Wohnhaus in Buchberg
Gut bedacht
Das Schweizer Dorf Buchberg ist eine Exklave: Vom Kanton Schaffhausen, dem es eigentlich zugehört, ist der Ort nach Norden hin durch ein Zipfelchen von Deutschland getrennt. Nach Süden, in Richtung Zürich, ist der Weg auch nicht ohne Hindernisse, schlingt sich hier doch der Rhein um das Gemeindegebiet von Buchberg und den Nachbarort Rüdlingen.
Gallerie
In der ländlich geprägten Gegend finden sich vor allem in den Dorfkernen noch viele alte Fachwerkhäuser mit Steinsockeln und ausladenden Dächern. Hingegen zeigen sich die Ortsränder oftmals als zeitgenössische Einfamilienhauslandschaften. Beim Neubau eines Wohnhauses mit Zahnarztpraxis beschritt das Architekturbüro Gus Wüstemann einen anderen Weg, indem es die Struktur der traditionellen Bauten neuinterpretierte. Als Konstruktionsmaterialien wählte das Planungsteam Beton und Holz.
Betonsockel mit Holzhut
Die drei Geschosse des Hauses unterscheiden sich in ihrer Konzeption klar voneinander: Im unteren Geschoss, das weitgehend im Hang steckt, sind die Zahnarztpraxis, die Garage und die Nebenräume untergebracht. Es ist als massiver Sockel in Beton gegossen. Das darüber liegende Wohngeschoss ist teilweise in einen Skelettbau aufgelöst. Durch geschosshohe Öffnungen mit Schiebtüren zu den auf zwei Seiten angrenzenden Terrassen kann der Raum im Sommer ins Freie erweitert werden. Das Obergeschoss mit den Schlafräumen hingegen sitzt im vorgefertigten Holzdach mit Kreuzfirst.
Wenig Technik, viel Raum
Durch das ausladende Dach und den fließenden Raum weckt der Bau aus bestimmten Blickwinkeln Assoziationen an einen Pavillonbau oder buddhistische Tempel, wie sie etwa in Japan zu finden sind. Nach Osten hin zeigt sich das Gebäude im Bereich des Wohngeschosses eher geschlossen. Innen formen dort Bänke und ein offener Kamin eine höhlenartige Landschaft aus Sichtbeton. Der Schwerpunkt der Planung lag auf der Entwicklung der Raumqualitäten, technische Installationen hingegen wurden auf ein Minimum reduziert.
Beton: Pragmatische Ausführung, rezyklierte
Körnung
Für das Planungsteam ist die Rohheit der Konstruktion auch Ausdruck
der Verbundenheit zu einer traditionell pragmatischen Bauweise auf
dem Land. Bei der Betonage der Wände und Decken kamen vor allem
einfache Rahmenschalungselemente zum Einsatz. Kleinere
Unregelmäßigkeiten, etwa im Bereich der Schalhautfugen, wurden beim
Sichtbeton in Kauf genommen – durch die Qualität der räumlichen
Konzeption rücken diese in den Hintergrund.
Bei der Verwirklichung des Gebäudes ließ das Planungsteam unter
anderem Recyclingbeton verwenden. Der Einsatz von Beton mit
rezyklierten Gesteinskörnungen ist in der Schweiz in bestimmten
Kantonen bei öffentlichen Bauten verpflichtend: Mindestens 50
Prozent der Betonbauteile sollen etwa in Zürich mithilfe von
RC-Beton (Anteil recycelter Gesteinskörnungen über 25 Prozent)
erstellt werden. Das Wohnhaus in Buchberg zeigt, dass auch im
privaten Bereich bereits darauf zurückgegriffen wird.
-chi
Bautafel
Architektur: Gus Wüstemann Architects, Barcelona / Zürich (Team: Bianca Kilian, Daniel Pelach, Panagiota Sarantinoudi)
Projektbeteiligte: Born Partner, Kilchberg (Tragwerksplanung); Frei + Partner, Baden (HLSK-Planung); Gartenmann Engineering, Zürich (Bauphysik); Meister Bau, Glattbrugg (Bauunternehmen); Cremer Bruhin, Horgen (Holzbau)
Bauherr: privat
Standort: Buchberg, Schweiz
Fertigstellung: 2020
Bildnachweis: Bruno Helbling, Zürich
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