielefeld (Closed-Cavity-Fassade); Vogt Landscape, London / TeMA urban landscape design, Tel Aviv (Freiraumgestaltung)
Bauherr/in: Gav Yam & Amot Investments, Tel Aviv / Haifa / Ramat Gan
Fertigstellung: 2019
Standort: Ha-Shalom Road / Totseret Ha-Aretz Street, Tel Aviv-Jaffa, Israel
Bildnachweis: Asa Bruno, Ron Arad Associates, London
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