Shell House in Karuizawa
Betonschalen im Wald
Ein Ferienhaus inmitten der Wälder von Karuizawa, einer Gemeinde im Osten der japanischen Präfektur Nagano, zeugt von dem respektvollen Umgang mit der Natur. Unter dem Entwurfsgedanken "Koexistenz" bezog der japanische Architekt Kotaro Ide vom Büro Artechnic architects die bestehende Topographie des Baugrundes in den Neubau mit ein. Die Bauherren wünschten sich eine Villa für sich und ihre drei Kinder. Das Haus sollte den heißen Sommern und den kalten Wintern standhalten und eine Rückzugsmöglichkeit von der Stadt Nagano und dem stressigen Alltag bieten. Mit einer Highspeed-Bahn ist das Ferienhaus von dort aus schnell zu erreichen und kann entsprechend häufig genutzt werden. Das soll auch den hohen Ausbaustandard rechtfertigen.
Gallerie
Den Architekten beschäftigt das Nebeneinander von Natur und Architektur und die Frage, wie die vorhandene Umgebung von geometrischen Formen beeinflusst wird, bzw. wie die Form durch die bestehende Natur manipuliert werden kann. Wichtig ist ihm das Nebeneinander von Baukörper und Natur ohne sich in ihrer jeweiligen Existenz. zu beschneiden. Anstatt also die vorhandenen Bäume auf dem Grundstück zu fällen, plante er das Haus einfach um sie herum.
Zentrum des Bauwerkes bildet ein kreisrunder Innenhof, in dessen Mitte sich eine hohe Tanne befindet. Über ebenfalls kreisförmig geschnittene Terrassenstufen erfolgt der Übergang in das 1,40 über dem Waldboden liegende Innere des aus zwei ovalen Betonröhren zusammengefügten Hauses. Die röhrenartigen Schalen sind etwas versetzt zueinander angeordnet und unterscheiden sich in Größe und Höhe. Die kleinere ist eingeschossig und beinhaltet den Wohn- und Essbereich. In der größeren zweigeschossigen Röhre befindet sich unten der Schlafraum der Eltern, oben drei Kinderzimmer. Bullaugenartige Öffnungen sorgen für das nötige Tageslicht.
Trotz strenger Linienführung erzeugt die Geometrie der Röhren einen organisch geschwungenen Baukörper mit fließenden Übergängen. Außen- und Innenraum verschmelzen aufgrund der vollständig verglasten Seitenflächen. Die unter den Schalen geschützt liegenden Außenterrassen sind mit Ulin belegt, einem dunklen Teakholz.
Beton
Die Betonschalen erreichen an den Seiten eine Dicke von 75 cm, an
der Decke 35 cm. Aufgrund dieser Materialstärken konnte auf Stützen
oder tragende Wände in den Innenräumen verzichtet werden. Die Folge
sind großzügige Räume, deren Dimensionen als Ganzes erlebbar
sind.
In der Raumgestaltung wurde nichts dem Zufall überlassen - alles hat seinen Platz. Exakt eingepasste Einbaumöbel, die bis ins letzte Detail in das Gesamtkonzept der geschwungenen Betonflächen integriert sind, gewährleisten die notwendige Funktionalität. Die markante Krümmung der Wände dient als „natürliche Stütze“ für Sitzbänke, Sofas und Ablagen. Räumlicher Höhepunkt ist das Gemeinschaftsbad, das an das Schlafzimmer der Eltern anschließt. Mitsamt einer freistehenden Waschschale scheinen die Badmöbel aus der gewölbten Wand zu treten. Die handwerkliche Umsetzung grenzt an Perfektion, jede Kante scheint genau überlegt und ist millimetergenau ausgeführt.
Zwischen den Bäumen, den Betonröhren vorgelagert, befindet sich
eine Halfpipe aus Beton. Auf ihr können die Kinder mit ihren
Skateboards ganz ungestört ihre Runden drehen. Als Teil der
gebauten Wohnskulptur besteht sie aus einer gegossenen homogenen
Betonfläche die mit ihrer glatten hellen Oberfläche den gewollten
Kontrast zur Natur herstellt.
Bautafel
Architekt: Kotaro Ide / Artechnic architects, Tokio
Projektbeteiligte: Naomi Kitayamo / Nao (Statik)
Standort: Karuizawa, District Kitasaku, Präfektur Nagano
Fertigstellung: 2008
Bildnachweis: Nacasa & Partner Inc., Tokio
Fachwissen zum Thema
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