Quartiers-Kita in Leipzig
Nachverdichtung zwischen Zeilenbauten
Viele während der 1960er- und 1970er-Jahre gewachsenen Städte sind durch Großwohnsiedlungen geprägt – so auch Leipzig. Im Stadtteil Zentrum-Südost fassen elfgeschossige Zeilenbauten weite Grünflächen, auf denen damals zweigeschossige Kindertagesstätten errichtet wurden. In unmittelbarer Nachbarschaft zu einem solchen Bestandsgebäude entwarfen Aline Hielscher Architektur eine Quartiers-Kita, die neue Betreuungsplätze schafft und das Areal behutsam nachverdichtet. Ein geradliniger Fuß- und Radweg an der Nordostseite, flankiert von einer Grünachse, bildet den Hauptzugang.
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Architektonisches Konzept
Die städtebauliche Platzierung des Gebäudes definiert dessen innere Organisation: Es öffnet sich zum südwestlichen Garten, die Haupterschließung erfolgt über den Fuß- und Radweg, die Anlieferung von der südöstlichen Straße aus. Zentrales Leitmotiv ist ein starker Bezug der Bewegungs- und Gruppenräume zum Garten. Durch große Glasflächen einer Pfosten-Riegel-Fassade nehmen die Kinder an der Veränderung der Natur innerhalb der Jahreszeiten teil. Jeder Aufenthaltsraum hat direkten Zugang zum Garten – im Erdgeschoss über eine großzügige Terrasse, im Obergeschoss über eine filigrane Balkonanlage in Stahlbauweise. Die Trennung des Haupteingangs vom Autoverkehr sorgt für eine höhere Sicherheit beim Ankommen und Abholen. Über einen Vorplatz ist die Grünachse in die Gestaltung des Eingangsbereichs miteinbezogen. Eine Lichtachse führt den Blick von dort über den Bewegungsraum in den Garten.
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Innenraumkonzept
Die einzelnen Funktionen bestimmen über die Anordnung von verschiedenen Kommunikationszonen: Diese sorgen für eine gute Belichtung der Räume und schaffen sich querende Sichtachsen auf beiden Ebenen. Eine Hauptsichtachse ist die Verbindung zwischen Vorplatz, Eingang, Bewegungsraum und Garten. Die Garderoben weiten die Achsen auf, schaffen Großzügigkeit und ermöglichen Ausblicke ins Grüne. Durchblicke zwischen den Räumen entstehen durch Glasfelder, die sich neben den Türen befinden. Im Erdgeschoss sind die Krippenkinder untergebracht, im Obergeschoss die älteren Kinder. Dort sind die Vorbereiche der Gruppenräume durch Oberlichter akzentuiert. Ein Oberlicht versorgt auch die Treppen zwischen den Geschossen mit Tageslicht. In zentraler Position an der Treppe ist das Büro der Kitaleitung gut vernetzt.
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Materialität
Die Farbgebung ist zurückhaltend, sowohl in Bezug auf die Innenräume wie auch die Fassaden. Fenster und Türen behalten ihren materialgerechten Aluminium-Eloxal-Ton, ergänzt durch einen feinen Besenstrich an der geputzten Fassade. Die weiße Balkonanlage schafft einen neutralen Rahmen und unterstreicht das Grün des Gartens. In den Innenräumen kontrastiert das Fichtenholz der Pfosten-Riegel-Fassade mit dem hellen Grau des Linoleumbodens und pastellgrünen Fliesen in allen Bädern. Die Kinder selbst sollen das Haus mit Leben und vielen weiteren Farben füllen – das Kita-Gebäude bildet lediglich die Leinwand.
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Brandschutzaspekte
Bei der geplanten Kindertagesstätte handelt es sich um einen ungeregelten Sonderbau der Gebäudeklasse 3 nach SächsBO – d.h. im Gegensatz zu den geregelten Sonderbauten sind die Anforderungen individuell festzulegen, insbesondere hinsichtlich des Brandschutzes. Innere Brandwände sind erst ab 40 Meter Länge gefordert. Da die Kubatur eine maximale Ausdehnung von 39,50 Meter Länge und circa 16 Meter Breite hat, ist eine Unterteilung in Brandabschnitte nicht erforderlich.
In Anlehnung an die Sächsische Schulbaurichtlinie (SächsSchulBauR) werden im Erdgeschoss der Eingangsbereich, der Bewegungsraum und der Gartenzugang als Halle zusammengefasst, welche über die Innentreppe mit dem Obergeschoss verbunden und durch feuerhemmende Trennwände und feuerhemmende, rauchdicht- und selbstschließende Türen von den angrenzenden Nutzungsbereichen abgetrennt ist. Damit kann die Innentreppe offen (ohne geschlossenen notwendigen Treppenraum) ausgebildet werden. Das Erfordernis, die notwendige Innentreppe aus nichtbrennbaren Baustoffen bzw. feuerhemmend nachzuweisen, ist durch die Ausführung mit Stahlbetonfertigteilen erfüllt.
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In beiden Geschossen sind jeweils mehrere Gruppen- und Aufenthaltsräume mit dazugehörigen Fluren, Garderoben und Sanitärräumen zu abgetrennten Teil-Nutzungsbereichen zusammengefasst. Um die Flurbereiche innerhalb der einzelnen Nutzungsbereiche als Spielflure nutzen zu können, sind diese nicht als notwendige Flure vorgesehen. Sowohl von der Innentreppe als auch von den Teil-Nutzungsbereichen aus lassen sich innerhalb kürzester Zeit mehrere unabhängige bauliche Rettungswege erreichen.
Alle Gruppenräume liegen auf der Gartenseite des Gebäudes und
besitzen unmittelbare Ausgänge ins Freie, im Erdgeschoss ebenerdig,
im Obergeschoss auf die Balkonanlage und von dort über zwei
Außentreppen in den Garten. Die außenliegende Balkonanlage und
Treppen aus Stahlbauteilen erfüllen die Anforderung der
Nichtbrennbarkeit nach aktuellem Baurecht. Die Verbindungstüren
zwischen den Gruppenräumen lassen sich im Gefahrenfall als „Bypass”
nutzen.
Alle Aufenthaltsräume und Flure sind mit öffenbaren Fenstern zur Entrauchung im Brandfall ausgestattet. Zur Brandfrüherkennung wird im gesamten Gebäude eine Brandmeldeanlage vorgesehen.
Bautafel
Architektur: Aline Hielscher Architektur, Leipzig
Projektbeteiligte: Tom Döhler, Aline Hielscher, Johanna Knigge, Florian Tobschall (Mitarbeit); Gruner, Leipzig (Tragwerksplanung); Bauplanung Leipzig / Ingenieurbüro J. Zimmermann Leipzig (Brandschutz); Planungsbüro Haustechnik Dieter Quellmalz, Schkeuditz (HLS Planung); Planungsbüro Ling, Leipzig (ELT Planung); Triebe und Triebe, Leipzig (Küchenplanung); Fagus, Markkleeberg (Freianlagenplanung)
Bauherr: Stadt Leipzig – Amt für Schule // Amt für Gebäudemanagement
Fertigstellung: 2023
Standort: Tarostrasse 9A 04103 Leipzig
Bildnachweis: Célia Uhalde, Berlin
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