Wohnhaus Ha Long Villa in Ha Long
Ein vertikaler Garten als Hülle
Das typische vietnamesische Stadthaus hat eine schmale Front und entwickelt sich über Höfe weit in die Tiefe des Stadtblocks. Diese traditionellen Schlauchgebäude sorgen durch ihre Gliederung für eine ausreichende Belüftung und Tageslicht sowie – in dem subtropischen Klima entscheidend – eine Verschattung der Wohnbereiche (siehe dazu auch Surftipps).
Gallerie
Steht etwas mehr Platz zur Verfügung, haben vietnamesische Bauherrinnen und Bauherren jedoch oft ganz andere Vorstellungen von ihrem Eigenheim: Zu sehen ist das etwa in Ha Long, einer Küstenstadt im Nordosten Vietnams, bekannt durch die gleichnamige, von imposanten Kalksteinfelsen gerahmte Bucht. In den vornehmeren Wohngegenden der Stadt scheinen viele Wohnhäuser von der Idee kolonialer Villen inspiriert, was für eine skurrile Ansammlung eigenwilliger Mini-Paläste sorgt. Für ein wenig Grün bleibt auf den kleinen Grundstücken kaum Platz, geschweige denn für üppige Gärten.
Spiralförmig nach oben
Ein vollkommen anderes Bild zeichnet die Ha Long Villa nach den Plänen des Architekturbüros Vo Trong Nghia. „Das Konzept zielt darauf ab, Räume zu entwerfen, in denen die Menschen wie in einem Wald leben können“, schreibt der Architekt. Dafür legte er ab dem ersten Obergeschoss eine zusätzliche Hülle um den Kern des Hauses. Es entsteht ein Zwischenraum, der von Terrassen, Treppen und balkonartigen Pflanztrögen geprägt wird. Der von Bäumen und Sträuchern gesäumte Aufstieg schraubt sich als begehbare Folge von Räumen bis zur Dachterrasse nach oben.
Während die Hülle vor zu viel Sonne, Lärm und Blicken schützt, sorgt der vertikale Garten für eine natürliche Kühlung und private Freibereiche, die mitten in der Stadt zum Entspannen einladen. Die Öffnungen sind dabei so gesetzt, dass die Pflanzen genug Licht erhalten und spektakuläre Blicke auf die Bucht möglich bleiben.
Wohnen für Wohlhabende
Das fünfgeschossige Wohnhaus sitzt auf fünfeckigem Grundriss und gliedert sich vertikal in mehrere Abschnitte: Im Erdgeschoss sind die dienenden Räume untergebracht, unter anderem eine Doppelgarage, die den Hauptzugang formt, sowie ein Zimmer für eine Haushaltshilfe. Darüber sind der zweigeschossige Wohnbereich, ein Esszimmer sowie – räumlich über eine Galerie verbunden – der Hauptschlafraum angeordnet. Die obersten beiden Etagen füllen fünf individuelle Schlaf- und Arbeitsräume mit En-Suite-Bädern, die sich um einen doppelgeschossigen Patio legen. Auch ein Raum für den in vietnamesischen Häusern obligatorischen Altar findet sich in diesem Bereich. Ganz oben lädt die Dachterrasse zum gemeinsamen Barbecue mit weitem Blick über die Umgebung ein; daneben erstreckt sich ein Dachgarten zum Gemüseanbau.
Beton: Rau geschalte Hülle
Die Kalksteinfelsen der Ha Long Bucht waren Vorbild für die Beschaffenheit der Sichtbetonhülle der Villa. Das Gebäude, das am Rand eines Wohnblocks steht, zeigt sich durch den fünfeckigen Grundriss und die Fassade aus rau geschaltem Beton als eine Art städtischer Felsen, aus dessen höhlenartigen Öffnungen das Grün von Sträuchern und Bäumen dringt. Das eigentliche Wohnhaus hingegen bleibt weitgehend unsichtbar. Eine grau gestrichene und glatte Oberfläche lässt die Außenwände gegenüber der Hülle zurücktreten.
Die Bretter der Schalhaut ordnete das Planungsteam horizontal und leicht versetzt zueinander an. Die fertige Sichtbetonfläche zeigt helle und dunkle Verfärbungen sowie eine fast reliefartige Oberflächenstruktur, die zusammen mit dem Schatten der Pflanzen, die sich auf der Fassade abzeichnen, eine natürlich wirkende Hülle bilden, die im angenehmen Kontrast zur Erscheinung der Nachbargebäude steht. -chi
Bautafel
Architektur: VTN Architects, Ho-Chi-Minh-Stadt; Team: Vo Trong Nghia mit Nguyen Van Thu
Bauherr/in: privat
Standort: Ha Long, Quang Ninh, Vietnam
Fertigstellung: 2020
Bildnachweis: Hiroyuki Oki
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