Über Jahre hinweg stand das Betonskelett mit den imposanten
Kassettendecken verlassen im Athener Stadtteil Papagou – quasi in
der Rohbauphase erstarrt. Schließlich kaufte eine Familie das erste
Obergeschoss, die den luftigen Raum zwischen den weit auskragenden
Deckenplatten als Wohnleinwand betrachtete. Drei gliedernde
Elemente und die Fassade machten die scheinbare Bauruine bewohnbar:
eine längliche Schrankschicht, ein schlankes Wandkreuz und eine
kreisrunde Kücheninsel. Die Komposition des Three Objects
Apartment schufen DeMachinas + Elina Loukou.
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Athens flexible Betonskelette
Das Gebäude befindet sich in einem Wohngebiet am Ostrand des
Ballungsraums und war ursprünglich in drei Wohneinheiten
aufgeteilt, je eine pro Etage. Heute stapeln sich ein Souterrain
mit Garage, ein offenes Hochparterre mit Gemeinschaftsbereich, die
neue Wohnung und ein weiteres leeres Geschoss übereinander.
Zahlreiche dieser sogenannten Polykatoikia – wörtlich übersetzt
„viele Wohnhäuser“ – sind in Athen zu sehen. Da bei ihnen neben den
Stützen einzig Treppenkerne und Aufzugsschächte festgelegt sind,
können die Gebäude in Etappen errichtet, bezogen und transformiert
werden sowie ganz unterschiedliche Nutzungen beherbergen.
In welchem Zustand beziehungsweise in welcher Ausbauphase sich
die Skelettstrukturen befinden, ist zugleich Ausdruck der
Lebensumstände der Eigentümer*innen. In Papagou stand das Gebäude
dreißig Jahre lang leer, bevor sich neue Interessenten fanden. Die
Familie, die das erste Obergeschoss erwarb, träumte von einer
Wohnung mit ähnlichen Qualitäten wie das offene Hochparterre.
Diesem Wunsch kamen die Architekturschaffenden nach und räumten
dafür zuallererst das rechteckige Betontablett leer. Befreit von
Fassade und alten Schichten, begannen sie mit der Neuordnung des
Grundrisses.
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Drei neue Ordnungselemente
Über eine Beton-Wendeltreppe steigen die Bewohner*innen durch
die Betonplatte in die Wohnung. Das spiralförmige Element befindet
an einer der Längsfassaden, etwa mittig, und grenzte an einen
Versorgungsschacht. Daran schließen wiederum das Bad und ein
separates WC an. An diesen Erschließungs- und Sanitärblock angelegt
ist eine Schrankwand, die sich mit leichtem Versatz quer durch den
Grundriss zieht. Dieser Stauraum-Riegel beherbergt die
Küchenvorratskammer, die Garderobe, die Schränke und die
Versorgungseinrichtungen und teilt die Wohnung in eine offene
Wohnküche und einen privaten Bereich. Dort befinden sich zwei
kleinere Schlafräume, ein großer Schlafraum mit eigenem Bad und ein
kombiniertes Schlaf- und Arbeitszimmer (Studio) mit
Einbauschreibtisch an der Rückseite der Schrankwand.
Im Grundriss als Kreuz lesbar ist ein Trennwand-Element mit zwei
großen Drehpaneelen und zwei Drehtüren, die sich um einen
Mittelpunkt drehen. Diese ermöglichen, den großen Schlafraum, das
Studio und den Flur miteinander zu verbinden und somit neu
zuzuordnen. Zu dem Riegel und dem Kreuz hinzu kommt ein drittes
piktogrammatisches Objekt, der Kreis. Dabei handelt es sich um die
runde Kücheninsel, in der Arbeitsplatte und Esstisch verschmolzen
scheinen. Die mit Terrakottafliesen verkleidete Station mit
kubischer Dunstabzugshaube lädt zum gemeinsamen Kochen und
Beisammensein ein.
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Beton: vorsichtig freigelegt
Alle Betonteile des Gebäudes – die Kassettendecken im Innen- und
Außenbereich, die Stützen und die gerillten und gestockten
Fassadenplatten – wurden um 1965 fertiggestellt. Die Familie, die
das Gebäude damals besaß, konnte das Bauprojekt aus finanziellen
Gründen nicht mehr fertigstellen, sodass der Rohbau unvollendet
blieb. Während der ungeschützte Beton draußen alterte, wurden im
Inneren Decken und Wände mit Gipskartonplatten verkleidet. Im Zuge
des Umbaus ließen die Architekturschaffenden die Betonoberflächen
nun vorsichtig freilegen und restaurieren. Aus den Kassetten der
Deckenplatte wurde der Gips gekratzt, bevor sie mit einer neuen
Mörtelschicht ein homogenes Äußeres erhielt. Außerhalb der
thermischen Hüllen behielten Betonoberflächen an den Auskragungen
und im offenen Erdgeschoss ihre von Bruchstellen, Flecken und
wolkigen Ausblühungen geprägte Patina.
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Ebenso wie der alte Gips verschwanden die Fliesen von den Wänden
und Böden der Bäder und der Küche. In den Bädern verblieb der
Zementmörtel dahinter als endgültiger Wandabschluss. Der Rauheit
des freigelegten Bestands setzten die Architekturschaffenden
schneeweiße Trennwände und helle Holzoberflächen an Schrank- und
Zimmertüren entgegen. Die Rahmen von Fenstern und Balkontüren sind
salbeigrün. Sanft muten auch die Terrazzoböden an, deren Körnung
beim Entfernen der alten Marmorböden gewonnen wurde. An
ausgewählten Stellen wurden die Marmorplatten gemeinsam mit der
Familie gebrochen und die Stücke an ihrer Bruchstelle als
Terrazzobelag eingegossen. -ml
Stützen, Unterzüge und Deckenplatten formen das tragende Skelett - die Gestaltung der Hülle und die räumliche Einteilung können weitgehend unabhängig davon erfolgen.
Oberflächen
Sichtbetonoberflächen
Nicht nur Art und Anordnung der Schalung prägen die Ansichtsflächen von Betonbauteilen. Zahlreiche weitere Techniken können eingesetzt werden, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
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