Wohnhaus in Lillehammer
Einfach rot
Die norwegische Stadt Lillehammer ist vor allem Wintersportfans ein Begriff – fanden dort doch unter anderem 1994 die Olympischen Winterspiele statt, wovon noch zahlreiche Bauten künden. Wenn kein Schnee liegt, ist der Ort mit seiner Einwohnerschaft von etwa 30.000 Menschen eher verschlafen, mit einem überschaubaren Stadtzentrum und zahlreichen, teilweise an Berghängen gelegenen Wohnsiedlungen, die vor allem aus Einfamilienhäusern bestehen.
Gallerie
Typisch für diese Wohnhäuser mit Satteldach sind die Holzverschalungen in verschiedenen Farben, wobei neben Weiß, Dunkelbraun und Grau vor allem Rot- und Gelbtöne zu finden sind. Ein kürzlich fertiggestelltes Mehrfamilienhaus nach einem Entwurf von Sanden + Hodnekvam Arkitekter fügt sich mit seiner rötlichen Fassade farblich in dieses Spektrum ein – setzt durch seine Konstruktion und Erscheinung aber ein Ausrufezeichen in die Landschaft.
Drei Generationen unter einem Dach
Gebaut wurde das
Haus für drei Generationen einer Familie, wobei das Raumprogramm
auf ein relativ geringes Budget traf. Ziel war daher eine
kostengünstige und gleichzeitig sichere Bauweise, mit der
Verzögerungen im Bauablauf verhindert werden können. Das
Planungsteam entschied sich daher für eine unkomplizierte Geometrie
des Wohnhauses und für das Bauen mit Betonfertigteilen. Darüber
hinaus erbrachte die Bauherrschaft viele Arbeiten in
Eigenleistung.
Standort des dreigeschossigen Quaders mit Flachdach ist ein steil abfallendes Grundstück. Das Volumen steht diagonal zum Gefälle, das untere und das mittlere Stockwerk sind teilweise in den Hang eingegraben. Die Lochfassade wird durch wenige verschiedene Öffnungsgrößen geprägt; auf der Westseite sind die Fenster rasterartig gesetzt. Im Süden sind dem Baukörper Loggien angegliedert. Diese sind jedoch erst auf den zweiten Blick als solche erkennbar, da auch sie von Betonfertigteilen eingehaust werden.
Von unten nach oben
Das untere Geschoss mit der Einliegerwohnung befindet sich aufgrund der Hanglage bereits ein gutes Stück über der Ebene von Straße und Garage und wird von dort über eine Außentreppe erschlossen. Der großzügige Eingangsbereich, der gleichzeitig als geschützter Freibereich der Wohnung dient, ist in eine der Loggien integriert. Die oberen beiden Geschosse belegt die fünfköpfige Familie. Vom Niveau der Einliegerwohnung führt zu dem entsprechenden Zugang auf der Ostseite eine weitere Treppe. Im mittleren Stockwerk sind die Wohnräume sowie das Elternschlafzimmer untergebracht, ganz oben sitzt der Bereich für die Kinder, die dort in Zukunft über einen separaten Eingang und einen eigenen Wohnbereich verfügen können.
Umhüllt von Sichtbeton und Holz
Die Innenseiten der
Wandfertigteile sind mit weitgehend astlochfreien
Kiefernholzbrettern bekleidet, ebenso die Decken in den Küchen und
Wohnräumen. Überall sonst bleibt die Unterseite der
Hohlkörperdeckenelemente sichtbar. Den Bodenbelag bildet ein
Heizestrich, die Möbel wurden aus Kiefernholz gefertigt.
Beton: Vorteile der Vorfertigung
Das Planungsteam
entschied sich aus mehreren Gründen bei den Wohngeschossen für
Betonfertigteile: Ein Teil des Hauses ist ins
Erdreich eingegraben, sodass etwa eine reine Holzbauweise
ausschied. Weiterhin war eine einfache Konstruktionsweise mit
simplen Details gewünscht, um Probleme und Zeitverzögerungen bei
der Ausführung zu verhindern. Ein weiterer Aspekt ist die
Wetterunabhängigkeit beim Bau: So können Fertigteile bei jeder
Witterung im Werk erstellt und auch bei Schnee und Kälte versetzt
werden.
Für überschaubare Kosten sorgen wenige unterschiedliche Größen der Wandelemente und Öffnungsformate – dadurch konnten die gleichen Schalungen im Werk mehrfach verwendet werden. Die Elemente wurden mit der Sichtbetonseite nach unten liegend geschalt und konventionell bewehrt.
In die Schalung wurden Leisten eingelegt, die die Sichtbetonfläche in Felder unterteilen und dadurch eine Fassade mit einer kleinteiligen Wirkung erreichen. Zudem erscheinen die Fugen zwischen den Fertigteilen durch die Struktur weniger abrupt und die feinen Linien der verwendeten Schaltafeln treten zurück.
Beton in Schichten
Die sichtbare äußere Schicht der Wandelemente besteht aus mit Eisenoxid rot pigmentiertem Beton in einer Stärke von fünf Zentimetern. Die innere Schale besteht aus einem Dämmbeton, der gleichzeitig trägt und den Wärmedurchgang reduziert. Zudem sind die Bauteile durch das Material um etwa 50 Prozent leichter als solche aus konventionellem Beton. Aufgrund der im Jahresdurchschnitt in Lillehammer eher niedrigen Temperaturen mit zahlreichen Frosttagen wurde der Rohbau im Inneren zusätzlich mit einer Dämmschicht aus Mineralwolle versehen, die sich hinter der Kiefernholzverschalung verbirgt.
Die Betonbauteile, die die Loggien einhausen, sind komplett
durchgefärbt und beidseitig in Sichtbetonqualität erstellt. Eine
hohe Oberflächenqualität zeigen zudem die Begrenzungswände des
Treppenhauses, für die ebenfalls Fertigteile verwendet wurden.
-chi
Bautafel
Architektur: Sanden + Hodnekvam Arkitekter, Oslo
Projektteam: John Sanden, Ingvild Hodnekvam, Anders Bjørneseth
Projektbeteiligte: Luster Betong, Gaupne (Betonfertigteile); Anders Haram, Oslo (Möbel); Bauherrschaft (Holzverschalung)
Bauherrschaft: privat
Standort: Lillehammer, Norwegen
Fertigstellung: 2020
Bildnachweis: Sanden + Hodnekvam Arkitekter, Oslo
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