Ferienhaus in Junxiang
Den Bergen ein Gegenüber
Das Taihang-Gebirge erstreckt sich von Peking aus etwa 400 Kilometer nach Südwesten. An den Hängen und in den Tälern sitzen Dörfer, in denen oft noch ein traditioneller Lebensstil gepflegt wird. In Junxiang, einem dieser Orte, hat das Architekturbüro Chaoffice vor kurzem an der Stelle eines verfallenen Wohnhauses einen Neubau errichtet, der als Wochenenddomizil genutzt werden soll.
Gallerie
Die Bauherrschaft stammt ursprünglich aus dem etwa 70 Kilometer von der chinesischen Hauptstadt entfernten Dorf; das Haus auf dem weit oben am Hang gelegenen Grundstück war Heimat der Familie. Durch das Leben in der Stadt haben sich die Ansprüche des Paars verändert: Es wünschte sich ein komfortables Ferienhaus, das sich jedoch in die bestehende Dorfstruktur einfügen sollte.
Stufen und Nischen
Das Planungsteam griff die Ausrichtung und Form des bestehenden Hauses auf und behielt auch die Lage am nördlichen Rand des Grundstücks bei, setzte den Neubau aber auf einen terrassierten Sockel, der sich nach Osten mit einer geschosshohen Wand zur Straße hin abgrenzt. Dort, wo der Sockel am höchsten ist, beherbergt er private Räume des Hauses, in die man über eine Treppe vom Eingangsbereich aus hinabsteigt.
Der Zugang zum Haus erfolgt von Norden über eine schmale Gasse. Die Fassade ist dort entsprechend der lokalen Bauvorschriften fast vollständig geschlossen. Im oberen Bereich biegt sich die Außenwand jedoch nach innen, sodass eine Nische entsteht, in die das Planungsteam ein Oberlicht setzte. Dadurch kann Wind durch das Haus streichen und das Kunstlicht abends auf die Straße hinaus leuchten. Im Inneren legt sich die gebogene Wand der Nische wie eine schützende Hand über den hinteren Bereich des Wohnraums und schafft damit ein Gefühl von Geborgenheit.
Harmonie der Gegensätze
Die Zusammenführung gegensätzlicher Themen ist ein durchgängiges Motiv der Architektur des Hauses – etwa die formalen Anklänge an den abgerissenen Bestand, die mit zeitgenössischen Mitteln umgesetzt wurden. Im Inneren gliedern sich die Wohnflächen in die gemeinschaftlich genutzte Erdgeschossebene und die Privaträume, die jeweils als geschlossene Boxen an den Enden des Riegels sitzen beziehungsweise von dort aus über Stufen nach oben und unten erschlossen werden. Innenraum und vorgelagerte Terrasse sind eng verknüpft; das Planungsteam von Chaoffice erklärt, die Grenze zwischen Innen und Außen beim Entwurf sogar komplett vernachlässigt zu haben.
Höhle mit Weitblick
Tatsächlich lässt sich das Äußere des Hauses kaum beschreiben, ohne das Innere miteinzubeziehen, und umgekehrt. Das gilt vor allem für den Bereich der Terrasse, die dank der durchgehenden Stufen und der bodentiefen Glasschiebetüren als Fortschreibung des Wohnraums erscheint. Nischen und Vertiefungen lassen diesen Bereich räumlich wirken, ein Tischband aus Beton setzt die Küchenzeile über die Fassade hinweg nach außen fort.
Für das Planungsteam stand der Wunsch im Mittelpunkt, eine gebaute Landschaft zu entwerfen, die den Bergen ein angemessenes Gegenüber bietet. Der Umgang mit Offen- und Geschlossenheit, die Kombination von Stufen und Flächen sowie geraden und gebogenen Linien schaffen dabei spannungsvolle Räume, die das ganze Haus als eine Art Höhle erscheinen lassen.
Beton: Außen Putz, innen Sichtbeton
Beton ist kein typisches Material für die Wohnhäuser in Junxiang. Die meisten Häuser sind gemauert und verputzt; oft werden sie von Natursteinmauern umgeben. Der Neubau zeigt sich nach außen mit einer grau gestrichenen rauen Putzhülle, hinter der sich die Dämmung verbirgt. Der Rohbau indess wurde komplett in Beton errichtet. Die Außenwände bestehen aus einer 20 Zentimeter starken tragenden Schale, beim Dach misst die Betonschicht 12 Zentimeter.
Im Inneren und im Bereich der Terrasse blieb das Material als Sichtbeton ablesbar. Das Sockelvolumen prägen bis auf die Körnung geschliffene Betonböden und -flächen. Die Wände zeigen den feinen Abdruck regelmäßig angeordneter, horizontal ausgerichteter Bretter, die als Schalhaut verwendet wurden. Die Untersicht der Treppe nach oben und ein Teil der Wand im Wohnraum wurden leicht gebogen ausgeführt. Der Beton des als Satteldach geformten oberen Raumabschlusses verbirgt sich hinter einer abgehängten Decke; in den Privaträumen dominiert Holz in Form von Bekleidungen und Einbauten. -chi
Bautafel
Architektur: chaoffice, Beijing
Bauherrschaft: privat
Standort: Junxiang-cun, Mentougou, Peking
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Zhu, Yumeng; Cheng, Zhi; chaoffice, Beijing
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