Centre Clignancourt der Universität Sorbonne in Paris
Rauchschürzen am Atrium
Der Boulevard Périphérique bildet die ringförmige Erschließung von Paris und seinen zwanzig Arrondissements – beinahe alle Autobahnen Frankreichs münden hier. Nahe des nördlichen Stranges befindet sich das Centre universitaire de Clignancourt (Universitäts-Zentrum Clignancourt). Der Neubau nach Plänen von Gaëlle Peneau Architekten aus Nantes ersetzt fast vollständig einen Vorgänger aus den späten 1960er-Jahren und vereint Räumlichkeiten für Musik-, Sprach- und Geisteswissenschaften der Universität Sorbonne. Das Uni-Zentrum bildet ein wichtiges Element der lokalen Stadtentwicklung und vereint mit einem Auditorium, einer Bibliothek und einer Sporthalle gleich drei Funktionen, die auch Nicht-Akademikern zugänglich sind. Diese öffentlichen Bereiche konzipierten die Architekten als klar identifizierbare Baukörper, die von der Straße aus sichtbar sind und dem Ensemble Zusammenhalt geben sollen.
Gallerie
Als u-förmiger Baublock umschließt das Zentrum einen begrünten, abgetreppten Innenhof und öffnet sich nach Norden. Höchster Bestandteil des Ensembles ist das sechsgeschossige Seminargebäude: Es bildet den östlichen Abschluss und fügt sich mit seiner kleinteiligen Fassade, in Höhe und Farbigkeit gut in die unmittelbare Nachbarschaft aus massigem Geschosswohnungsbau ein. Bibliothek und Sporthalle schließen den Baublock im Westen, das Auditorium mit goldbrauner Hülle dient als Bindeglied im Süden. Die Tribüne überlagert den Eingang zur Rue F. De Croiset, ihre glänzende geschlossene Untersicht verläuft als Schräge ins Gebäude und erzeugt anziehende und einladende Wirkung. Eine zur Straße zurückversetzte, verglaste Eingangszone trennt die Straße vom Hof, der mit verschiedenen Aufenthaltsflächen der Erschließung dient und zwischen den Gebäudeteilen mit unterschiedlichen Sichtbeziehungen vermittelt.
Das Centre Clignancourt ist weitgehend aus Stahlbeton errichtet, partiell ergänzt durch Stahl (z.B. in der Sporthalle). Die Fassaden der verschiedenen Gebäudeteile weisen unterschiedliche Farben auf (Lichtgrau für das Seminargebäude, Goldbraun für das Auditorium, schillerndes Blaugrau für die Turnhalle und Narzissen-Gelb für die Bibliothek), bestehen aber durchweg aus Polykarbonatplatten, deren Wirkung abhängig vom Tageslicht changiert. Überhaupt lebt das Gebäude von den immer wiederkehrenden Farben Gelb, Pink, Orange, Türkis, Lila und Grün – die als Möbel, Sitze, Böden oder Wandteilflächen überall Akzente setzen.
Brandschutz
Der Baublock des Centre Clignancourt ist für Feuerwehr und
Rettungsfahrzeuge rundum befahrbar. Die Fassaden sind allseitig mit
Fensteröffnungen (90 x 180 cm) in Abständen von zehn bis zwanzig
Metern auf allen Ebenen versehen, die im Notfall als Zugänge für
Sicherheitskräfte, aber auch als Ausstieg bei Evakuierungen dienen
können. An der Nord- und Südseite des Seminargebäudes befinden sich
außen liegende Fluchttreppen mit Sicherheitsflächen für
Rollstuhlfahrer, die von dort evakuiert werden können. Für diese
ergibt sich damit aus allen Unterrichtsräumen ein maximaler
Fluchtweg von 40 Metern. Eine weitere außen liegende Fluchttreppe
ist der Bibliothek an der nordwestlichen Gebäudeecke zugeordnet;
fünf interne Fluchttreppenräume sind gleichmäßig über die Gebäude
verteilt.
Sämtliche tragende Gebäudeteile und Decken entsprechen der Feuerwiderstandsklasse F 90. Auch die innen liegenden Fluchttreppenhäuser sind so ausgelegt, dass sie einem Brand 90 Minuten lang Widerstand bieten, die Türen sind mit Türschließern versehen und 30 Minuten lang feuerfest. Die Zugangs- und Übergangstüren zwischen verschiedenen Nutzungsbereichen verfügen über elektromagnetische Verriegelungen; sie sind an die Alarmanlage angebunden und automatisch steuerbar. Trennwände zwischen einzelnen Räumen bis 300 m² bieten 60 Minuten Brandwiderstand. Besonders gefährdete Bereiche wie Magazine, Wartungs- und Technikräume sind streng von öffentlichen Bereichen getrennt; Wände und Böden sind dort so ausgebildet, dass sie im Brandfall zwei Stunden überdauern, die Türen eine Stunde lang (T60).
Alle öffentlichen Flure, das Auditorium und sämtliche Bibliotheksebenen können mechanisch entraucht werden. Die Eingangshalle lässt sich über das Öffnen der Glasfront natürlich entrauchen. Wichtige Bereiche der Bibliothek sind mit einer automatischen Brandmeldeanlage ausgestattet. Vier Klappen (jeweils 1,00 m² Öffnungsweite) im Dach oberhalb des Atriums der Bibliothek ermöglichen dessen Entrauchung ab der zweiten Etage, im Erdgeschoss und in der ersten Etage bieten Fassadenöffnungen (in einer Größe von je 2,00 m²) und Türen nach außen die Möglichkeit der natürlichen Entrauchung. Jede einzelne Ebene lässt sich über Rauchschürzen an drei Seiten des Atriums abschirmen.
Der Empfang sowie die Bibliothek sind in Abhängigkeit des
Betriebes zwischen 12 und 24 Stunden lang mit Sicherheitspersonal
besetzt, davon ist mindestens eine Person speziell im Brandschutz
geschult. us
Bautafel
Architekten: GPAA Gaëlle Peneau Architectes Associés, Nantes
Projektbeteiligte: Bouygues Bâtiment Île-de-France, Versailles (Projektmanagement und Bauleitung); Baticoncept, Fleurbaix (Tragwerksplanung)
Bauherr: Université Paris-Sorbonne
Fertigstellung: 2013
Standort: 6 rue Francis de Croisset, 75018 Paris
Bildnachweis: 11h45, Paris
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