Ring im Reetkleid
Auf der Baustelle der Ny Skole in Sundby
Wer an Reet denkt, mag Bilder von gedrungenen, alten Wohnhäusern in entlegenen Küstenlandschaften im Kopf haben. Diese ohnehin imposanten Erscheinungen übertrifft nun ein ringförmiger Bau im dänischen Sundby. Bei der Ny Skole (Neue Schule) bedecken die strohartigen Halme die Fassade. An dem Projekt arbeiten Henning Larsen Architects gemeinsam mit Skala Architecture, BO-HUS, ETN Arkitekter, Autens und MOE. 2026 soll der Unterricht starten.
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Sundby liegt im Osten der Insel Lolland, gegenüber der Nachbarinsel Falster. Reetgedeckte Häuser sind hier keine Seltenheit und zählen zu den beliebtesten Attraktionen der Gegend. Oft dienen sie als Feriendomizil oder Kulisse für Hochzeitsfotos. Etwas landeinwärts, wo die Kleinstadt in einen Teppich aus Wiesen und Äckern übergeht, befindet sich seit 2020 die Großbaustelle. Auf zwei Etagen soll die neue Schule Platz für etwa 580 Kinder und 100 Mitarbeitenden bieten.
Der Grundriss hat die Form eines zur Stadt hin geöffneten Rings. Zum Hof hin entstehen offene Lern- und Aufenthaltszonen, die mit den Verkehrsflächen verschmelzen. An der äußeren Fassade sind die Räume meist kleinteilig, umfassen WCs und Lager, kleinere Klassenzimmer und Büros. Auffällig ist das weit hervor ragende Volumen der Sporthalle. Um sie herum gruppieren sich Bibliothek, Café und Musikschule. Diese Räume sollen auch außerhalb der Unterrichtszeiten offenstehen und der Stadtgemeinschaft sowie lokalen Vereinen und Kulturschaffenden zugutekommen.
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Exempel gegen Vorurteile
Mindestens so faszinierend wie das Nutzungskonzept ist wohl die Fassade. Zum Einsatz kamen Reetbündel, die das Team von Stråtækker Michael Andersen anbrachte. Die Schicht ist aktuell 25 cm dick und verdichtet sich im Laufe der Zeit auf 20 cm. Normalerweise dienen die getrockneten Schilfrohrhalme als Dacheindeckung – insbesondere an der Nord- und Ostseeküste. Dass Reet in der Gegend um Sundby reichlich vorhanden ist, CO₂ bindet, nachwächst und kompostierbar ist, beeinflusste die Materialwahl entscheidend.
Obwohl das Bauen mit Reet ein jahrtausendealtes Handwerk ist, bestehen heute große Vorbehalte. Magnus Reffs Kramhøft, leitender Architekt bei Henning Larsen, klärt auf der Bürowebseite über einige Irrtümer auf. Ein Vorurteil besagt, Reetfassaden seien nicht langlebig. Reffs Kramhøft entgegnet, dass bei ausreichender Belüftung kaum Probleme mit Feuchtigkeit und Schimmel auftreten – vor allem im nordischen Klima. Er schätzt, dass die Fassade erst nach 20 bis 30 Jahren neu eingedeckt werden muss und bei regelmäßiger Instandhaltung noch länger hält.
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Brandschutz: Test bestanden
Viele glauben zudem, Reet und Stroh seien leicht entzündlich. Die Halme enthalten jedoch viel Silikat und dicht gebündelt fehlt dem Feuer der nötige Sauerstoff. In Zusammenarbeit mit dem Büro Skala Architecture entwickelte das Henning-Larsen-Team eine hoch feuerbeständige Fassade, die mehrere Brandtests und Sequenzanalysen durchlaufen hat und vom DBI, dem Dänischen Institut für Brand- und Sicherheitstechnik (Dansk Brand- og sikringsteknisk Institut), zugelassen wurde. Während der Ausführungsplanung entschied man, die Fassade in vier Abschnitte zu unterteilen. Anfänglich sollten sie mit Holz getrennt werden, nach negativen Tests wählte man Brandbarrieren.
Reffs Kramhøft geht davon aus, dass mit wachsender Beliebtheit des Strohbaus einige Innovationen folgen werden. Beispielsweise testet das DBI Feuerschutzmittel aus Lehm, Kalkstein und Pferdemist.
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