Sanierung der Stadtwerke Karlsruhe
Raumkonzept und Haustechnik rundum erneuert
Das Gebäude der Stadtwerke Karlsruhe im Stadtteil Grünwinkel
östlich der Karlsruher Innenstadt ist ein auffälliges Bauwerk,
dessen Grundrissfigur mit ihren 45-Grad-Winkeln und horizontale
Fassadengestaltung es klar in der Mitte der 1970er-Jahre verorten.
Erbaut von 1975 bis 1977 nach Plänen der Werkgemeinschaft Karlsruhe
Freie Architekten, musste es nun wie viele Bauten dieser Generation
generalüberholt werden. Die Sanierung samt Erweiterung übernahmen
Scope Architekten aus Stuttgart, die das ursprüngliche Gebäude- und
Raumkonzept damit technisch wie architektonisch ins neue
Jahrtausend überführten.
Gallerie
Bereits in den 1970er-Jahren waren die Büroarbeitsplätze für die
rund 550 Mitarbeiter als Großraumbüro organisiert. Einzig
zahlreiche stoffbezogene Stellwände, die um die Sitzgruppen der
Mitarbeiter angeordnet waren, dienten damals der Zonierung. Dennoch
bietet die großzügige, zusammenhängende Fläche von rund 3.000
Quadratmetern pro Etage mit Raumtiefen von maximal dreißig Metern
und einem umlaufenden Fensterband eine räumliche Qualität, die auch
heute noch ihre gestalterische Berechtigung hat. Deshalb
entwickelten die Verantwortlichen zusammen mit dem
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)
ein Bürokonzept, bei dem diese bauliche Grundkonfiguration zwar
bestehen blieb, das aber dem funktional schwierigen Großraum mit
einer Zonierung begegnet, die verschiedene Raumfunktionen anbietet
und die Personenströme sinnvoll leitet. So hat jetzt jedes Team in
unmittelbarer Nähe Rückzugsräume in Form von Raum-in-Raum-Körpern,
die Austausch, Kollaboration und konzentriertes Arbeiten fördern
und unterstützten sollen.
Bauliche Ergänzung
Die markante, gefaltete Fassade haben die Architekten nicht
verändert. Dass das Bauwerk saniert wurde, erkennt man von außen
vor allem an einem penthouseartigen Dachaufbau, der die
Materialität und die Formensprache des Bestandsbaus aufnimmt und in
eine zeitgenössische Architektur übersetzt. Die komplexe Geometrie
und die futuristische Anmutung dieses neuen Gebäudeteils verstehen
die Verantwortlichen jedoch nicht als Fremdkörper, sondern als
Schulterschluss mit dem Bestandsgebäude. Hier, ein Stockwerk über
dem Geschäftsleitungsbereich, befinden sich ein Sitzungssaal und
ein Veranstaltungsraum mit kleiner Satellitenküche. Konstruktiv
besteht der Dachaufbau aus einem Stahlskelett. Eine skulpturale
Treppe mit schwarzen Metallwangen und honigfarbenen Holzstufen
führt vom dritten Obergeschoss aus hinauf, alternativ kann von dort
auch ein Fahrstuhl genutzt werden.
Zonierung im Innenraum
Die Atmosphäre in den neu gestalteten Räumen wird vor allem
durch weiße Wände und Decken sowie einen grau gemusterten
Teppichboden bestimmt. Durchbrochen wird diese zurückhaltende
Farbwahl durch Akzente wie Holzoberflächen in Eiche oder gedeckte
Blautöne. Das wird vor allem an der Decke deutlich, wo großflächige
Akustiksegel aus Stoff die Arbeitsinseln definieren und diese so
von den Mittelzonen mit den eingestellten Raumkörpern und den Wegen
abgrenzen. Unauffällig integriert sind darin auch die
Allgemeinbeleuchtung – die sich als Netz aus Linearleuchten durch
das gesamte Gebäude spinnt – und die Klimatisierung.
Versteckte Klimatisierung
Die linearen Kühldeckenpaneele übernehmen die Temperierung und
die Belüftung der Räume. Die Zuluft wird in den Elementen zunächst in
einer schmalen Luftkammer über die Länge des Paneels verteilt und
dann durch feine Düsen zwischen den Elementrippen so in den Raum
geblasen, dass keine spürbare Zugluft entsteht. Gleichzeitig wird
der umgewälzten Raumluft an den Rippen die Wärme entzogen und durch
Wasser in mäanderförmig angeordneten Kupferrohren abgeführt. Mit
einem Deckenbelegungsgrad von nur fünf Prozent und einem zweifachen
Luftwechsel kann so eine Kühllast von 50 W/m² in
den Großraumbüros abgedeckt werden. Unterstütz wird die Effizienz
durch die Anwendung von „Free Cooling“, bei der die kühle Außenluft
für die Innenraumtemperierung genutzt wird.
Gebäudetechnikonzept
Neben der Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit durch die Umgestaltung des Innenraums in ein benutzerfreundliches, ergonomisches Arbeitsumfeld war es der Bauherrschaft wichtig, durch die Sanierung eine möglichst große Energieeinsparung gegenüber dem bis dahin hohen Primärenergiebedarf an Strom und Wärme zu erreichen. Ein Fernwärmeanschluss war bereits vorhanden. So wurde nun eine Absorptionskälteanlage unter Nutzung der Fernwärme installiert, in Kombination mit einer die Spitzenlast deckenden konventionellen Kälteanlage. Dadurch – so hoffen die Stadtwerke Karlsruhe – erfolgt der Sommerbetrieb nahezu klimaneutral. Nach einer Justierungsphase solle die für das sanierte Gebäude prognostizierte Stromeinsparung von rund 1.900 Megawattstunden bei Beleuchtungs- und Klimatisierungstechnik ersichtlich werden. Insgesamt bedeuten alle Maßnahmen eine Einsparung um ca. dreißig Prozent gegenüber dem Altbestand, so die Bauherrschaft. Die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) hat das Gebäude mittlerweile mit dem Zertifikat in Gold ausgezeichnet. Außerdem wurde das Projekt von der Architektenkammer Baden-Württemberg mit der Auszeichnung für Beispielhaftes Bauen gewürdigt. -tg
Bautafel
Architektur: Scope Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: FC-Planung, Karlsruhe (TGA-Planung); GN Bauphysik Finkenberger + Kollegen Ingenieurgesellschaft; Stuttgart & München (Bauphysik); Fraunhofer-Institut IAO, Stuttgart (Anforderungsanalyse Büro); Vollack archiTec, Berlin (Projektsteuerung); Werkgemeinschaft Karlsruhe (Fassadensanierung); Ingenieurbüro Nuber, Loffenau (Brandschutz); K+P, Berlin (ELT); Arcadis, Darmstadt (SiGeKo); Harrer Ingenieure, Karlsruhe (Bauleitung/Abbruch/Statik)
Bauherrschaft: Stadtwerke Karlsruhe
Fertigstellung: 2017
Standort: Daxlanderstraße 72, 76127 Karlsruhe
Bildnachweis: Zooey Braun, Stuttgart; Scope Architekten, Stuttgart; Kiefer Luft- und Klimatechnik, Stuttgart
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