Umbau vom Bürobau zur Schule in Brüssel
Baumaterialien wiederverwendet
Grüne Holzanbauten lockern die helle modulare Fassade des ehemaligen Bürogebäudes vom Pharmaunternehmen Takeda auf und reflektieren den Charakter der Transformation. Sie sind temporär und bezeugen die fortschrittliche Idee von AgwA Architekten: Ein Büro, das den Bestand Schritt für Schritt zur Schule umwandelt – und zwar unter Nutzung der vorhandenen Materialien. „Wie in der Pädagogik soll das Gebäude angemessen für die Schüler- und die Lehrerschaft sein", meinen die Architekturschaffenden. Mit fünf unabhängigen Interventionen ist es ihnen gelungen, die Büroräume in Klassenzimmer zu verwandeln. Zugleich lässt die Vorgehensweise viel Spielraum für Veränderungen, ohne dass die Kosten in die Höhe schießen. Alle Interventionen basieren auf Flexibilität und Nachhaltigkeit. So kommen Bauteile der Büros wieder zum Einsatz und Konstruktionen aus lokalem Holz, die einfach umgenutzt werden können.
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Behalten und ergänzen
Maßgeblich für den Umbau der
beiden viergeschossigen Flügel, die durch ein schmales Gelenk
miteinander verbunden sind, waren die Klassengrößen sowie die
vorhandenen Bauteile. AgwA restrukturierten das modulare
Raumteilungssystem der Büros, um Räume zu erhalten, die groß genug
für Klassenzimmer sind. Fehlende Elemente ergänzten sie durch
Multiplex-Paneele. Diese geben mit ihren farbigen Beschriftungen
und Prints dem Gebäude eine neue Anmutung. Die bestehenden Teppiche
wurden ersetzt durch Bodenbeläge aus Linoleum, die abgehängten
Deckenelemente wurden größtenteils entfernt, um für mehr Raumhöhe
zu sorgen. Der verbleibende Teil an Deckenelementen sorgen nun für
die optimale Akustik im Klassenraum. Ebenfalls erhalten und bloß
leicht adaptiert wurden die Sonnenschutz-, Heiz- und Lichtsysteme.
An den Fenstern sorgen zusätzliche Geländer für Sichherheit.
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Für die Umstrukturierung haben die Architekturschaffenden den Eingang in den Ostflügel verlegt – einerseits um die Bauarbeiten zu vereinfachen, andererseits um die Transformation des Gebäudes zu betonen. Eine zusätzliche jadegrün lasierte Holzkonstruktion dient dabei als Vordach und kann später als Spielgerät wiederverwendet werden. In einer ähnlichen Optik schließt auch die neue, ebenfalls jadegrüne Feuertreppe an das Schulhaus an. Die Stahltreppe windet sich dabei um eine Holzkonstruktion.
Umverteilung von ökonomischen Mitteln
Bei der Umnutzun
ist Logik des Bürogebäudes bewahrt worden: eine zeitlose, modulare
Hülle und leichte Raumtrennungen, die wiederverwendet werden
können. Für den Umbau im Sinne der Kreislaufwirtschaft musste
zuerst ein detailliertes Inventar der verwertbaren Baumaterialien
erstellt werden. Der Entwurf richtet sich nach dem Vorhandenen. Für
die Holzbauten nutzten die Planer und PLanerinnen lokales Holz und
sorgten dafür, dass sie flexibel genug für zukünftige Nutzungen
sind. „Während des Projekts haben wir einen interessanten
Nebeneffekt der Zirkularität beobachtet: die ökonomischen Mittel
wurden ganz anders verteilt", sagen die AgwA. Anstatt Materialien
zu kaufen und für deren Transport zu zahlen, haben sie mehr Geld in
die lokalen Arbeiter investiert. Der sorgfältige Rückbau sowie die
Aufbereitung und der Wiedereinbau der Materialien war zeitintensiv.
Dies bedeutet, dass ein zirkuläres Projekt zwar nicht
kostengünstiger ist, aber das Geld fließt in die lokale Wirtschaft
und die Entwicklung von lokalem Know-How ein. Das Projekt mit dem
Namen Karreveld1 wird noch um den Anbau Karreveld2
erweitert. -sh
Bautafel
Architektur: AgwA, Brüssel
Projektbeteiligte: JZH&Partners, Ixelles (Tragwerk und Technik); Daidalos Peutz, Leuven (Akustik)
Bauherr/in: asbl Pouvoir Organisateur Pluriel (POP)
Fertigstellung: 2019
Standort: Chau. de Gand 615, 1080 Brüssel, Belgien
Bildnachweis: Arvi Anderson
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